Yahoo-Kauf durch Microsoft? Wohl kaum

Das angeschlagene Internet-Portal kommt nicht zur Ruhe: Nach dem überraschenden Chefwechsel machen jetzt Übernahmegerüchte die Runde, wieder einmal.

Vor etwas mehr als einem Monat feuerte der Yahoo-Verwaltungsrat die einstige Chefin Carol Bartz wegen Erfolglosigkeit – seitdem hält sich das amerikanische Online-Portal kontinuierlich in den Nachrichten. Erst in der vergangenen Woche vermeldete die Nachrichtenagentur Reuters, Yahoo bereite die Bücher für einen potenziellen Käufer vor. Seitdem kommen beinahe im Tagesrhythmus angebliche oder tatsächliche Interessenten um die Ecke: Der chinesische Internet-Unternehmer Jack Ma, Gründer und Chairman der Online-Handelsplattform Alibaba, hat in einer Rede in Stanford sein Interesse an Yahoo gleich höchstpersönlich bekundet (Hinweis: Yahoo hält umgekehrt 40 Prozent an der in Hongkong börsennotierten Alibaba Group).

Anfang Woche macht die Meldung die Runde, Yahoo-Gründer und -Verwaltungsrat Jerry Yang wolle Yahoo mithilfe von Großinvestoren zurückkaufen und von der Börse nehmen. Yang hält noch einen Aktienanteil von rund 3,63 Prozent. Schließlich vermeldet „Reuters“, auch Microsoft erwäge ein Angebot für Yahoo – eine wahrscheinliche Option? Gewiss, der Redmonder Software-Konzern ist im Internetgeschäft weit hinter Erzivale Google zurückgefallen. Manche Beobachter haben bereits einen Verkauf der Microsoft-Suchmaschine Bing angeregt, schließlich verbrennt die Sparte seit Jahren Geld; allein im jüngst abgelaufenen Geschäftsquartal waren es satte 728 Millionen Dollar Miese:

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Quelle: Silicon Alley Insider

Immerhin, die Börse hat die anhaltenden Übernahmegerüchte bereits mit Kurssprüngen bei der Yahoo-Aktie belohnt. Wie wahrscheinlich die jeweiligen Optionen in der Realität jedoch sind, bleibt fraglich – vor allem in Sachen Microsoft: Denn so weit war der Software-Gigant schon mal. Im Februar 2008 boten die Redmonder umgerechnet rund 44,5 Milliarden Dollar für die Yahoo-Aktionäre. Trotz einer Erhöhung des Gebots um fast fünf Milliarden Dollar scheiterte der Deal nicht zuletzt am Widerstand von Yang; im Mai 2008 zog Microsoft sein Angebot zurück. Einen Umstand, den Yang und vor allem die Yahoo-Aktionäre angesichts des aktuell auf rund 20 Milliarden Dollar zusammengeschmolzenen Börsenwerts heute bitter bereuen dürften.

Und was hätte Microsoft von einem Yahoo-Kauf? Nicht viel – um nicht zu sagen nichts außer einem Haufen Kosten. Zwar kämen die Web-Seiten einer kombinierten MicroHoo auf den Spitzenplatz bei den Einzelbesuchern, zumindest in den USA, wie der unten stehende Chart beweist. Doch die beiden Unternehmen sind nach der gescheiterten Übernahme 2008 längst eine weitreichende Partnerschaft eingegangen: Wie Mitte  2009 vereinbart, nutzt Yahoo inzwischen Bing für das Suchangebot auf dem eigenen Portal, während Yahoo umgekehrt Online-Anzeigen für Microsoft vermarktet. Im US-Markt kommen beide dadurch auf einen Anteil in der Web-Suche von rund 30 Prozent. Zudem hat eine in dieser Woche veröffentlichte Studie der Kombination Bing-Yahoo bei Suchmaschinen-Anzeigen sogar einen höheren Return-on-Investment als Google attestiert.

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Quelle: Silicon Alley Insider

Die Partnerschaft Microsoft-Yahoo kommt voran – wenn auch nur langsam, wie die tiefroten Microsoft-Zahlen immer noch unterstreichen. Ein Yahoo-Kauf durch die Redmonder ist daher sehr unwahrscheinlich. „Warum sollen wie die Kuh kaufen, wenn wir die Milch in Form der Such- und Anzeigen-Deals für lau bekommen“, zitiert die renommierte US-Wirtschaftsbloggerin Kara Swisher bei „All Things Digital“ einen Microsoft-Insider. Dem ist wenig hinzuzufügen. Oder bewerten Sie das anders?

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