Ist der Boom bei Groupon & Co. vorbei?

Die Nutzungszahlen bei Schnäppchen-Portalen im Internet sind erstmals rückläufig. Marktführer Groupon reagiert im Vorfeld des angekündigten Börsengangs zunehmend nervös.

Den Boom der Online-Schnäppchenportale, aber auch deren Probleme, hat die WirtschaftsWoche bereits im Juni in einer großen Titelgeschichte beschrieben – befeuert vor allem von dem geplanten Börsengang des Marktführers Groupon mit einer möglichen Unternehmensbewertung von 20 Milliarden Dollar.

Inzwischen mehren sich die Anzeichen, dass die Hochkonjunktur im Geschäft mit Online-Gutscheinen in der Tat erst einmal vorbei ist: In der vergangenen Woche meldete das Marktforschungshaus Experian Hitwise einen starken Einbruch bei den Besuchen auf der US-Webseite von Groupon. Um stolze 50 Prozent brachen demnach die Klicks seit dem Höhepunkt im Juni ein. Widersacher Living Social konnte im gleichen Zeitraum zwar um 27 Prozent zulegen, doch Ende August zeigten auch hier die Besucherzahlen nach unten, wie folgender Chart beweist:

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Quelle: Experian Hitwise

Ende vergangener Woche meldete die Nachrichtenagentur Reuters zudem, dass das soziale Netzwerk Facebook seinen eigenen Gegenentwurf zu Groupon namens Facebook Deals nach einer viermonatigen Testphase wieder einstellen werde. Man sehe weiterhin das Potenzial des Geschäfts mit lokalen Partnern vor Ort, müsse aber noch entscheiden, auf welchem Wege man jenes erschließen könne, zitiert Reuters aus einer Stellungnahme von Facebook. Übersetzt heißt das aber auch: Offenbar betrachtet die Zuckerberg-Company tägliche Deals nicht als geeignetes Geschäftsmodell. Tags darauf folgte das US-Bewertungsportal Yelp dem Facebook-Vorbild und gab bekannt, seinen Deal-Service künftig zurückfahren und die Mitarbeiter in der betreffenden Sparte halbieren zu wollen.

Anfang dieser Woche hat schließlich Henry Blodget vom US-Technologieblog „Business Insider“ die von Groupon bei der US-Börsenaufsicht SEC eingereichten Zahlen um eigene Schätzungen ergänzt und analysiert. Einer seiner Befunde: Insbesondere der Umsatz pro Kunde ist dramatisch gefallen: Von knapp 160 Dollar beim Start des Unternehmens im September 2009 auf rund 40 Dollar im Juni dieses Jahres. Um dennoch mehr Umsatz zu generieren, ist Groupon also gezwungen, seine Marketingausgaben hoch zu halten – was wiederum das Erreichen der Gewinnschwelle erschwert.

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Quelle: Business Insider

Bei Groupon selbst wird man angesichts der immer lauter zu vernehmenden kritischen Töne zunehmend nervös. Unternehmensgründer und -chef Andrew Mason verschickte in der vergangenen Woche ein internes Memo mit deutlichen Worten an seine Mitarbeiter. Seine Botschaft: Die Kritik an der Geschäftsstrategie des Schnäppchenportals sei „lachhaft“ und „bekloppt“. Das freilich beruhigte die Situation nicht – ganz im Gegenteil: Wie kurz darauf durchsickerte, nahm der erst zwei Monate amtierende Pressechef von Groupon kurz vor dem Versenden der Mail seinen Hut. Grund: Im Gegensatz zu Mason sah er in dem Memo offenbar einen Verstoß gegen die Verschwiegenheitspflichten, welche die SEC einem Unternehmen im Vorfeld eines Börsengangs auferlegt.

Bleibt die Frage, wie es mit Groupon weitergeht, sollten die derzeitigen Turbulenzen an den Börsen einen Gang aufs Parkett doch noch vereiteln. Denn dann müsste das Unternehmen sich wohl am privaten Kapitalmarkt neu finanzieren – und das Geschäftsmodell schnellstmöglich von „wachstumsstark und verlustmachend“ hin zu „schwächer wachsend und profitabel“ verändern. Ein Vorbild dafür gebe es laut Business-Insider-Autor Blodget auch: Amazon. „Ja, Groupon kann Geld verdienen – nein, der Weg dahin ist nicht leicht“, lauten denn auch Überschrift und Fazit seiner Analyse.

Im Januar habe ich Groupon-Chef Mason übrigens im Rahmen der DLD-Konferenz in München interviewt. „Wenn Groupon verliert, dann aufgrund eigener Fehler“, sagte er damals. Im Lichte der jüngsten Entwicklungen kann man ihm nur unumwunden beipflichten. Wie bewerten Sie die Zukunft von Schnäppchenportalen wie Groupon oder Daily Deal?

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Alle Kommentare [1]

  1. Ich glaube nicht, dass Groupon auf Dauer ein Erfolgsmodell ist. Der einzige Effekt ist, dass Geschäftsinhaber sich eine Zielgruppe der Schnäppchenjäger heranzüchten. Diese hoppt vom einen Groupon-Deal zum nächsten. Stammkundschaft wird man so kaum gewinnen.