Der allergrößte Laufschuh-Test von Welt! Drei paar Füße – ein paar Schuhe. Wie kommt der Cloudracer von On Running an?

Dieses eine mal in meinem Leben war ich schneller. Der Twitter-Sportsfreund @endurange aka Daniel bot via Tweet einen Laufschuh in der Größe an, die ich zufällig auch trage. Es war ein schnittiges Paar, das ich mir sonst allerdings nicht gegönnt hätte. Aber er hatte sie ein mal getragen, mochte sie doch nicht so recht, wollte sie für kleines Geld verkaufen und ich sagte in unter 15 Sekunden zu. @ulmerspatzz aka Sven hatte das Nachsehen mit einem Zieleinlauf nur wenige Minuten nach mir.

Aber so erfuhr ich, dass er ebenfalls die gleiche Größe wie Daniel und ich trägt. Drei Läufer – ein Schuh. Ich teste hier im Blog im Prinzip grundsätzlich nie Schuhe. Hier die beiden Ausnahmen: Mein Standardschuh (Brooks Pure Connect), weil ich ihn nun mal gut kenne und den Nachfolger (Saucony ISO Triumph) meines ersten Paares.

Nun kam der Anruf einer Agentur für den Hersteller On Running. Ein Schweizer Unternehmen, das zwar wie alle in Asien (hier ganz genau Vietnam) fertigen lässt, aber in der Schweiz entwickelt, ein neckisches Fähnchen am Schuh soll das signalisieren. Das eigentümliche an den Schuhen: Die Sohle besteht aus lauter kleinen „Polstern“ – Hohlkörpern, die einem das Gefühl vermitteln sollen, „auf Wolken zu laufen“ – On Clouds, eben. Ob ich den Schuh nicht auch mal probieren wolle. Und nun?

Meine Neugier gewann über meine Prinzipientreue. Da aber meine Gründe für die Verweigerung von Schuhtests im wesentlichen sind, dass jeder anders läuft und andere Füße hat, habe ich mich an @ulmerspatzz und @endurange erinnert und vorgeschlagen, dass wir alle drei ohne jede Absprache unsere Eindrücke zum ON Cloudracer zu Blog bringen. So gibt es wenigstens einen Eindruck von ganz unterschiedlichen Läufern. Sven ist sehr schnell. Und Daniel und ich laufen auch gern.

Das sagt @ulmerspatzz zum Cloudracer:

Sven, zeig' her deine Füße, zeig' her deine Schuh...

Sven, zeig‘ her deine Füße, zeig‘ her deine Schuh…

Ich laufe etwa drei- bis viertausend Kilometer im Jahr. Momentan in neun unterschiedlichen Schuhen. Die Marken sind Adidas, Brooks, New Balance, Salomon und Saucony. Ein gewisser Schuhverschleiß und damit einhergehend etwas „Erfahrung“ geht damit einher. Das Racer im Namen zeigt schon, dass dieser für Wettkämpfe und schnelle Trainings konzipiert wurde. Wie jeder neue Schuh, den ich in die Finger bekomme, musste auch der Cloudracer zunächst mal ab auf die Waage. In US12 wiegt ein Schuh 257 Gramm, ein guter Wert wie ich finde. Optisch gefällt mir der Schuh sehr gut.

Auffallend ist ganz klar die grüne Sohle mit ihren offenen Kammern, die sogenannten CloudTec Elemente. Diese sehen gewöhnungsbedürftig aus. Die dünne Mittelsohle und das sehr dünne Obermaterial des Schuhs waren bei dem Einsatzgebiet des Cloudracers zu erwarten. Ich lief im Cloudracer etwas über 40 Kilometer auf drei Laufeinheiten verteilt. Die Läufe bin ich in unterschiedlichen Tempobereichen gelaufen – 20km 4:30min/km – 11,5km 4:50min/km – 9km 4:20min/km wobei ich den letzten Lauf 6km gesteigert lief von 4:40-3:55min/km. Das erste Loslaufen in dem Schuh fühlte sich etwas ungewohnt an, was ich aber sehr schnell legte und bereits nach ein paar Metern fühlte sich der Schuh so an wie andere Schuhe dieser Kategorie: direkt mit wenig Dämpfung.

