Siemens: Die Wahrheit über die IT-Tochter

Siemens-Chef Peter Löscher hat bei der Sanierung der seit 1.10.2010 in eine eigenständige Gesellschaft ausgelagerten Siemens-IT-Tochter Siemens IT-Solutions and Services (SIS) noch alle Hände voll zu tun. Das offenbart eine interne Präsentation mit dem bezeichnenden Titel „Wie SIS dieses Mal abheben will“, die der WirtschaftsWoche vorliegt. SIS betreibt zum einen die IT-Systeme des Mutterkonzerns Siemens; zudem agiert die Sparte als externer IT-Dienstleister und ist etwa für die Computer und Netzwerke der britischen BBC verantwortlich. Dadurch steht SIS im Wettbewerb mit Branchengrößen wie etwa IBM Global Technology Services, HP Enterprise Services (die ehemalige EDS) oder in Deutschland auch die Telekom-Tochter T-Systems. Aufgrund des hohen Preisdrucks in dem Geschäft schwächelt SIS seit Jahren. Löscher wie seine Vorgänger auf dem Siemens-Chefsessel haben sich bisher vergeblich bemüht, ihre IT-Tochter zu sanieren.

Die aktuelle Exklusivmeldung zu SIS hat die WirtschaftsWoche heute hier veröffentlicht. Im folgenden finden sich weitere Details zu der Präsentation sowie ein Link zu einer Kopie der Quelle.

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In der Präsentation zeigen die Siemens-Verantwortlichen ein ungeschminktes Bild der aktuellen Situation der IT-Sparte: So seien die Umsätze seit dem ersten Quartal des Geschäftsjahres 2008 bis zum dritten Quartal des laufenden Geschäftsjahres (Ende Juli 2010) um 22 Prozent eingebrochen. Gleichzeitig sackte SIS mit einer Verlustrate von rund sieben Prozent gemessen am Umsatz in jenem Quartal in die roten Zahlen, wie auf einem Chart auf Seite 8 zu sehen ist. Zuvor erzielte die IT-Sparte von Siemens mit einer Marge zwischen zwei und fünf Prozent seit Anfang 2008 stets Gewinne, wenn auch magere.

„Kosten gefährden das Überleben der SIS“, lautet denn auch die drastische Überschrift über einer Grafik auf Seite 9. Sie zeigt, wie schlecht die Kostenstruktur von SIS ist: Demnach liegen die allgemeinen Vertriebs- und Verwaltungsausgaben bei 15 Prozent vom Umsatz. Zudem kommt SIS bei den so genannten Non-Conformance-Costs (NCC) – das sind Änderungen gegenüber der ursprünglichen Projektkalkulation, die nicht an den Kunden weitergegeben werden können – auf weitere sechst Prozent. Wettbewerber liegen dagegen auf einem Niveau von zwölf respektive zwei Prozent. „Ohne einen einzigen Euro mehr Umsatz zu erzielen, könnten wir unsere Gewinnmarge um sieben Prozent steigern“, wenn SIS eine ähnliche Kostenstruktur wie die Konkurrenz hätte, so das Fazit neben der Grafik.

Einen weiteren Grund für die miese Lage bei SIS findet sich auf Seite 10 der Präsentation. Demnach hat das IT-Unternehmen ein „Leck in der Vertriebs-Pipeline“, ein wachsendes: Soll heißen: Die Gewinnung von Neukunden stockt, gleichzeitig wächst die Zahl bestehender Kunden, die ihre Verträge mit der Siemens-Tochter nicht verlängert haben. „Wir benötigen mehr neue Namen“, so die Schlussfolgerung jener Folie.

Neben der Auslagerung versucht Siemens aktuell, mit einem drastischen Sparkurs das Ruder bei der IT-Tochter herum zu reißen: So streicht der Münchner Elektronikkonzern allein in Deutschland rund 2000 von 10 000 Stellen bei SIS, weltweit sollen 4200 von rund 35 000 Jobs wegfallen.

