Test Waagen Garmin Index Scale und Polar Balance. Gewicht ist nicht alles.

Vor dem Test habe ich weniger gewogen. Das sagt eigentlich schon alles.

All die Hilfsmittel von Schrittzählern über GPS-Uhren bis zu den Waagen, die Gegenstand dieses Textes sind, sind Werkzeuge. Sie sind keine heimlichen Superhelfer noch automatisierte Fettverbrenner. Am Ende zählt wie immer nur einer: Der Nutzer selbst. Das vorweg zu dem Test, zu dem man sagen kann: Geräte einwandfrei, Tester durchgefallen.

Das Gewicht ist leider nicht im Lieferumfang mit enthalten.

Das Gewicht ist leider nicht im Lieferumfang mit enthalten.

Die Waagen von Garmin und Polar sind nur zwei der Vertreter, die der heimischen Waage den Kampf ansagen. Mehr als stupide Anzeigen des Gewichts, sind sie Teil eines Kosmos. Die Datensammler über Bewegung, zurückgelegte Stockwerke, Ruhepuls oder zurückgelegte Schritte, vermessen auch das Gewicht. Die Kilogramm, die der Mensch auf die Waage bringt, sind ja weit mehr als ein Hinweis auf die Gesundheit, die uns allen angeblich so am Herzen liegt.

Das Gewicht ist ein Politikum, ein Symbol gesellschaftlichen Zustände oder auch recht konkret ausschlaggebend für Zahlungen einiger Krankenkassen – ist das Gewicht in einem bestimmten Fenster, gibt es eine Bonuszahlung, so wie für Mitgliedschaft im Sportverein (auch wenn man nie trainiert) oder Nichtrauchen.

Das Gewicht ist für viele Menschen aber auch ganz persönlich eine Kennzahl der Glücks. Vielleicht wäre Blutdruck messen viel wichtiger, aber der Schritt auf die Waage ist zum einen unkomplizierter, zum anderen kann man auch mit zu niedrigem oder zu hohem Blutdruck am Strand in Badeshorts oder Bikini eine Top-Figur machen.

Die Garmin zeigt schon auf dem Karton mehr an. Wer kauft denn sowas!!!

Die Garmin zeigt schon auf dem Karton mehr an. Wer kauft denn sowas!!!

Doch Garmin Index Scale und Polar Balance wollen (und können) mehr. Ihre Infos sind Mosaiksteine in der täglichen Bewertung der körperlichen Befindlichkeit.

Gemein sind beiden einige Dinge. Die Oberfläche ist aus Glas, das heißt, nach dem Duschen besser nicht mit nassen Füßen auf die Waage treten – rutschig. Beide – und das ist sicher einer der größten Vorteile dieser cleveren Waagen – übertragen per Wlan (Garmin) oder Bluetooth (Polar) die Daten direkt in das Web-Portal. Wer Buch führen möchte über die Entwicklung seiner Pfunde, tut das so höchst komfortabel mit schnellem Überblick über verschiedene Zeiträume.

Die Garmin Index Scale tut dabei noch etwas mehr. Sie misst auch mittels einer einfachen Variante der sogenannten Bioimpedanz-Messung, wie hoch der Körperfettanteil ist, wie viele Kilo Muskel- und Knochenmasse der Mensch hat und wie es um den Flüssigkeitsanteil im Körper bestellt ist. Bei professionellen Messungen dieser Art, wird an mehreren Punkten der Haut gemessen, bei der Waage naturgemäß nur unter den Füßen. Und das ist ungenauer. In meinem Falle schwankte die Knochenmasse um +-100 Gramm. Nicht viel – aber in meinem Alter auch unwahrscheinlich, dass es so ein auf und ab ist. Es sind keine medizinischen Messinstrumente – das darf nie vergessen werden.

The only way is up!

The only way is up!

Auch der Body Mass Index (BMI), der noch immer vielerorts als maßgeblich für ein „gesundes“ Gewicht betrachtet wird, wird ermittelt. Ein guter BMI nützt einem nur wenig, wenn die Hose spannt. Dann ist alle Theorie grau. Der BMI ist zuletzt auch in die Diskussion geraten, da er letztlich nur grob Aussage darüber treffen kann, wie es um die gesundheitlichen Aspekte des Gewichts bestellt ist. Ein sehr muskulärer Mensch mit kaum Fettanteil kann zum Beispiel durchaus an den oberen Rand des BMI geraten.

