25 Jahre OS/2: Wie sich IBM von Microsoft emanzipieren wollte – und scheiterte

Anfang April 1987 präsentiert IBM das neue PC-Betriebssystem OS/2 – eine Gemeinschaftsentwicklung mit Microsoft. Doch der Partner ist nur halbherzig dabei – und treibt sein eigenes Produkt Windows voran.

Vor einem Vierteljahrhundert lädt der amerikanische Computerriese IBM zur Doppelpressekonferenz nach New York und Miami. Big Blue hat sich nichts Geringeres vorgenommen als den PC-Markt zu revolutionieren, jene Industrie also, die IBM gut sechs Jahre zuvor mit dem ersten Personal Computer selber ins Leben gerufen hatte.

Zu diesem Zweck stellt IBM eine neue Computergeneration namens Personal System/2 (PS/2) vor. Die ersten vier Modelle kommen mit deutlich mehr Rechenpower als herkömmliche PCs daher und nutzen neben dem PC-Betriebssystem DOS erstmals die neue grafische Nutzeroberfläche Operating System/2 (OS/2). Die neue Software ist ein Gemeinschaftsprojekt von IBM mit dem damals noch kleinen Partner Microsoft; beide Unternehmen arbeiten seit 1985 an dem neuen System.

OS/2 in der Version 1.1 (Quelle: Winhistory.de)

Vor allem IBM erhofft sich viel von der Neuentwicklung, soll es doch der Nachfolger des in die Jahre gekommenen Betriebssystem DOS werden, das rein textbasiert funktioniert. OS/2 ist dagegen ein grafisches Betriebssystem, das Programme in einzelnen Fenstern auf dem Bildschirm darstellt und sich per Computermaus bedienen lässt

Doch OS/2 hat von Beginn an allerlei Kinderkrankheiten: Denn wie so oft in der IT-Geschichte erweist sich auch Big Blue als Ankündigungsweltmeister, der nicht liefern kann. Die erste Version von OS/2 kommt im Dezember 1987 auf den Markt – allerdings ohne grafische Bedienoberfläche, ist also weiterstgehend ein aufgepepptes DOS. Erst mit der Version 1.1 – die im Oktober 1988, also fast ein weiteres Jahr später auf den Markt kommt, gibt es ein per Maus bedienbares Betriebssystem.

Der vermutlich wichtigste Pferdefuß lag jedoch darin, dass IBM nicht allein voranprescht: Zwar beteuert Microsoft-Gründer Bill Gates noch 1990 auf der IT-Messe Comdex, OS/2 sei auch für ihn die Computerplattform für die Neunzigerjahre (ein kurzes Video mit dem entsprechenden Zitat findet sich auf YouTube).

OS/2-Upgrade-Box von IBM (Quelle: Time/Wikipedia)

Doch da ist Gates schon nur noch halbherzig dabei – wenn überhaupt. Seit Anfang der achtziger Jahre bastelt Microsoft selbst an einer grafischen Benutzeroberfläche namens Windows. Die erste Version, die im Oktober 1985 auf den Markt kam, floppte noch. Doch bereits Windows 3.0 verkauft sich millionenfach – vor allem, weil es ähnlich wie DOS auf Computern vorinstalliert ist.

Aus Microsoft-Sicht folgerichtig beenden die Redmonder 1991 die Partnerschaft, um sich fortan ganz auf die Weiterentwicklung zu konzentrieren. IBM macht von da an allein weiter. In der Folge durchlebt OS/2 das, was macher Beobachter als „den längsten Tod der Computergeschichte“ bezeichnet. Denn obwohl dem System keine nennenswerten Erfolge mehr beschieden ist, lebt es weiter bis zum Verkaufsstop durch IBM im Jahr 2005; den Support beendet Big Blue Ende 2006.

Bis dahin hat OS/2 unter anderem als so genannte „embedded Software“ innerhalb von Geldautomaten oder Fahrkartenautomaten ein Schattendasein gefristet. Dennoch war OS/2 anfangs vielen seiner Betriebssystem-Konkurrenten voraus; etwa beim so genannten Multitasking, also der gleichzeitigen Ausführung von mehreren Programmen. Das können bei Microsoft erst die später auf den Markt gekommenen Windows 95 beziehungsweise Windows NT – einen Vorteil, den IBM auch in frühen Werbeclips für OS/2 herausstellt:

 

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Alle Kommentare [2]

  1. I will like to point that the OS/2 and eComStation community still hangs out at OS2world.com and other online sites. We have OpenOffice, Firefox, Thunderbird, OpenJDK, Qt 4 framework, GCC ported to this platform.

    You are welcome to visit us at https://www.os2world.com.

    Thanks
    Martin

  2. Ort des Geschehens: Juni 1989 – Novell / Acer Europa Conference in Rhodos, Paneldiskussion zur Entwicklung des Enterprise Computings.
    Bernard Vergnes, VP Europe von Microsoft – das war der mit dem langen roten Schal, Sommer und Winter – und der Europa-Chef von IBM erklären die gemeinsame Strategie: “The operating systems of choice will be OS/2 for the server and Windows for the desktop”. Der andere Bernard, VP Europa von Intel stellt den neuen I-386 vor, auf dem alles laufen sollte und ich von Novell ergänzte mit dem viel zitierten Satz: „The network will be the computer“. Da hatte IBM schon beschlossen, NetWare 386 als OEM Produkt in derblauen Box zu verkaufen, was Microsoft mit dem LanManager gar nicht gefiel. Im nachhinein stellt sich die Frage, wer traute da wem schon nicht mehr.