Social-Media-Entwicklungsland Deutschland: Niedrigste Nutzungsrate, höchste Alterskluft

Eine aktuelle Studie zeigt wieder einmal: Die Ablehnung von Facebook, Twitter & Co. ist in Deutschland höher als in allen anderen Industrienationen.

Der amerikanische Think-Tank Pew Research Center hat in der vergangenen Woche eine Studie zur weltweiten Internet-Nutzung, des Smartphone-Gebrauchs sowie der Verbreitung sozialer Netzwerke veröffentlicht. Dazu haben die Marktforscher mehr als 46.000 Menschen in 40 Ländern befragt.

Die wichtigsten Befunde: Deutschland liegt bei der allgemeinen Internet- und Smartphone-Verbreitung ungefähr auf demselben Niveau anderer IndustriestaatenBei Social Media spielen die Nutzer zwischen Rhein und Oder jedoch weiterhin eine auffällige Sonderrolle: So rangiert Deutschland mit einer Quote von nur 50 Prozent Social-Media-Nutzer (gemessen an Internet-Usern) auf dem letzten Rang aller betrachteten Staaten – gemeinsam mit Pakistan:

Quelle: Pew Research Center

Das ist auch deutlich unterhalb des Durchschnittswertes der 40 Länder, den das Pew Research Center auf 76 Prozent beziffert. Abgefragt haben die Marktforscher dabei die Nutzung von Facebook und Twitter in allen Staaten (außer Twitter in China), sowie andere populäre, teils Länder-spezifische soziale Netzwerke.

Damit nicht genug: Bei der sogenannten Social-Media-Alterskluft rangiert Deutschland umgekehrt auf Rang eins – das bedeutet: Nur 39 Prozent der über 35-Jährigen, aber 81 Prozent der 18- bis 34-Jährigen nutzen soziale Netzwerte. Das ergibt eine Differenz von 42 Prozent – mehr als bei allen anderen Ländern:

Quelle: Pew Research Center

Eine ähnliche Sonderstellung hatte die OECD Ende des vergangenen Jahres beim Zusammenhang zwischen Bildung und Social-Media-Nutzung festgestellt: In fast allen Ländern Europas sind höher Gebildete auf Facebook, Twitter & Co. überrepräsentiert – nur hierzulande sind sie skeptischer als niedrig Gebildete.

Die hohe Skepsis insbesondere der Deutschen zu sozialen Netzwerk hatte das Pew Research Center schon 2012 berichtet: Damals rangierte Deutschland bei der Social-Media-Nutzung weit abgeschlagen hinter anderen Industriestaaten zwischen Mexiko und Tunesien.

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Alle Kommentare [24]

  1. Wie repräsentativ eine solche Studie sein kann, wenn im Schnitt 1150
    Personen pro Land befragt werder ist äußert fraglich.
    Interessant wären auch Gründe für die Nichtnutzung. Ich denke
    die Enthüllungen der NSA-Spionage durch Snowden haben dazu
    beigetragen

  2. Die Frage die sich aus den Ergebnissen ergibt ist ja, was machen die Leute dann in der Zeit die sie nicht mit Facebook und Co „verschwenden“. Ich befürchte ja fernsehen, hoffe aber auf Sport o.ä.

  3. Ich stimme „Oliver“ zu, was die fehlende Hinterfragung der Gründe betrifft. Aufgrund der Datensammelwut der „sozialen Netzwerke“ sollte die geringe Nutzung doch eher für Deutschland als Technologiestandort sprechen, da die wie im Artikel bereits erwähnte höhere Skepsis der „Gebildeten“ definitiv nicht als negativ betrachtet werden sollte.

  4. Mir stellt sich die Frage: Was ist so schlimm daran? Der Artikel liest sich so, als ob Social Media Nutzung etwas positives ist, es ist aber etwas wertfreies.
    Also nochmal: Was ist das Problem?
    oder umgekehrt: Könnte es ein Vorteil sein wenn man Social Media NICHT nutzt? Vielleicht ein Ausdruck von gesteigertem Datenschutz Bewusstsein? Ein höherer Grad an Selbstbestimmung?
    Besonders, dass die sogenannten „höher Gebildeten“ einen Bogen um Social Media machen könnte auch ein Hinweis darauf sein, dass sich Hierzulande mehr Menschen Gedanken um die Nutzug von Social Media machen und nicht blind den sogenannten „Neuerungen“ folgen.
    Dann würden sich die Ergebnisse anders lesen.