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Alle Kommentare [6]

  1. Die Personalabbau und die damit einhergehende Umstrukturierung ist abgeschlossen. Es finden derzeit massive Investitionen in Personal und Allianzen statt. Der Umsatzrückgang spiegelt sich durch massive Einsparungen seitens der AG in den IT Services wider. 500 Mio. stehen in der SIS zur Verfügung. Herr Kroker, ich würde mich über eine positive Berichterstattung freuen, wenn der Turnaround vollzogen wurde. Falls Sie jedoch nur an bad news interessiert sind, ist genug Potential vorhanden ebenfalls bei HP, T-Systems und IBM.

  2. … naja dann fragt man sich nur warum die slides alles so düster malen, wenn alles von der Konzernmutter geplant ist.

    Fakt ist doch das SBS/SIS seit einem Jahrzehnt ein Paradebeispiel für (strategisches) Versagen auf allen Ebenen ist. Die Bude kauft auch abgespeckt keiner mehr – es sei denn es gibt eine Mitgift, die so hoch ist die wie marketcap von microsoft 😉

  3. Habe mich vor 2 Wochen mit einem Ex-Wikileaks Member über Ethik unterhalten. Diese Form der Durchstecherei hatte er ausdrücklich als unethisch bezeichnet. Dem kann ich mich nur anschließen

  4. Mit dem Finger auf jemand zu zeigen, der seinen eigenen Handlungsbedarf bereits zum Anlass für drastischen Maßnahmen genommen hat, ist dann doch ein bischen müde.

    Richtig spannend wird es doch erst jetzt: Wird SIS den gleichen Weg gehen wie BenQ? Zumindest die gebetsmühlartig wiederholten Bekenntnisse auswechselbarer Siemens Vorstände zur IT-Sparte werden SIS nicht davor bewahren.

  5. Ich finde diese Art der Schreibe deutlich unter dem Niveau der WiWo. Der Beitrag fängt schon mit einer FALSCHINFORMATION an: Soweit mir bekannt ist, wurde die SIS erst am 1.10.2010 selbständig. Was ist dann von den anderen ‚Informationen‘ zu halten? Auch so saumäßig recherchiert? Wie glaubwürdig sind solch willkürlich herausgepickte Daten, die ganz offensichtlich ohne Zusammenhang wiedergegeben werden? Lieber Herr Kroker, wenn schon, dann bitte alle Fakten auf den Tisch! Was steht in dem Dokument noch drin? Ist das am Ende ein 100-seitiger Foliensatz, der SIS eine exzellente Position bescheinigt und Sie haben nur die Hausaufgaben für das neue Managment herausgepickt?
    Bin schon gespannt auf weitere Beiträge,
    Ihr Hans Schreiner

  6. Sehr geehrter Herr Schreiner,

    danke für Ihren Kommentar. Sie haben recht, SIS wurde am 1.10.2010 selbstständig – wie Sie etwa auch an der Siemens-Pressemeldung erkennen können, die ich als Link hinterlegt habe. Woran Sie ebenfalls unschwer erkennen können, dass es sich nicht um eine Falschinformation, sondern um einen Tippfehler handelt, den ich natürlich korrigiere.

    Alles andere sind natürlich keine „willkürlich ohne Zusammenhang“ wiedergebenen Dinge, sondern schlicht die Bestandaufnahme seitens des SIS-Managements. Die anderen Folien beschäftigen sich mit den vermeintlich „exzellenten Zukunftsaussichten“ des neu aufgestellten Unternehmens SIS. Aber wer ein wenig die Historie der Siemens-IT-Tochter – die mal SBS (interner Spott: „Siemens bescheißt Siemens“), mal SIS hieß – verfolgt hat, weiß: Das wurde auch früher desöfteren behauptet. Im übrigen spricht meines Erachtens die Aussage, dass die Kosten sieben Prozent vom Umsatz (sic!) ÜBER denen der Konkurrenz liegen, für sich. Das sind Fakten, weil seitens des Unternehmens selbst zugegeben.

    Gerne demnächst mit weiteren Beiträgen.
    Michael Kroker