T -65. Trainieren im Niemandsland der Form. Was ist der Wert einer Einheit?

Was ist es wert? Was bringt es? Was ist der Sinn?

Ich spreche nicht vom Norseman als solches. Da habe ich Ahnungen für gute Antworten.

Das Ziel ist in Sicht. Und es gibt nur eine Richtung.

Ich spreche (schreibe) vom Training.

Sind 30 Kilometer Radfahren sinnvoll? Sind es 223 Kilometer? Was machen schon 1800 Meter Schwimmen aus? Was 4000 Meter?

Es sind noch 65 Tage bis zum Start, genauer gesagt 64, in 65 Tagen ist der Wettbewerb, auf den sich meine sportlichen Gedanken nun seit dem 11. November 2017 konzentrieren. Es ist die erste Woche eines Marathonplans, den ich nun begonnen habe, wie ich es in den vergangen Jahren immer gemacht habe. 10-wöchige Trainingspläne aneinanderketten. Um die nötige Struktur ins Training ohne Trainer zu bringen. Die Periodisierung ergibt sich aus dem Marathonplan für 3:30 von Herbert Steffny, ich passe die Rad- und Schwimmeinheiten parallel an.

Aber was wird es wert sein am 4. August, wenn es morgens um 5:00 von der Laderampe der Fähre in den dann maximal 14 Grad Celsius warmen Fjord geht? Was sind die mühselig zusammengekratzten Höhenmeter im Training (max. 1800 auf 120km) wert, wenn es doch gut 4000 Höhenmeter auf den 180 Kilometern sind. Was die schalen Hügelläufchen gegen die abschließenden 1200 Höhenmeter (hoffentlich) den Gaustatoppen hoch?

Ich weiß es nicht.

Das ist ja eigentlich das tolle. Unbekanntes Terrain, ungeahnte Anstrengungen, ungeprobte Herausforderungen körperlich wie mental.

Es beginnt mit diesen 10 Wochen bis zum Start die wohl intensivste Phase des Trainings und dieses Wochenende scheint mir mit der Mitteldistanz in Kraichgau (also 1,9k Schwimmen, 90k Rad mit 1000 Höhenmeter und 21k Laufen (auch noch mal 120 Höhenmeter) ein guter Wochenabschluss mit einem vermutlich kernigen Trainingseffekt.

An Regeneration danach ist nicht zu denken – ohne es sportwissenschaftlich belegen zu können – ich finde, ich sollte das Rennen sehr solide absolvieren können, ohne über Probleme nachdenken zu müssen. Alle Distanzen sind einzeln ums mehrfache absolviert – allein die Hitze könnte dem ganzen einen Strich durch die Rechnung machen. Die wiederum dürfte in Norwegen mein geringstes Problem sein.

Und irgendwie beginnt das Abenteuer schon zu enden, statt zu starten. Die meiste Zeit, die ich mit diesem Projekt lebe, in denen mich ihm widme, meine Emotionen darauf richte, vielleicht auch meinen Bekannten und Kollegen auf die Nerven gehe – sie ist schon vorüber. Wenn es ein Rennen wäre wie die anderen: Dann stünde alles noch bevor. So ist das Projekt eben nicht allein der Stichtag, sondern eine permanente Beschäftigung, ein kontinuierlicher Versuch, die Dinge des Lebens in Einklang zu bringen, die ein Profi dem Sport unterordnen kann.

Den Feiertag – er müsste fürs Training genutzt werden. Ich werde nur ein kleines Läufchen unternehmen, keine dramatische Einheit. Kein echtes Tapern vor Kraichgau, mehr der elegante Weg, Zeit für andere wichtige Dinge zu haben und dennoch am Ende der Woche den Körper noch mehr vorbereitet zu haben auf den Norseman.

Ich habe das schon öfter geschrieben, wiederhole es gern: Es geht darum, das Rennen nicht mit Hängen und Würgen zu absolvieren, sondern ein großartiges Erlebnis zu haben, Erinnerungen, Emotionen und Erkenntnisse über sich selbst.

Den Respekt für die Leistung sollten Athleten nicht am Tag des Wettbewerbs bekommen, sondern an den Tagen, an denen sie draußen waren, während die anderen schliefen, an denen sie auf dem Rad froren, während die anderen am Kamin saßen.

Was ist es also wert das Training? Körperlich und trainingstheoretisch mache ich vermutlich mehr Fehler als Dinge richtig. Sei’s drum – ich bin Amateur. Der Sport das zwar intensive, aber nicht alles dominierende Hobby. Aber – ich war draußen, ich habe gefroren, ich habe geschwitzt, mich gequält. Jetzt schon und es wird weitergehen. Man darf an einer sportlichen Herausforderung scheitern, aber nicht, weil man es nicht versucht hat – so kann man nicht verlieren, sondern ist immer Gewinner.

Das ist der Wert jeder einzelnen Einheit.

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Alle Kommentare [1]

  1. Hi Thorsten,
    verstehe (tatsächlich) was du meinst – toll geschrieben!! Ich kann aus meiner Perspektive sagen, dass in der Tat jede Einheit einen großen Wert hat, jeder KM oder HM zählt! Vor allem gegen den Schweinehund. Ich hatte mich nach Verletzung auf meinen ersten Ultra-Trail (57km, ca. 2000HM) vorbereitet – eher Zufall, dass es der Lauf geworden ist, aber er passte in den Alltag mit Arbeit, Leben, Menschen. Am Ende des Laufs, eigentlich bis jetzt, bin ich sehr zufrieden und Stolz auf mich, dass ich das geschafft habe, trotz Schmerzen nicht aufgegeben habe und genügend Höhenmeter und Kilometer (ca. 1200 in 2018) gesammelt habe, dass ich während des Laufs mich auf die Eindrücke und Menschen drumrum konzentrieren konnte. Was will ich sagen: mach weiter, sammle jeden KM, radel, schwimme, mach Fehler (und lerne daraus) und freue dich auf die Ziele dazwischen und auf DAS Ziel. Ich bin gespannt und drücke die Daumen! Gruß, Ralph