  5. Hallo Herr Möller, danke für den Kommentar.

    Meine Sichtweise auf das Thema ist die Folgende: Für mich sind soziale Netzwerke erst mal „nur“ ein technisches Tool. Für die Inhalte sorge ich als Nutzer – es obliegt also mir, ob ich da irgendwas sinnvolles mitteile oder vielleicht auch professionelle Dinge teile, etwa Artikel usw. Es geht hier also um Kommunikation – das ist natürlich wertfrei.

    Ich lese aus den Zahlen aber ein weiteres Indiz für die schon oft festgestellte und auch heute vielfach zu beobachtende Technik-Skepsis der Deutschen. Die Zurückhaltung bei Facebook, Twitter & Co. allein stellt gewiss noch kein Problem dar – aber bei Dingen wie der digitalen Transformation oder Industrie 4.0 eben sehr wohl doch.

    Beste Grüße
    Michael Kroker

  6. Der Artikel stellt das so negativ dar: „Entwicklungsland“, „bei der Social-Media-Nutzung weit abgeschlagen hinter anderen Industriestaaten“. Warum? Ist Social-Media-Nutzung per se gut oder erstrebenswert? (Und ja, ich bin ein „höher Gebildeter“ über-35-Jähriger, der sich bewusst gegen einen facebook-account und gegen weltweit lesbare Kommentare per Twitter entschieden hat – nicht zuletzt zum Schutz meiner Privatsphäre.)

  7. Sehe es genauso wie einige Vorgänger.
    Social – Media – Nutzung ist weder ein Indiz dafür, wie gut oder schlecht es um unsere Gesellschaft steht, noch dafür, wie technikaffin jemand ist.
    Ich (31 J.) habe mehrere jüngere Geschwister (8 bis 19 J.), die sich mit Einfachheiten von Betriebssystemen wie Windows oder Android nicht auskennen, aber unkritisch alles Mögliche an Apps etc herunterladen und Whatsapp oder andere Messenger nutzen. Sind sie deswegen digital versierter als ich, der seinen Social – Media – Konsum BEWUSST reduziert hat? Manchmal glaube ich, dass Menschen, die in der Medienbranche tätig sind, das Thema Social Media völlig überbewerten. Dass es sich bei den Nutzern nicht immer um ein Abbild der Gesellschaft handelt, sieht man doch gerade in Zeiten der Hetze im Internet.

    Generell etwas zu Vergleichen zwischen den Entwicklungsständen verschiedener Länder:
    Vor 15 Jahren wurde aufgrund der PISA – Studie die Meinung vertreten, Deutschland hinke bildungstechnisch international hinterher, die Zahl der Hochschulqualifizeirten sei zu gering.
    Was hat man getan? Das Zugangsniveau abgesenkt, Abitur für alle und heute fehlt in den Ausbildungsberufen der Nachwuchs.
    Gerade in einer Zeit, in der das vor 15 Jahren angeblich so weit entwickelte Ausland feststellt, wie gut das duale Bildungssystem in Detuschland doch eigentlich ist…

  8. Alles Supi. Auf einer Linie mit Japan und Südkorea (und ja, auch mit Pakistan). Was in D wirklich anders ist als in anderen OECD-Staaten: Hier lungern überproportional viele Unterschichtler auf Facebook. In allen anderen Ländern ist die Unterschicht auf Facebook unterrepresentiert. Wurde vor kurzem erst in genau diesem Blog näher ausgeführt.
    https://blog.wiwo.de/look-at-it/2015/11/24/hohere-bildungsschichten-dominieren-soziale-netzwerke-nur-in-deutschland-nicht/
    Nicht auf Facebook vertreten zu sein ist hierzulande kein Makel. Und das ist auch gut so.

  9. Ich finde den Artikel wie viele andere doch etwas unglücklich formuliert. Auch wenn es nicht eindeutig dasteht, liest es sich doch so, gerade mit Begriffen wie „letzter Platz“, „abgeschlagen“ usw., als wäre das hier ein Wettbewerb und als sei diese Platzierung irgendetwas Negatives. Je nachdem, welches die Ursachen dafür sind (z.B. Bevorzugen von persönlichen Kontakten, Ablehnung von Datenphishing, Angst vor Missbrauch der Privatsphäre etc.), könnte man diese Platzierung sogar als etwas durchaus Positives sehen (ich tue es 😉 ). Eine genauere Auseinandersetzung mit den Hintergründen – oder aber mehr Neutralität in der Darstellung – hätte ich mir daher gewünscht.

  10. Hupsi, grade fällt mir auf, dass das ja doch ziemlich eindeutig wertend ist, mit der Bezeichnung „Entwicklungsland“. Naja, bestätigt nur noch mal, was ich (und andere) zu dieser doch sehr unglücklichen Darstellung schon gesagt habe.

