CeBIT-Geflüster: Kam die Deutsche Telekom nur noch durch politischen Druck auf die Messe?

Angeblich wollte Telekom-Chef Tim Höttges bereits in diesem Jahr der CeBIT den Rücken kehren – dem Vernehmen nach konnten die Bonner nur durch eine Intervention von Veranstalter Deutsche Messe im Kanzleramt gehalten werden.

Die gestrige CeBIT Welcome Night ist wie jedes Jahr ein riesiger Treffpunkt der gesamten deutschen IT-Szene, gespickt mit diversen Politikern und Medienvertretern – anders ausgedrückt: Ein idealer Nährboden für das Aufkommen und Verbreiten von Branchengerüchten und Interna aller Art.

So wie etwa 2013, als ich hier im Blog im Nachgang der Eröffnungsveranstaltung über große Pläne von Salesforce und dem CeBIT-Veranstalter Deutsche Messe AG berichtete, die seinerzeit auf Druck von Salesforce-Rivale SAP nicht zustande kamen – die sich dann aber drei Jahre später doch noch materialisierten.

Der spannendste Messe-Gossip in diesem Jahr drehte sich um die Deutsche Telekom: Demnach habe Telekom-Chef Tim Höttges schon 2017 ganz auf ein CeBIT-Engagement verzichten wollen – ungeachtet der noch laufenden Verträge.

Dem Vernehmen nach sei die Deutsche Messe dann über das Kanzleramt gegangen, um die Telekom an Bord zu halten – schließlich hält der Bund immer noch knapp 32 Prozent an dem Bonner Riesen. Nur aufgrund dieses politischen Drucks hätten Höttges & Co. für 2017 zähneknirschend zurückrudern müssen; ob die Telekom aber im kommenden Jahr noch zur CeBIT komme, sei weiterhin offen.

Hintergrund des Gerangels: Die Telekom ist neben den IT-Riesen SAP und IBM einer der letzten wirklich sehr großen Leuchtturm-Aussteller auf der CeBIT. Die IT-Messe kämpft seit Jahren gegen sinkende Besucherzahlen und einen wachsenden Bedeutungsverlust – auch weil sich die IT wegen Entwicklungen wie dem Internet der Dinge wieder stärker in Richtung Industrie und Fertigung wandelt, also die Domäne der Hannover Messe (aus der die CeBIT wiederum 1986 mal ausgelagert wurde).

Im vergangenen Jahr musste die Deutsche Messe bereits einen herben Rückschlag hinnehmen, als die „WirtschaftsWoche“ exklusiv berichtete, der weltgrößte Softwarekonzern Microsoft verzichte 2017 erstmals auf einen eigenen CeBIT-Stand. Wäre dann auch noch die Deutsche Telekom weggeblieben, hätte dies der einstmals stolzen IT-Messe tatsächlich den Todesstoß versetzen können.

Soweit die Gerüchte. Faktisch zeigt sich der Bedeutungsverlust der CeBIT längst auch anderswo: So hatte Microsoft trotz Abwesenheit eines eigenen Standes stets beteuert, man sei ja mit mehr als 40 Partnern auf der Messe zugegen. Dennoch lädt das Unternehmen am 23.3. – also parallel zur laufenden CeBIT – zur Microft Insight mit Deutschland-Chefin Sabine Bendiek nach Berlin.

Shoei Yamana, der Chef des japanischen IT-Riesen Konica Minolta wiederum, spricht erst am morgigen Dienstag auf der CeBIT – schließlich ist Japan ja, wie „WiWo“-Leser Mitte 2016 als Erste erfuhren, das diesjährige Partnerland der Messe. Nur um dann – ebenfalls am 23.3. – zu einer großen Panel-Diskussion seines eigenen Konzerns zum Thema kognitive Unternehmen nach Berlin zu reisen. Ein weiterer indirekter Affront gegen die Messe also.

Auch im Umfeld des ITK-Branchenverbandes Bitkom wächst der Unmut über die Hannoveraner: „Die CeBIT ist viel zu brav; die Selbstbeschränkung auf Business-IT ist falsch“, sagt ein hochrangiger Branchenvertreter. „Die CES beweist doch, das IT Vergnügen bereitet – diese positive Seite kommt bei der CeBIT zu kurz.“

Der Insider geht bereits davon aus, dass die Deutsche Messe für 2018 erneut am CeBIT-Konzept herumschrauben wird. Ob der ganz radikale Schritt kommt, die CeBIT wegen der Digitalthemen wieder bei der Industriemesse einzugemeinden, steht freilich in den Sternen – noch, glaubt der Insider, denn: „Alle Reformversuche der CeBIT in den letzten Jahren sind halbgar gescheitert.“

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