Roland Berger und Deloitte flirten wieder

Als Roland Berger 2010 die Fusion mit Deloitte in letzter Minute platzen ließ, war es für ihn eine Frage der Ehre. Die Beraterikone war misstrauisch geworden. Nach einem letzten Treffen mit den als arrogant verschrieenen Deloitte-Oberen aus den USA glaubte die deutsche Beraterlegende nicht mehr daran, dass sein Name und damit sein Lebenswerk wirklich den Zusammenschluss mit den Amerikanern überdauern würde. Dabei soll man sich angeblich schon damals auf „Roland Berger Deloitte Strategy Consultants“ als Arbeitstitel für die neue amerikanisch-deutsche Koproduktion geeinigt haben. Roland Berger spendierte am Ende einen zweistelligen Millionenbetrag aus seinem Privatvermögen. Das Geld sollte die Unabhängigkeit der nach ihm benannten Unternehmensberatung sichern. Auf eigene Faust wollte die Strategieberatung aus München den weiteren Ausbau ihres lückenhaften globalen Netzwerks vorantreiben.

Wirtschaftsprüfer munkelten damals jedoch bereits: „Die Bergers wollen lediglich den Preis hochtreiben“. Gänzlich vom Tisch sahen sie die Fusion nie.

Drei Jahre sind seither ins Land gegangen. Jetzt verhandeln die beiden Partner wieder. „Ein Zusammenschluss von Deloitte und Roland Berger macht nach wie vor Sinn“, urteilt Dietmar Fink, Professor für Unternehmensberatung an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg. Zumal für beide Häuser die Situation nicht gerade leichter, sondern eher schwieriger geworden ist. In Deutschland hinkt Deloitte den beiden Marktführern der Wirtschaftsprüferszene PwC und KPMG nicht nur im Prüf-, sondern auch im Beratungsgeschäft mittlerweile hinterher. Eine Spezialboutique nach der anderen verleibte sich vor allem KPMG in den letzten Monaten ein. Und Roland Berger Strategy Consultants hat von dem Geld, das dem Haus eine unabhängige Zukunft sichern sollte, schon weite Teile verfrühstückt. Viel Geld nahm die Strategieberatung aus München beispielsweise zuletzt in die Hand, um ihre Präsenz in Zürich und in Singapur zu stärken. Die Lücken vor allem in Nordamerika werden sich über rein organisches Wachstum aber nie und nimmer schließen lassen. Daran ändert auch kein Warten etwas. Ob Berger heute einen höheren Verkaufspreis als vor drei Jahren aushandeln können dürfte, steht deshalb in den Sternen.

Egal, wie eine Unternehmensberatung heute auch heißt: Die Kunden erwarten wahrhaft globale Beratung und tiefste Expertise auf allen möglichen Spezialgebieten zugleich. Diese Erwartungshaltung wird zukünftig allen Beratungshäusern die Fähigkeit abfordern, sich mit anderen zusammenzuraufen. Nur wer in der Lage ist, mit anderen zu kooperieren, wird Bestand haben. Das gilt für die großen wie auch für die kleinen Häuser „Die Beraterindustrie wird der Filmindustrie immer ähnlicher“, sagt Fiona Czerniawska vom britischen Marktforschungsinstitut Source for Consulting. Um alle möglichen Spezialthemen abdecken zu können, werden verschiedene Beratungshäuser und Einzelberater in Zukunft immer häufiger für bestimmte Projekte zusammenkommen und anschließend wieder jeder für sich seiner Wege gehen, wenn das Projekt abgeschlossen ist.

Deloitte und Roland Berger Stratgey Consultants könnten jedoch jetzt gemeinsam auf einen Schlag zur weltweiten Nummer zwei im Strategieberatungsgeschäft aufsteigen und sich direkt hinter dem Marktführer McKinsey platzieren. Zu leiden hätte darunter vermutlich am stärksten die Boston Consulting Group, die sich zuletzt in Deutschland verstärkt im Transformations- und Restrukturierungsgeschäft tummelte, um das allgemein schrumpfende Geschäft mit der Strategieberatung durch Großprojekte in der Organisations- und Prozessberatung wettzumachen. Ein Feld, im dem ein Gemeinschaftsunternehmen von Roland Berger Strategy Consultants und Deloitte bestens reüssieren könnte.

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