  11. Ich glaube auch eher, dass der Artikel die zugrundeliegende Statistik einfach unzureichend interpretiert. Wenn man sich einfach mal ansieht, welche Länder in der Liste oben und unten auftauchen, scheinen doch eine Reihe weiterer Ursachen für die genannten Prozentzahlen eine Rolle zu spielen. Insbesondere werden die Zahlen zur Social Media Nutzung nur unter denjenigen Personen ermittelt, die gelegentlich das Internet nutzen oder ein Smartphone besitzen. Diese Gruppe dürfte in Jordanien oder Indonesien anteilig weitaus kleiner sein als in den entwickelten Industrienationen. Und weitgehend in der dortigen Einkommens- und Bildungselite verankert sein, ganz im Gegensatz zu z.B. Deutschland. Der Anteil der Social Media Nutzer an der Gesamtbevölkerung dürfte in Deutschland weit höher sein als in den meisten anderen betrachteten Ländern. Nimmt man dann noch die hiesige Diskussion um Datenschutz dazu und die Tatsache, dass sich hier (gefühlt, aber auch teilweise belegt, siehe Kommentar von @Andreas Säger) überproportional viele Deppen in den sozialen Netzwerken tummeln, scheint mir der Schluss, Deutschland sei da irgendwie Entwicklungsland, schlicht unzulässig. Ganz abgesehen von methodischen Einwänden wie z.B. der Stichprobengröße (wie groß war denn die Anzahl befragter Personen MIT Internetzugang je Land?) oder der Methodik (wie wurden die Daten eigentlich erhoben, insbesondere in Ländern mit geringem Anteil von Internetnutzern. Online?).

  12. @Michael Kroker 2.3. 10:15

    Hallo, Michael Kroker,

    das mit der gern behaupteten „deutschen Technikskepsis“ lasse ich so nicht stehen. Ich war zeitlebens beruflich wie privat begeisterter Technik-Nutzer, aber nie „blind“, sondern immer mit Blick auf den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Nutzen. Einen solchen sehe ich durch die SM in unserem Umfeld nicht, wohl aber in vielen der Länder, die in der Jubel-Liste weit oben stehen und großenteils für erhebliche Defizite bei Pressefreiheit und Menschenrechten bekannt sind.

    Dass sich in Deutschland angeblich „nur“ 50% der Internet-User dem Facebook- und Twitter-Hype unterwerfen, werte ich, auch wenn’s meinem persönlichen Eindruck nicht entspricht, eher als Ruhmesblatt.

  13. „Social-Media-Entwicklungsland Deutschland“
    Was gewinnt man durch soziale Medien? Ich habe das Gefühl, dass es nicht wirklich viel ist. Entwicklungsland finde ich deshalb als Wort falsch gewählt. Es suggeriert, dass es etwas schlechtes ist, eine niedrige Durchdringung dieser Medienform zu haben. In Zeiten der Geheimdienstüberwachung ist das in meinen Augen fraglich, ob es ein Nachteil ist dort nicht präsent zu sein.

  14. Ich bin sehr erfreut von dem Ergebnis. Zeigt es mir doch, daß – zumindest noch – die Deutschen ihre Zeit besser zu verbringen wissen als in sozialen Netzwerken!

    Nichts ist lästiger als in einer Kneipe mit Freunden zu sitzen, die zwischendurch immer ihre WhatsApp oder sonstigen Kontakte griffbereit haben müssen.

  15. Nun gut. Und sehen wir doch, dass ein großes Aufwachen beginnt. Vor allem im Mittelstand des Rückrates der Wirtschaft: Der Industrie.
    Gut zu sehen auf der Industrie-Plattform induux: https://de.induux.com
    induux – eine Art „Facebook der Industrie“ – überträgt und erweitert bekannte Social-Media-Ansätze für die Industrie.
    Das wöchentliche Social-Media-Ranking informiert, wie die sozialen Medien in der Industrie genutzt werden:
    https://de.induux.com/rankings/social-media-b2b/
    Getrieben durch Innovations-Druck und der Notwendigkeit der Digitalisierung von Marketing, Vertrieb und Kooperation … beginnt die Nutzung der Medien … wenn auch oft als „notwendiges Übel“. Nur haben eben Unternehmen im Zeitalter von IIoT und Industrie 4.0 nicht mehr so viele Alternativen.

  16. Social Media nutzen vor allem Teenies, solche, die hip sein wollen, auch wenn sie es nicht sind (Werber, Journalisten, Politiker, …) und die Typen, die auch Hirnerweichungen wie „Bachelor“, „GNTM“ und ähnliches glotzen.

