US-Investor: Boom statt Blase bei Internet-Firmen

Der prominente amerikanische Investor Ben Horowitz sieht noch großes Aufwärtspotenzial bei Online-Startups. Seiner Einschätzung nach steht der Internet-Zyklus noch vor einer Bewertungs-Explosion.

Sei es die Häufigkeit von kritischen Online-Berichten über soziale Netzwerke, Marktgerüchte über einen Facebook-Börsengang mit einer Bewertung von 100 Millionen Dollar oder das Absacken des Aktienkurses von Online-Radio Pandora unter den Ausgabepreis – aktuell vergeht kaum ein Tag, an dem Marktbeobachter und Kommentatoren nicht eine neue Internet-Blase ausrufen.

Der amerikanische Investor Ben Horowitz, seines Zeichens Partner des Risikokapitalunternehmens Andreesen Horowitz, hat nun im Rahmen einer Online-Diskussion beim englischen „Economist“ kräftig gegen den Strich gebürstet. Demnach befinde sich die Internet-Wirtschaft mitnichten kurz vor dem Platzen einer Blase. Vielmehr stünden die Bewertungen von Web-Unternehmen erst am Beginn einer längeren Phase von regelrechten Bewertungs-Explosionen. Zur Untermauerung seiner These vergleicht Horowitz den aktuellen Internet-Zyklus mit früheren Technologie-Zyklen innerhalb der IT-Industrie (Grafik gut zusammengefasst von Silicon Alley Insider):

chart-internet-cycleQuelle: Silicon Alley Insider

Laut Beobachtung von Horowitz verlaufe ein typischer IT-Zyklus rund 25 Jahre – wobei der Großteil der Käufe erst in den letzten fünf bis zehn Jahren erfolge, wenn die Späteinsteiger auf den Zug aufsprängen. Zur Untermauerung seines Arguments präsentiert er die Bewertung in der von IBM ausgelösten Ära der Großrechner (Anfang der Sechziger bis Mitte der Achtziger Jahre) sowie des von Microsoft, Intel, Dell und anderen dominierten PC-Zeitalters seit den späten Siebziger Jahren. Gemessen an diesem Maßstab, müsste das Internet-Zeitalter, das Anfang der Neunziger Jahre startete, aktuell vor einer regelrechten Explosion der Unternehmensbertungen stehen – und zwar mindestens bis zum Jahre 2020.

Der Haken bei der Analogie: Laut einer bereits im Jahr 2007 veröffentlichten Studie hat sich das Internet doppelt so schnell verbreitet wie andere Technologien; zumindest in Europa und den USA. Demnach dauerte es jeweils 18 Jahre, bis in jedem zweiten amerikanischen Haushalt ein Farbfernseher oder ein PC stand – aber nur zehn Jahre bis zum Anschluss ans Breitband-Internet. Folglich könnte der Großteil der Spätstarter in Sachen Internet in den Industrieländern längst an Bord sein. Zudem ist Horowitz nicht gerade unbefangen: Der Investor sitzt auf einer Kriegskasse von fast einer Milliarde US-Dollar, die er in unzählige Internet-Unternehmen investiert hat – darunter so illustre, aber ob ihrer aktuellen Bewertungen gleichzeitig auch umstrittene Namen wie etwa Groupon, Foursquare und Zynga. Um aus jenen Beteiligungen überhaupt mit Gewinn aussteigen zu können, ist Horowitz also geradezu auf steigende Unternehmensbewertungen angewiesen.

Boom oder Blase – wie bewerten Sie die aktuelle Lage bei den Internet-Unternehmen?

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Alle Kommentare [2]

  1. Der für mich sehr große Unterschied zu den angeführten Beispielen ist … diese Unternehmen produzieren etwas, wofür es auch einen Markt gab und gibt. Die möglicherweise von einer neuen Internet-Blase betroffenen Unternehmen sind großteils virtuell und bauen/hoffen auf möglichst hohe Werbeeinnahmen. Verächtlich ausgedrückt sind sie Anzeigeblätter – mit zugegebenermaßen großer Verbreitung. Aber sie hängen im hohen Maße davon ab, wie oft „ihr“ Klientel tatsächlich die Werbung konsumiert.

    Unternehmen, die Bezahlservices anbieten müssen attraktive Angebote haben, die unique sind, im Internet nicht einfach … und Groupon ist ein Beispiel, wo es von Nachahmern nur so wimmelt. Mögen nicht alle erfolgreich sein, nach einer gewissen Zeit auch wieder verschwinden … Geschäft nehmen sie Groupon allemal weg.

    Ich will nicht sagen, dass alle Unternehmen crashen werden, aber … ich würde mir sicher keine der betroffenen Aktien zum Börsestart kaufen.

  2. Und? Wen interessiert es?

    Wir haben in Deutschland ein einziges Lighthouse mit der SAP.

    Wenn man sich die Entwicklung anschaut und eins und eins zusammen zählen kann, wird der Markt der SAP in ein bis zwei Jahren um ungefähr 20-30% wegbrechen.

    Spätestens zu dem Zeitpunkt wird kein deutsches Unternehmen in der Lage sein SAP aufzufangen, obwohl das nur ungefähr 70 Mrd Gesamtunternehmenswert ist -zum Vergleich hat Oracel ca. den 2,3 fachen Wert – und die einzige relevante deutsche Größe geht mit hoher Wahrscheinlichkeit dann an eine US-Firma.

    Dann heißt es in Deutschland endgültig: Zuschauen, entspannen, nachdenken.

    Man kann viel drüber schreiben – aber ist nicht mehr handlungsfähig.

    Deshalb – wen interessiert’s?

    Die Macht eines Unternehmens am Markt zeigt sich nicht durch seine Bilanzzahlen, sondern seine Fähigkeit die Zukunft zu gestalten.

    Wer soll die SAP retten? Die Telekom? Siemens? Ein Beuteopfer, zwei Verlierer.