Der Cloudracer ist ein schmal geschnittener Schuh und ich hatte so meine Bedenken vor dem ersten Lauf, weil ich einen relativ breiten Fuß habe. Es gab aber keinerlei Probleme. Ganz im Gegenteil: Dieser engere Sitz ging mit einem sehr guten Halt im Schuh einher, was gerade bei höherem Tempo sehr wichtig und gut ist. Nach diesen 40 Kilometer komme ich zu dem Ergebnis, dass der Cloudracer definitiv für schnellere Trainings und Wettkämpfe gemacht wurde. Für langsamere Einheiten finde ich den Schuh zu direkt und zu wenig gedämpft auch wenn die CloudTec Elemente im ersten Moment einen Dämpfungseffekt spüren lassen.

Die CloudTec Elemente würden mich alleine nicht dazu veranlassen einen Schuh von ON zu kaufen. Zwar ist dies etwas Anderes und meinetwegen auch innovativ, aber ob ich dadurch tatsächlich einen Vorteil zu einem anderen Schuh eines anderen Herstellers habe, kann ich mir nicht wirklich vorstellen. Wie haltbar die Sohle, die Schnürsenkel und das dünne Obermaterial sind kann ich nicht abschätzen. Vor allem das Kammersystem könnte mit den Kilometern problematisch werden und reißen, weil der Abrieb bei schnellerem Tempo natürlich auch entsprechend höher ist. An sich wirkt der Schuh auf mich top verarbeitet.

Auf der Einlegesohle steht der Werbeslogan „I fly you to the finish line“ was ich ganz witzig finde, aber wie in jedem anderen Schuh auch muss man immer noch selbst laufen. Unterm Strich bleibt bei mir ein positiver Eindruck von einem leichten und direkten Schuh für schnelle Läufe. Den Cloudracer würde ich für Einheiten bis 25km vielleicht auch darüber hinaus einsetzen.

Das sagt @endurange zum Clouracer

Daniel, zeig' her deine Füße, zeig' her deine Schuh'... (Bitte das geschmackvolle Arrangement Ton in Ton beachten! B-Note: 6,0!)

Daniel, zeig‘ her deine Füße, zeig‘ her deine Schuh’… (Bitte das geschmackvolle Arrangement Ton in Ton beachten! B-Note: 6,0!)

Wer läuft eigentlich wen? Ehrlich, ich möchte einem Testschuh irgendwie auch gerecht werden. Wer testet einen Schuh, der das Wort „Racer“ im Namen hat, in dem nur locker gejoggt wird? Also ich nicht – da hätten wir das Problem. Der Cloudracer sieht schon in der Schachtel schnell aus und fühlt sich auch noch so (ergo leicht) an. Eigentlich dachte ich, dass es in der Hölle keine Wolken gibt, aber ich habe mich geirrt. Schwefelwolken gibt es dort sicher. Die Läuferhölle, in der Couchpotatoes einem mit dem Dreizack in die Seiten stechen und Laktat als Frühstückssmoothie serviert wird. Also ziehe ich diesen Turboschuh an, suche mir die schnellstmögliche Trainingseinheit aus dem Plan und nach einer Stunde möchte ich sterben. Aber nicht darüber nachdenken wie sich der Schuh jetzt lief. Das schicke ich vorweg. Diese Zeilen sind noch im Einfluss des Laktatüberschuss und Sauerstoffmangel entstanden. Zum Thema Tempo und Cloudracer … ja, kann er (ich nicht so)!

Obwohl der Schuh die kleinen Wölkchen unter der Sohle hat, läuft er sich nicht wirklich anders als Schuhe mit normalen Sohlenaufbau. Adäquate Dämpfung, relativ flacher Aufbau und damit sicherer Stand sind ein Plus. Was mir besonders gefallen hat, war die relativ breite Zehenbox, damit läuft es sich dynamischer. Im zweiten Versuch habe ich auch einfach mal das getan was ich kann. Also einfach so laufen. Dabei zeigt sich der Schuh auf Schotterwegen herrlich entspannt und ein Ausflug über den Waldboden war auch drin. So etwas ist mit einem typischen Wettkampfschuh für Distanzen bis zu 10 Kilometern eher nicht zu empfehlen.

