Test Polar Ignite 3 im Check.

Es ist keine ganz neue Entwicklung, dass Sportuhren sich weiterentwickeln vom reinen Messinstrument hin zum beratenden Datencoach. Früher waren es im Wesentlichen Profis, die auf Basis von Leistungsdaten ihre Trainer die Strategie entwickeln ließen. Es kamen die sehr ambitionierten Amateure, die Daten nahmen und sie auswerteteten. Dann kamen die Modelle dazu, die Vitaldaten kontinuierlich messen und bewerteten. Und nun sind wir seit einiger Zeit an dem Punkt, dass im höheren Segment es normal ist, dass Sportuhren sich auch als Menschen richten, die nicht zielgerichtet auf ein Ereignis trainieren, sondern allgemein sportlich und fit bleiben wollen.

Klarer Sieger in der Lesbarkeit.

Polar Ignite 3 mit kräftigem Display, das sich bitten lässt.

Farbschemata mit grün für gut und rot für schlecht sollen sowohl an der Uhr als auch in den dazugehörigen Apps und Webseiten dafür sorgen, dass quasi jeder Laie weiß, wo er im Moment dran ist. Dazu gehört neben der Belastung die Regeneration und dort vor allem der Schlaf. Vor nicht mal zehn Jahren stand man als Athlet morgens auf und fühlte vor allem in sich hinein, wie man geschlafen hatte.

Heute bekommen Nutzer, so sie wollen, einen Morgenbericht, der basierend auf Dauer, Bewegung, Atmung, Herzfrequenz und Herzfrequenzvariabilität zusammenfasst, wie die Nachtruhe war. Und was man an diesem Tag damit wohl anstellen kann.

Das finnische Unternehmen Polar hat ein eigenes Modul für die Herzfrequenzmessung und die Erfassung der anderen Daten, dass besonders genau sein soll. Seit vielen Jahren und Modellen – Polar Pacer, Vantage, etc. – die ich das nun schon verfolge, kann ich für mich festhalten, dass die Angaben im Grund solide zu nutzen sind. Ich vergleiche sporadisch mit einer anderen Uhr mit Brustgurt. Das ist nicht wissenschaftlich, genügt keinen Anforderungen – an dieser Stelle aber reicht es mir, zu sagen, dass das grundsätzlich funktioniert.

Die Ignite 3 ist nun Polars Modell, das vor allem durch das kräftig bunte und gut ablesbare Display mit abgerundetem Uhrglas auffällt. Knöpfe sind Vergangenheit – bis auf einen – und die Steuerung erfolgt ausschließlich über das Touchdisplay. So swiped man sich morgens durch die verschiedenen Anzeigen, bis man bestätigt, seinen Schlaf nun beendet zu haben.

 

Schlafmessung für mehr Leistung

Wenn die Ignite über einen ausreichend langen Zeitraum tragen, bewertet sie mit dem sogenannten ANS-Status die Regeneration in der Nacht. Und schlägt danach mehrere verschiedene Einheiten zur Auswahl vor. Laufen oft, fast immer Krafttraining oder Dehnübungen und Mobilität. Mehr noch – sie schlägt präzise Übungen vor. Die ich natürlich allesamt ignoriert habe und mich ausschließlich auf die Laufeinheiten konzentriert habe.

Üblicherweise vergleiche ich nicht in diesen Tests, aber während der vergangenen Wochen habe ich zwei Modelle parallel genutzt, meine private Uhr und die Ignite. Die Polar ist sportlicher, fordernder, aktiver. Die „easy“ Einheiten dauern länger, die langen Einheiten sind deutlich umfangreicher als die Vorschläge vom linken Arm.

Auf die 10 Minuten kommt es doch nicht an…

Ob das eine besser oder schlechter ist als das andere – schlussendlich muss der Nutzer entscheiden, ob er lieber etwas geforderter wird oder lieber auf der sehr achtsamen bleibt. Ich persönlich wäre eher Team Anstrengung. Denn, wenn ich schon 33 Minuten laufen gehe, kann ich die dreiviertel Stunde nun auch noch vollmachen.

Aber – die Polar ist in dieser Zeit über alle Maßen streng mit mir. Die Aufwärmphasen eines Laufs von 62 Minuten sollen bei so niedriger HF passieren, dass ich kaum noch ins Laufen komme und dafür fast gehen müsste. Liege ich – bei wirklich langsamer Pace – dennoch über der HF-Grenze, nervt das Vibrieren kontinuierlich, dass ich zu angestrengt bin. Das blieb so in der ganzen Zeit und mehreren 100k Lauftraining. Auch ein Lauftest, der die HF-Zonen neu bestimmte, änderte daran nichts. Ich habe zu viel Puls bei niedrigen Geschwindigkeiten.

