T -51 Norseman – Die Crew, das Team, die Mannschaft.

Zu den beeindruckendsten Fotos, die ich zum Thema Triathlon je gesehen habe, gehört das jenes Paares, das sich in der Ziellinie in den Armen liegt. Tränen, Erschöpfung, Erleichterung, Innigkeit, überwundene Ängste, auch Leere, Ankommen, Zusammengehörigkeit – alle Gefühlswelten einer Vorbereitung und eines sichtbar anstrengenden Wettkampfes verdichtet in diesem Moment.

Wer die Filme vom Norseman gesehen und die Szenen vom Ziel auf der Bergstation der Seilbahn des Gaustatoppen in Erinnerung hat, weiß – das sind Emotionen, wie sie nur wenige Wettbewerbe bei ihren Teilnehmern auszulösen vermögen. Aber nicht beim Athlet allein, es sind die Menschen, die ihn auf der Reise zu diesem Ziel begleitet haben, die sie durchleben.

Der Norseman ist ein Teamwettbewerb. Der Athlet allein ist lediglich ein Teil einer Unternehmung, die seine Familie, seine Bekannten und Freunde umfasst – auch wenn die etwas entfernteren es oftmals vielleicht gar nicht merken.

Der Wettbewerb, der in Eidfjord startet und auf dem Gaustatoppen bei Rjukan endet, ist insofern schon anders als die üblichen Langdistanzen von Ironman oder Challenge, als dass es keine Versorgung unterwegs gibt, keine Stände mit Getränken oder Essen. Jedes Teilnehmerteam muss das selbst organisieren. Ein Athlet darf ohne Begleitung für die Radstrecke und den abschließenden Marathon morgens gar nicht erst von der Fähre in den dunklen Fjord springen – das allerdings ohne sein Team.

Ferner darf der Teilnehmer, sollte er rechtzeitig die beiden Kontrollpunkte bei 32 und 37 Kilometern des Marathons passieren, nicht alleine weiter ins Ziel laufen. Eine Begleitung ist Pflicht. Bei beiden auf dem Rücken: Ein Laufrucksack mit warmer Kleidung und etwas Geld für die Verpflegung oben. Richtig gelesen – kein Buffet. Immerhin: Heiße Suppe.

Die Treffen mit der Begleitung auf der Radstrecke muss geplant sein. Verpassen sich Athlet und Team, kann es schon mal arg eng werden mit der Nachversorgung. Geschweige denn, sollte eine gröbere Reparatur nötig sein.

Ich hatte mein Team im Grundsatz schon zusammen, in dem Moment als der Zuschlag kam. Ein zu dem damaligen Zeitpunkt noch nie persönlich getroffener Bekannter hatte vorweg gesagt – sollte ich den Platz bekommen, sei er dabei. Thomas und ich teilen seit langem jedoch auf facebook einen sehr ähnlichen Humor, haben uns in kurzen Gesprächen blendend verstanden, seine Begeisterung und Entschlossenheit waren für mich wichtiger als vielleicht eine Nähe zum Triathlon – die er nicht hat. Norseman ist für mich ein Erlebnis für alle Beteiligten und nicht des Athleten allein. Nun musste Thomas vergangene Woche leider aus gesundheitlichen Gründen die Reißleine ziehen – es bestand ein kleines Risiko, dass er am 4. August nicht fit wäre.

Ironman, das ist sicher auch die Kunst, den Augenblick zu akzeptieren, die kleineren Rückschläge zu verdauen, nicht an verlorene Zeit zu denken, sondern das Jetzt als wichtigsten Moment des Tages zu sehen – bis ins Ziel.

Deswegen ist es zwar  sehr schade, dass Thomas nun nicht dabei ist und natürlich stellt das ein Problem dar – aber das gilt es zu überwinden wie jeden der gut 4000 Höhenmeter auf dem Radkurs. Christian, der sich ebenfalls angeboten hatte, hatte bis vor kurzem noch aus Lust auf die Reise seine Jahresurlaubsplanung zurückgestellt, falls er doch mitkommen solle. Dafür, Christian, heißen Dank!

Eigentlich wollte ich nicht in diese Situation kommen – aber so habe ich nun mehrere Freunde und Bekannte angefunkt, wohlwissend, dass es für niemanden leicht ist, sich mal eben fünf bis sechs Tage in der Urlaubssaison aus den Rippen zu schneiden.

Christian hat noch mal geprüft, mein Laufpartner bei so vielen Wettkämpfen, Thomas H. auch.

Schneller war Marcel.

Wir kennen uns vom Triislands auf Amrum/Föhr/Sylt. Ein Bilderbuch-Triathlet mit Zeiten weit unter dem, was ich je zu schaffen vermag. Und, wie ich wusste, auch begeistert vom Norseman. Da war sie wieder, die Begeisterung, die Freude, die ich so wichtig finde, um den Norseman zu dem vermutlich spannendsten sportlichen Unterfangen meines Lebens zu machen.

Marcel konnte sich die nötigen freien Tage im Büro in einer hektischen Phase für das Unternehmen erbitten – Danke an das Unternehmen Testrut (Unbezahlte Werbung)!

Ich freue mich nun sehr, dass Marcel mitkommt! Er muss mit mir – ich will ihn da nicht enttäuschen – die letzten 10 Kilometer laufend die rund 1200 Höhenmeter überbrücken und mich begleiten.

Grundsätzlich ist mein Privatleben eben das. Privat. Aber mit diesem Wettbewerb spätestens kommt der Punkt, an dem ich die Person erwähnen muss, die seit vielen Jahren das Team mit mir bildet, das alle sportlichen Erlebnisse überhaupt nur ermöglicht. Sie tut das mal mit mehr mal mit weniger Begeisterung für weitere Flausen im Kopf: Meine Frau Nadine.

Ohne sie geht nichts, auch wenn sie nicht mit hoch laufen wird. Aber sie wird oben sein und auf mich warten.

Irgendwann am Abend des 4. August möchte ich diese beiden Menschen um mich wissen auf dem 1883 Meter hohen Gipfel des kahlen Gaustatoppen, wo es nichts gibt außer der Steinhütte, in der ein Wanderverein den Gipfelerklimmern einen Stempel auf einen Stein druckt, dass man oben gewesen ist. Kein Gloria, keine Musik, keine Fanfaren, keine Cheerleader.

Aber das für mich wichtigste Team der Welt.

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