Microsoft druckt Geld mit Software – und versenkt es im Web

Noch vor einem dreiviertel Jahr schockte Microsoft-Boss Steve Ballmer die Märkte, als er im vierten Quartal des vergangenen Geschäftsjahres sinkenden Umsatz und Gewinn verkünden musste. Doch dies war gewissermaßen nur der Sturm vor der Ruhe, weil viele Kunden seinerzeit kurz vor dem Start des neuen Betriebssystems Windows 7 nicht mehr in alte Produkte investieren wollten.

In der Tat beweisen die gestern Abend nach dem Börsenschluss in New York verkündeten Zahlen fürs dritte Quartal des laufenden Geschäftsjahres: Die sagenumwobene und Gerüchten zufolge irgendwo in einem Keller auf dem Microsoft-Campus in Redmond versteckte Gelddruckmaschine läuft wieder rund: Allein in den drei Monaten bis Ende März spuckte sie einen Nettogewinn von vier Milliarden Dollar aus, ein stolzes Plus von 35 Prozent gegenüber dem gleichen Vorjahreszeitraum. Und als Treibstoff fungiert vor allem das im vergangenen Jahr noch stotternde Geschäft mit dem neuen Windows.

Alles wieder Eitel Sonnenschein bei Microsoft? Von wegen. Denn bei Lichte betrachtet zeigt sich: Der Großteil des operativen Gewinns stammt – wie übrigens schon seit vielen Jahren – primär aus dem traditionellen Stammgeschäft: Das sind vor allem die Windows- und Office-Sparten sowie das Geschäft mit Unternehmenskunden.

Operativer Gewinn von Microsoft nach Geschäftsbereichen

Quelle: Silicon Alley Insider

Doch Software für Server und PC – so gut sie derzeit auch laufen mögen – sind bestenfalls Märkte der Gegenwart. Künftig verlagern sich viele Geschäfte dagegen ins Internet und in Richtung mobile Endgeräte. Erst diese Woche kündigte Microsoft eine Partnerschaft mit Facebook an, um ein kostenloses Büropaket unter Docs.com ins Web zu bringen. Dennoch ist Microsoft in jenen Segmenten – trotz teils gigantischer Investitionen – immer noch nicht wirklich voran gekommen.

Die neu Suchmaschine Bing etwa kann zwar Achtungserfolge in Form minimaler, aber immerhin kontinuierlicher Marktanteilsgewinne erzielen. Finanziell zahlt sich dies freilich bis heute nicht aus – ganz im Gegenteil. So sind im aktuell veröffentlichten Quartal die Verluste in der Online-Division, zu der neben Bing auch MSN gehört, auf 713 Millionen Dollar angewachsen. Damit verliert das Geschäft mehr Geld, als es umsetzt (566 Millionen Dollar). Insbesondere eine Langfristbetrachtung zeigt, wie schlecht die Sparte dasteht:

Operativer Gewinn/Verlust von Microsofts Online-Sparte

Quelle: Silicon Alley Insider

Nur noch mal zur Verdeutlichung: Microsoft schreibt Verluste in einem Geschäft, in dem selbst der schlechteste Konkurrent – nämlich AOL – noch Geld verdient. Ballmer und seine Mannen haben also noch viel Arbeit vor sich, bis sie auch nur ansatzweise als ernst zu nehmender Spieler im Online-Business wahrgenommen werden. Dort ist nämlich Google das Maß aller Dinge – und druckt im Internet schon heute in ähnlichem Maße Dollars, wie es Microsoft nur mit Software gelingt.

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Alle Kommentare [1]

  1. Vielleicht sollte Microsoft auf Guerilla-Marketing umstellen und wie Apple Telefon-Prototypen mit Windows Phone 7 oder geheimnisvolle Office-Pakete in irgendeiner Kneipe rumliegen lassen, dann würde auch weniger als die satten 22% vom Umsatz, die Microsoft für Marketing und Sales ausgibt, ausreichen. Es ist erstaunlich, wie viel Geld man so versenken kann. Es bleibt spannend.