T -248 Die Anamnese. Sport macht krank, Laufen ist doof und warum mache ich das überhaupt?

Kein Laufbuch, kein Lauf-Onlineportal, das nicht gebetsmühlenartig darauf hinweist, dass man sich vor einem großen Projekt beim Arzt untersuchen lassen solle.
Bei mir stand heute früh der Routine-Check-Up an, den ich bei einem meinungsstarken Allgemeinmediziner mit dem Faible für Knochenarbeit absolviert habe.
Mehr durch Zufall als durch Planung ergab es sich, dass ich am Samstag davor mehr als 90 Minuten in den Händen eines sehr erfahrenen und nicht minder meinungsfreudigen Physiotherapeuten jaulte.

Binnen vier Tagen habe ich also – ungeplant – Ansichten zum Zustand meines Körpers unter besonderer Berücksichtigung des Sports erhalten. Einigkeit – ich sei total verspannt und außerdem werde ich ja auch nicht jünger, nech?

Danach trennten sich die Ansichten über richtig und falsch aber ungefähr so wie Fett und Wasser. Ich bin die Emulsion, ich muss versuchen, das übereinander zu bekommen, um in 248 Tagen da nicht im Boot, auf dem Motorrad und in der Senfte den Norseman zurücklegen zu müssen.

Der Therapeut – nennen wir ihn Thomas (er heißt auch wirklich Thomas) – war eher der Typ Kraftsportler. Von Laufen hält er ungefähr so viel wie von einer 50-Kilo-Hantel sich auf den Fuß fallen zu lassen. „Joggst du?“ – in dieser Mischung aus Resignation und angewidert sein, als ginge ich raus, um das Bein zu heben.

Meine Antwort, dass ich nicht Jogge, sondern Laufsport betreibe, nahm er in meiner Erinnerung mit schmerzverzerrtem Gesicht zur Kenntnis. Meine Pläne für das Sportjahr 2018 taten das übrige. „Warum machst du das? Wozu? Du bist doch kein Profi. Mach‘ doch mal die Hälfte.“ Und ausgerechnet Laufen! Crosstrainer – sein Ding!

Dennoch erbarmte er sich und arbeitete gewissenhaft meinen Körper durch, verschob den nachfolgenden Klienten, ich war ein zu verspanntes Brett. „Junge, wenn du wieder kommst, dann zeige ich dir ein paar Übungen, nach einer kannst du zwei Stunden gar nicht mehr stehen wie ein Sack.“ Derzeit stehe ich natürlich wie ein Sack. Muskelaufbau – das sei die einzige Lösung, ich müsse was tun, Verkürzungen hier, Verkürzungen da, ich würde es ja selber spüren.

Ich könnte sein Gerede abtun – leider hat er mir sehr geholfen, das tat nicht nur gut, das lässt ahnen, dass regelmäßiges Quälen unter den Händen dieses Muskelmannes diverse Verspannung weich machen würde. Er weiß schon, wovon er redet. Es gefällt mir nur nicht. Aber ich werde wieder hinfahren.

Vier Tage später. Der Arzt – nennen wir ihn Bruno (er heißt auch wirklich Bruno) – hört sich meine Pläne an, meine Beschwerden im rechten Arm, die des unteren Rückens und was sich so in den 48 Jahren so angereichert hat an Zipperlein. Für die Reizung der Achillessehne bei deutlich geringerer Jahresleistung im Laufen hat er kein Mitleid. „Sie sind ja auch älter geworden, oder?“

Er erbarmt sich dennoch meiner alten Knochen, so, wie ich es von ihm kenne, schwungvoll, elanvoll, ein munteres Gespräch am Leben erhaltend. Bruno hat mir schon oft geholfen, ich weiß, dass er weiß, was er tut.

Für das, was ich tun will, hat er kein Verständnis. Meine Idee, meine Beschwerden zwischen HWS und Zehennägel mit Gymnastik (vulgo Stabitraining) zu lindern verlacht er. Könne ich auch lassen, das sei Folklore in den Wald- und Wiesen-Laien-Laufblättern. 95% Prozent aller, die das nutzten, hätten eh nichts davon. Krafttraining hält er in meinem Falle in den Problemzonen für geradewegs verschwendete Zeit.