    Ja, es gibt auch praktische Gründe SocialMediaSites zu nutzen, aber die werden herrlich von den völlig mit unwichtigen Fuktionen überladenen Interfaces konterkariert.

    Neben dem Absaugen meiner wertvollen Daten und dem Speichern (und per AGB Aneignen aller meiner Bilder und Beiträge) und Weiterreichen an sämtliche Geheimdienste der Welt, stören mich die Werbung, das ständige Gängeln, die dauerhafte Erreichbarkeit und die ganzen blöden Menschen auf dieser Welt, die nicht nur das gleiche Portal nutzen, sondern ausgerechnet mich mit dummen Kommentaren quälen (so wie ich hier^^).

    Es ist ein SEGEN, dass Deutschland so weit zurückhängt. Die Länder, die ganz vorne sind, sind solche, die die Portale nutzen, um Diktaturen zu umgehen, am Leben zu bleiben oder in Kontakt mit Ihren Lieben, die auf der Flucht oder in Kriegsgebieten sind. Wir haben das einfach nicht nötig.

    Gerade die Vielzahl der besser aufgebildeten zeigt, dass SocialMedia bei uns eher sowas ist wie Trash-TV. Wenn man sein Leben nicht im Griff hat, wenn man kein Selbstwertgefühl hat, muss man besonders viel über sich posten und jeden Stuhlgang tweeten.

    Pegida und AfD sind sehr aktiv auf SocialMedia….quod erat demonstrandum 😉

    Jürgen

  17. Ein sehr tendenziöser Artikel. Irgendwie liest sich das wie eine Beschwerde der Geheimdienste, dass Deutsche nicht genug Informationen liefern…
    Wie bereits andere bemerkt haben, stellt es kein Qualitätsmerkmal dar, wie intensiv sogenannte soziale Medien verwendet werden.
    Schaut man sich die Grafiken genauer an, dann stellt man leicht fest, dass alle Industriestaaten recht dicht beieinander liegen. Der erste Industriestaat taucht mit Israel erst ungefähr im Mittelfeld auf. Alle anderen folgen erst zum Ende hin. Man kann das auch so deuten, dass dort das Bewusstsein um eine Privatsphäre stärker ausgeprägt ist – was IMO eher positiv als negativ zu bewerten wäre.
    Was die Alterskluft angeht: in der Tat bin ich etwas entsetzt darüber, wie unbedarft sich die deutsche Jungend hier gibt. Muss man wirklich erst die 30 überschreiten, bevor man sich Gedanken über sowas wie Privatsphäre macht?

  18. Das spricht doch für Deutschland. Hier ist es den Menschen eben wichtiger, im echten Leben Freunde zu haben und sich im echten Leben zu treffen und auszutauschen. Bezeichnend ist auch die Verwendung der Social Media beim eher einfachen Menschen, der Facebook & Co benutzt, um sich abzureagieren. Spätestens seit dieser Erkenntnis ist die Verwendung der SM für mich im BILD Niveau anzusiedeln.

  19. Ich persönlich frage mich: Was bringt es mir denn Social Media zu nutzen? Und habe für mich persönlich die Antwort gefunden: Nichts!

    Mit Menschen, mit denen ich in Kontakt sein will, kann ich auch per Whatsapp in Kontakt bleiben.
    Wenn mich interessiert welche Farbe Ingos Morgenschiss heute hatte – dann bin ich bei FB gut aufgehoben 😉

    Ich kann nicht erkennen wieso die Nicht-Nutzung von Social Media etwas negatives sein soll.

  20. Ob und wie man Social Media für sich privat nutzt, bleibt natürlich jedem selbst überlassen – wobei die Unterschiede in der Nutzung im Vergleich zu anderen Ländern schon auffällig sind. Allerdings werden hierzulande auch nur 30 % der Smart-TVs mit dem Netz verbunden 😀

    In unternehmerischen Umfeldern hingegen kann man es sich kaum erlauben, SM-abstinent zu bleiben. Moderne Kundenansprachen und Marketing-Strategien (Inbound^^) funktionieren quasi nicht ohne SM-Kanäle. Und da hinkt gerade der Mittelstand dann doch noch hinterher. Braucht man das aber wirklich? Ja. Siehe auch: https://www.mds.eu/blog/grosschance-oder-zeitverschwendung-social-media-im-b2b/

  21. Ich finde die Kommentare hier spannend. Ne typische deutsche Debatte über die Datensammelwut der großen sozialen Netzwerke. Komischerweise eine Debatte, die so nur in Deutschland geführt wird 😉