Während der Einheit führt die Uhr einen sehr klar und deutlich durch die vorgeschlagenen Phasen. Wer mag, ich empfehle das, liest sich vorher die Schritte durch. Das größte Manko der Uhr, deren Display sich wegen des höheren Stromverbrauchs als herkömmliche automatisch abschaltet, ist, dass es schwierig als es sinnvoll ist, sich unterwegs die Daten aufzurufen. Die Uhr vibriert und als Läufer will ich natürlich wissen, wo ist mein Puls und wie viel ist er zu hoch. Es braucht dann schon eine sehr präzise und möglichst immer gleich Bewegung, die die Uhr richtig interpretiert und das Display aufleuchten lässt. Aber selbst wenn sie es tut – immer mit einer winzigen aber störenden Verzögerung. Ob sich das in einem Update ändern lässt oder der Bewegungssensor so ist, wie er ist, wird sich zeigen. Die bisherigen Updates brachten keine Besserung.

Der Messung der Regeneration steht die der Trainingsbelastung gegenüber und es ist mir gelungen, mit der Befolgung der Trainingsvorschläge der Garmin (und vielleicht einem winzigen Lauf von 22km mehr…) mich in den Bereich überfordernd zu bringen. Immerhin – meine andere Uhr mahnt ständig Erholung an, moniert dann aber, ich hätte zu wenig anaerobes Training. Nun, denn. Wir sind keine Maschinen, Sportuhren keine geeichten medizinischen Instrumente. Sie sind sinnvolle Helfer für sportliche Menschen, da macht die Ignite keine Ausnahme.

Sie ist, wenn sie aufleuchtet, wirklich gut zu lesen in allen Wetterbedinungen. Auch das Touchdisplay reagiert gut. Swipen am Morgen durch die Berichte über Wetter, HF oder Schlafstatus ist elegant und geschmeidig.

Die Akkudauer – ich erwähnte den Stromhunger des Amoleddisplays – ist nicht gigantisch, aber definitiv ausreichend, um auch mal mehrere Tage zu leben und Training einzubauen. Selbstverständlich meldet sie sich, wenn der Akku sich leert, aber dann ist es eher zu spät, um noch gesichert eine längere Einheit damit durchzuziehen. Ein Blick am Morgen, wo der Akku steht, schadet nicht – oder am Abend.

Verrät die Analyse einem etwas über das Befinden? Eher bestätigt es das eigene Körpergefühl und wer sich matt fühlt und das von der Ignite bestätigt bekommt, kann das ernst nehmen. Aber auch gerne überstimmen. Eine sklavische Beachtung der Daten halte ich persönlich für kontraproduktiv. So schlau die Uhren auch werden – sie stecken nicht in einem drin. Mentale Stärke, Willen und Wunsch nach Bewegung oder die Freude daran messen sie schließlich nicht. Noch nicht.

Abschließend stellt sich die Frage – was passt zu wem? Denn die Modelle Pacer und Pacer Pro bieten grundsätzlich die gleichen Funktionen. Es sind einzelne Dinge, die sie jeweils unterscheiden bei zumindest ähnlichen Preiskategorien von Pacer Pro und Ignite. Die Sleep Wise-Funktion enthält nur die Ignite und die auch nur die Sprachführung des Trainings – so ich denn mit Kopfhörern laufe. Die Modelle lassen sich auf der Homepage von Polar gut vergleichen.

Das Display ist ein meines Erachtens sehr gutes Kaufargument, denn die Lesbarkeit der Mip-Displays ist nicht großartig, vor allem bei Sonnenschein. Die Verzögerung des Aufleuchtens ist hoffentlich noch ein Schritt, den Polar macht. Es ist – Geschmacksfragen mal außen vor, eine gut designte Uhr. Ich persönlich komme mit Knöpfen besser als mit Touchdisplay, aber auch das ist persönliche Einstellungsfrage.

Wer sehr konzentriert Lauftraining betreibt, wird mit der Pacer Pro besser fahren, wer sportlich ist und allgemein fit bleiben will und dazu auch läuft und andere Dinge beachtet – der kann guten Gewissens die Ignite bevorzugen.

 

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Alle Kommentare [3]

  1. Ich will mir schon lange eine zulegen , aber mit den vielen Optionen ist das alles sehr verwirrend. Danke für den Artikel.

  2. Ich habe eine Apple Watch und lasse mich gerne darin erinnern, wenn ich wieder mal zu lange sitze. Auch wenn ich mein tägliches Bewegungsziel nicht erreiche werde ich daran erinnert. Das finde ich gut – denn in der Hektik des Tages vergesse ich leider immer wieder, das ich mich zu wenig bewege.