Wie kann Blackberry die Kehrtwende gelingen?

Research in Motion im Kampf gegen Google und Apple: Statt sich mit Tablets zu verzetteln, sollte sich der Blackberry-Hersteller ganz aufs Smartphone-Stammgeschäft konzentrieren. 

(Update 11.10.2011 17:25 Uhr: Die Blackberry-Dienste in Europa sind heute weiter gestört – hier die Zusammenfassung bei Heise Online.)

Die schlechten Nachrichten rund um den Blackberry-Hersteller Research in Motion (RIM) nehmen kein Ende: Erst gestern war der Blackberry-Dienst in Europa und Afrika mehrere Stunden lang von einem großen Server-Ausfall beeinträchtigt; weder E-Mail, Internet noch der Nachrichtendienst Blackberry Messenger funktionierten.

Gewiss, ein Komplettausfall kommt für ein Kommunikationsunternehmen immer zu Unzeit. Doch RIM befindet sich aktuell am vielleicht wichtigsten Scheideweg der Firmengeschichte: Erst Mitte September legten die Kanadier geradezu desaströste Finanzzahlen vor: Demnach halbierte sich der Gewinn im zweiten Quartal des laufenden Geschäftsjahres fast; der Umsatz fiel ebenfalls, wenn auch mit neun Prozent etwas weniger stark. „Für das Management ist die Bilanz ein weiterer Sargnagel“, zitierte die Nachrichtenagentur „Reuters“ den Branchenexperte Edward Snyder von Charter Equity Research.

Wie dramatisch schlecht die RIM-Zahlen in der Tat sind, beweist ein längerfristiger Vergleich mit den Wettbewerbern: So konnten die Kanadier in den drei Monaten bis Ende August rund 10,6 Millionen Blackberrys verkaufen. Das aber ist nur knapp die Hälfte aller Smartphones, die die Wettbewerber Apple und Blackberry jeweils in ihren letzten Quartalen verkaufen konnten. Mehr noch: Wie der auf den Mobilfunkmarkt spezialisierte US-Analyst Horace Dediu in seinem Blog „Asymco“ hervorhebt, ist die Zahl der Blackberry-Geräteauslieferungen zum zweiten Mal in Folge geschrumpft. Bis Anfang 2011 konnte RIM trotz des enormen Erfolgs von iPhone und Android weiter zulegen, wie der folgende Chart beweist:

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Quelle: Asymco

Paradoxerweise stellt sich RIMs Stärke bei Unternehmen, lange ein großer Wettbewerbsvorteil, nun als Achillesferse heraus, schrieben wir bereits Ende April in einer größeren WiWo-Geschichte – ein Argument, das heute noch stärker zu gelten scheint als bisher. Bleibt die Frage: Wie könnte RIM-Chef Mike Lazaridis sein Unternehmen dann vor dem Absturz in die Bedeutungslosigkeit retten? Gemessen an den Neuauslieferungen verliert RIM offenbar vor allem Geschäft an iPhone und Android. Beide kommen stark von der Endkundenseite, weil sie aufgrund des viel größeren Angebots an Smartphone-Apps attraktiver erscheinen.

Vielleicht sollte Lazaridis sich nicht verzetteln – und vor allem den Kampf ums Tablet-Geschäft auf Eis legen, zumindest zwischenzeitlich. Selbst die Geräte auf Google-Basis können einstweilen kaum gegen das Apple iPad punkten. Das Playbook von RIM hat sich im jüngsten Quartal mit 200.ooo Auslieferungen derart schlecht verkauft (zum Vergleich Apple: fast 10 Millionen iPads im jüngsten, Ende Juni abgelaufenen Geschäftsquartal), dass es gar bereits schon Gerüchte über einen Produktionsstopp gab, was die Kanadier jedoch umgehend dementierten.

Umso wichtiger ist es für den RIM-Chef, schnell wieder mit konkurrenzfähigen Geräten zu punkten. Dass er dafür gar nicht mal das iPhone übertrumpfen muss, erwies sich erst Ende vergangener Woche: In Indien beispielsweise, wo die Handynetze noch längst nicht alle im schnellen 3G-Modus funken, ist der Blackberry viel beliebter als das iPhone. Grund: Das RIM-Gerät kommt auch mit den schlechteren Netzen gut zurecht; sein Marktanteil liegt zuletzt bei rund 15 Prozent, während Apple gerade mal auf 2,6 Prozent kommt – in einem Markt mit immerhin rund 600 Millionen Mobilfunk-Teilnehmern.

Die Lehre lautet: Das passende Gerät für den richtigen Markt. Auch in den USA ist jedenfalls noch nicht alles verloren für den Blackberry-Hersteller. Laut den jüngsten Mobilfunk-Zahlen, die Asymco in gewohnt übersichtlicher Form grafisch aufbereitet hat, boomt zwar das Smartphone-Geschäft jenseits des Atlantiks stark. Dennoch haben erst rund ein Viertel aller Amerikaner ein intelligentes Gerät; rund als 150 Millionen nutzen immer noch schnöde Einfach-Handys – genug Raum für weiteres Wachstum auch bei RIM, mit dem richtigen Angebot.

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Quelle: Asymco

Möglicherweise hilft ja das Stammgeschäft mit Unternehmen doch noch ein wenig, die Durststrecke bis dahin zu überbrücken. Als Apple-Chef Tim Cook in der vergangenen Woche die Märkte mit einem nur leicht überarbeiteten iPhone 4s enttäuschte, stieg der Aktienkurs von RIM in der Folge. Grund: Der von Investoren befürchtete Angriff aufs RIM-Stammterrain in den Unternehmen fällt mit dem 4s erst mal aus.

Was muss Research in Motion Ihrer Einschätzung nach tun, um eine Kehrtwende hinzulegen?

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