Mein Vorhaben am 4.8.18 allein mit dem Rad rund 4000 Höhenmeter auf 180 Kilometer zurückzulegen und danach noch den Marathon mit mehr 1000 Meter abzuschmecken, quittiert er mit den Worten: „Dass das gesundheitsschädlich ist, ist Ihnen klar.“ Ich werfe ein, dass ich dafür derzeit den Alkoholkonsum beispielsweise auf beinahe Null runtergefahren hätte, weil ich leichter ganz verzichten könne als nur ein Glas am Tag zu trinken. „Die männliche Leber kann viel vertragen.“ Und überhaupt sei gegen täglich ein Glas und einmal die Woche etwas mehr kaum was zu sagen aus gesundheitlicher Sicht.

Warum ich denn so etwas machen müsse? Mittlerweile habe ich den Eindruck, die medizinisch Bewanderten seien der Ansicht, ich bräuchte keine Physio- sondern eine Psychotherapie. Jeden Tag vier Stunden Fernsehen – da würde keiner fragen, aber wehe du machst mehr als 10 Stunden Sport die Woche. Ich erwische mich, wie ich die Zahl der Stunden runterschummele. Auf die Idee, dass der ganze Ausdauersport in Teilen Therapie für mich ist, kommen weder Thomas noch Bruno.

Ob ich nun Krafttraining machen sollte, kann ich mir aussuchen – höre ich auf die Experten, hat der jeweils andere eh keine Ahnung, wovon er redet.

 

 

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Alle Kommentare [16]

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  3. Stabi zurecht und finishen so den Spartathlon. Andere, so wie ich, wären ohne Stabi ständig verletzt. Wichtig ist, wie du dich fühlst und noch wichtiger, dass du dein Ziel nur mit Disziplin auf vielen Feldern erreichen kannst. Und: Alkohol frisst Magnesium, soviel kannst du gar nicht zuführen, aber so lange in Askese wollte ich auch nicht leben

  4. His unusual treatment’s made him aware of the terrible thing he’s done: guilt has therefore engulfed him, and he’s deliberately getting himself lobotomized to escape it. These two versions of what the film means could hardly be more at odds. Yet Scorsese hasn’t chosen to indicate which is the right one.

  5. Das zieht sich von Ehepartner über Mediziner zu Kollegen, Freunden und Eltern. Es gibt Leute, die kommen super ohne Stabi zurecht und finishen so den Spartathlon. Andere, so wie ich, wären ohne Stabi ständig verletzt. Wichtig ist, wie du dich fühlst und noch wichtiger, dass du dein Ziel nur mit Disziplin auf vielen Feldern erreichen kannst. Und: Alkohol frisst Magnesium, soviel kannst du gar nicht zuführen, aber so lange in Askese wollte ich auch nicht leben 😉

  6. Na ich würde auf jeden Fall auch Krafttraining machen, push-up und PullUps sind auch gut für das Schwimmen und nach dem Norseman neue Ziele suchen.

  7. Arztwechsel!!!

    Meine Orthopädin hat – vermutlich nicht zur Zier – einen Fahrradhelm in einem ihrer Behandlungszimmer liegen. Sie hat auch kein Gramm zuviel am Körper. Wichtiger: Sie nimmt mich als Sportler wahr. Als meine Knieprobleme nicht mehr von außen behandelbar waren wurde ich von ihr genau da hingeschickt, wo im Bedarfsfall z.B. auch die Fußballer von Rot-Weiß Erfurt und Carl-Zeiss Jena und andere lokale Sportgrößen operiert werden. Freilich wird auch nicht um das Alter herumgeredet, aber eben um Gottes Willen nicht die Leier „kürzer treten“ gespielt. Wahrscheinlich muß sich jeder Sportler Ärzte suchen, die selbst die gleiche Sportart betreiben und ungefähr das gleiche Alter haben. Ja, wahrscheinlich schwer zu finden.

  8. Da lobe ich mir meinen Kniespezialisten…selbst Ironman. Der quittierte eines meiner Vorhaben (nachdem ich mich mit 2 Läuferknien in Behandlung begab, guten Glaubens ich könnte beim 70.3 an den Start gehen) mit den Worten:“Kannste schon machen. Tut halt weh wie sau.“
    Den mochte ich.