Die Daten der Waagen landen in den beiden Webportalen Connect (Garmin) und Flow (Polar). Dort mischen sie sich unter die Vielzahl der anderen Daten, die die Activity Tracker und Sportuhren, Wattmesser und Pulsuhren vom Menschen so erfassen. Daraus entsteht, oder besser gesagt, sollte ein Gesamtbild entstehen. Die Vermessung allein ist inzwischen kaum noch ein Problem. Trotz einiger Abweichungen zum Beispiel bei der Zahl der verbrauchten Kalorien, sind die Daten in der Regel exakt genug. Nur: Was bedeuten sie?

Polar setzt bei der Waage Balance auf eine Symbolik eben genau wie eine Balance-Waage. Auf der einen Seite ist die Kalorienzahl. Auf der anderen Seite der sportliche Aufwand. Am Anfang steht die Eingabe des Zeitraumes, in dem man sein Wunschgewicht erreichen möchte.

Gelber Bereich: Mehr essen oder weniger Sport? Beides schön! Oh, Moment...

Gelber Bereich: Mehr essen oder weniger Sport? Beides schön! Oh, Moment…

Und Balance ist da sehr ehrlich: Das Ziel sei in der Zeit nun nicht mehr zu erreichen. Nach einer Bestätigung wird das Ziel angepasst. Sprich: Die mangelnde Disziplin beim Kalorien einsparen oder verbrennen hat gefehlt. Leicht verständlich und auch umzusetzen sind die Tipps, die Balance bereithält – was es denn nun genau bedeuten würde, wenn man diese Kalorien noch einsparen will oder abtrainieren möchte.

In Garmin Connect heißt die Abteilung für Dateninterpretation „Insights“. Einsichten. Ob man nun mehr Treppen geht als der Durchschnitt der Bevölkerung, ob man sich an bestimmten Tagen mehr bewegt und so weiter und so fort.

Was beiden Waagen – und im übrigen bis hierhin auch allen anderen Modellen von Anbietern wie Fitbit bis Withings – fehlt, ist das Gegenstück. Die Kalorienaufnahme. Ja, man kann das in Apps eingeben, aber dann kann ich auch das Gewicht über den Daumen schätzen. Bislang gibt es keine Geräte, die die Zahl der konsumierten Kalorien einigermaßen zuverlässig berechnet. Aber nur da, wo die Bilanz negativ ist, verliert der Körper Gewicht.

Bis das soweit ist, sind die Waagen vor allem eines: Sehr bequeme Chronisten des eigenen Gewichts. Wohlgemerkt – nicht der Figur. Wer sich gerade mit Muskelaufbau beschäftigt oder seinen Körper erheblich mehr fordert durch Sport verändert mehr als nur einen Parameter. Entsprechend muss mehr Gewicht nicht immer auch „dicker“ bedeuteten, genausowenig wie ein Gewichtsverlust von 2 Kilo nach einem Lauf über zwei Stunden ernst zu nehmen ist – das war fast nur Wasser. Das schleunigst wieder aufgefüllt werden sollte.

Preiswerter und in jedem Haushalt vorhanden sind für die Frage nach der Badeshorts-Figur zwei sehr alte Messinstrumente: Hosenbund und Gürtel.

 

 

 

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Alle Kommentare [5]

  1. Danke für den Artikel über Waagen. Ich habe mich nie wirklich mit dem Thema auseinandergesetzt, aber mein Freund hat letztens davon gesprochen. Deswegen ist es echt gut, dass ich diesen Beitrag gefunden habe. Sehr hilfreich!

  2. Was meint ihr mit der offline Auswertung? Geht doch einfach – Zettel und Stift. Oder habe ich was verpasst?

  3. Das ist in der Tat ein Einwand, der häufig kommt. Derzeit sehe ich nur nicht, dass irgendein Hersteller der Offline-Auswertung große Aufmerksamkeit schenkt. Ich halte das auch für bedauerlich.

  4. Mir fehlt vor allem die Möglichkeit, diese Daten offline auswerten zu können. Gerade die TOS von Polar lassen die Weitergabe an dritte zu. Die finnische Beteuerung, dass das nur anomysiert geschehe, geht eben aus den TOS nicht hervor.