Auch bergab auf Feldwegen geht i.O. und Asphalt kann er sowieso. Im Terrainwechsel zeigt der Schuh in meinen Augen auch, dass er kein 100%iger Racer ist. Dazu ist die Mittelsohle zu steif und Dämpfung ist auch ausreichend da. Damit hat mich der Cloudracer dann doch versöhnt. Er liegt irgendwo zwischen meinen Asics Gel-Lyte 33-2, die ich sehr viel laufe und dem Brooks PureConnect 2, nur ein bisschen anders.

Auf jeden Fall ist er alltagstauglicher als es scheint, vielleicht nicht für jeden Läufer, aber wer schon leichte Schuhe an den Füßen hatte, kommt damit sicher auch gut zurecht. Nur im Winter muss der Schuh bestimmt im Regal bleiben, denn das Obermaterial ist extrem dünn – da stelle ich mir auch die Frage, wie lange der Schuh da heil bleibt und vor allem, wie sich da wohl Sturzbäche in den Schuh ergießen, wenn es mal regnet.

 

Thorsten, zeig' her deine Füße, zeig' her deine Schuh'

Thorsten, zeig‘ her deine Füße, zeig‘ her deine Schuh‘

Das sage ich zum Cloudracer: Zwischen Menschen, heißt es oft, reichten die ersten Sekunden, um sich ein Urteil zu bilden. Und in diesem Falle ging es mir so mit dem Cloudracer. Er ist schlicht nix für mich und das merkte ich in der ersten Kurve. Da stellte sich am Fuß das Gefühl ein, das jeder kennt, der schon mal mit einem schlecht aufgepumpten Vorderrad Fahrrad gefahren ist: Es schwimmt. Genau das war mein Gefühl, ich laufe nicht auf Wolken, sondern auf Pudding. Unter mir eiert es und ich habe nicht die mir vom Pure Connect vertraute volle Kontrolle. Auch beim zügigen Laufen – diesseits der 4:30min/km dennoch… – hatte ich das Gefühl, dass er ein wenig nach links und rechts nachgibt. Ein Gefühl. Mehr nicht. Hätte ich ihn im Laden ausprobiert, hätte ich ihn deswegen nicht weiter in Betracht gezogen. Mein Test endet hier.

Fazit:

Drei Läufer, drei Meinungen, teils übereinstimmend, teils geradewegs widersprüchlich. So ist die Welt. Zumindest die der Laufschuhtests. Suchen Sie sich die aus, die Ihnen am besten gefällt und der Tester hat dann automatisch recht. Praktisch, oder?

Sie wollen sicher noch wissen, welchen Schuh ich dem Daniel abgekauft habe. Das bleibt das süße Geheimnis von Daniel, Sven und mir.

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Alle Kommentare [4]

  1. Das wären fast 4 Paar Füße geworden, aber On wollte mir keine Testschuhe schicken, als ich vor ein paar Wochen nachgefragt hatte…

    Genau DEN Schuh hätte ich nämlich auch gern mal ausprobiert.

  2. Ha! Typisch Lügenpresse – immer das Gegenteil schreiben und behaupten 😉 … die Frage ist ja nur, das Gegenteil wovon.

    Aber Spaß beiseite – auch als „Testläufer“ ist es sehr interessant, was denn jemand anders mit direktem Testauftrag so zu dem Schuh sagt. Ein wenig war ich ja auch überrascht, aber es hat sich schnell gelegt.
    Guckt man mal auf die Füße der Läufer bei Wettkämpfen sieht man dort Querbeet alles. Bei Trail-Läufen sah ich schon astreine Straßenschuhe und beim Asphaltwettkampf schon Trailschuhe, die schon an der Sohle verschleißen, wenn man sie nur neben eine geteerte Straße abstellt.

    Erlaubt ist was Spaß macht … und da erfreut und die Industrie zum Glück regelmässig mit neuem Stoff.