Staats-Hungerkünstler

Mehr Staat, mehr Regulierung und höhere Steuern – liegt darin die Zukunft? Schon jetzt explodieren die Kosten des Staatsversagens.

Man muss schon auf einem ‧eigenen Stern leben, weit weg von der Schwerkraft und materiellen Engpässen, um so ‧irre wie der Bundesvorsitzende des Beamtenbunds reden zu können: Vom „Sparen bis zur Handlungsunfähigkeit“ spricht ‧Peter Heesen, von der „Staats-Bulimie“ Deutschlands. Die Beamten-Lobby zwickt ihre Augen ganz fest davor zu, dass Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble im 3. Jahr der Hochkonjunktur mit 250 Milliarden Euro Steuern mehr Staatsknete ‧einnimmt als jeder seiner Amtsvorgänger – 2008 waren es nur 239 Milliarden. Und immer noch reicht es nicht: Bis zu 35 Milliarden Euro neue Schulden will Schäuble aufnehmen. Ein magersüchtiger Etat sieht anders aus. Jetzt will Hungerkünstler ‧Heesen beim Schuldenabbau helfen. Aber statt den eigenen Gürtel enger zu schnallen, fummelt der Beamtenboss doch nur an den Gürteln der anderen herum, um mit den dort eingesparten Geldern den ‧eigenen Wanst zu mästen: Die Verdoppelung des Weihnachtsgeld reicht noch nicht, bis zu sieben Prozent Zuwachs bei Gehältern und Pensionen müssen schon sein – das ist wohl die richtige Diät, um in Zeiten der Spar-Bulimie nicht gänzlich vom Fleisch zu fallen, und selbstverständlich soll dafür dann die Staatsverschuldung so richtig erhöht werden. Und dabei kommt das ganz große Fressen erst noch: Weil in den kommenden Jahren ein ergrauendes Massenheer der Beamten in Pension verabschiedet wird, kommen auf den Bund und die Länder in den nächsten absehbaren Jahren Kosten von knapp 1,4 Billionen Euro zu.

Diese Geschichte muss man so ausführlich erzählen, weil seit der Finanzkrise viel von der Irrationalität der Märkte, dem Versagen der Wirtschaft und dem klugen, langfristigen Denken des Staates die Rede ist. Nichts davon ist wahr. Das Pensions-Schlamassel ist eine angekündigte Katastrophe. Die Zahlen wurden schon 1985 von der Verwaltungswissenschaftlerin ‧Gisela Färber errechnet – und erst jetzt dämmert dem Beamtenboss: Auch die Pensionen sind nicht mehr sicher, einfach weil längst kahlgefressen ist, worauf die Wiederkäuer abgedroschener Anspruchs- parolen so gemütlich grasen wollten.

Anderes Beispiel? Allen Warnungen zum Trotz wurde die Subventionierung für die Solarindustrie immer weiter ausgedehnt – in diesem Jahr werden 14 Milliarden Euro für mickrige drei Prozent Anteil an der Stromversorgung fällig. Weil die Förderung auf die Dauer von 20 Jahren garantiert ist, wird sie bis zum bitteren Ende 300 Milliarden verschlingen. Vermutlich wäre der Energieertrag höher, würde man die Milliarden in Form von Fünf-Euro-Scheinen im nächsten Müllkraftwerk verbrennen. Für Bundesumweltminister Norbert Röttgen ist das trotzdem ein Riesenerfolg, so toll, dass er den eigentlichen Erfinder Jürgen Trittin gerne vergessen machen will: Der Wahn soll nur einen Vater haben.

Nun muss das schöne Geld, das da verbrannt wird, ja irgendwo herkommen. Die Wirtschaft läuft nicht schlecht. Schade nur, dass von den prognostizierten Lohn- und Gehaltssteigerungen von immerhin 2,6 Prozent in diesem Jahr buchstäblich nichts bei den Beschäftigten ankommen wird: Die Gesamtbelastung mit Steuern und Abgaben wird ziemlich genau um diesen Prozentsatz steigen, zeigen Berechnungen der WirtschaftsWoche und des Steuerzahlerbundes. Berücksichtigt man noch die Inflation von zwei oder vielleicht sogar drei Prozent, wird deutlich: Am Ende des Jahres werden alle ärmer sein. Erst 2013 und 2014 will der Bund sechs Milliarden Steuern zurückgeben, die ihm rein inflationsbedingt zufließen – und das dann alle zwei Jahre überprüfen, unverbindlich natürlich. Bislang haben sich die Deutschen in ihr Schicksal ergeben, das sie als Melkkühe für die Beutemacher der Subventionspolitik und Lastesel für die Staatsdiener sieht. Der Schuldenabbau ist ihnen wichtiger als Steuersenkungen. Dagegen ist ja auch nichts einzuwenden – käme es denn tatsächlich zum Schuldenabbau.

Aber der ist so weit weg wie der Tag, an dem der Beamtenpräsident den Gürtel ‧enger schnallt. Den eigenen.

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Alle Kommentare [207]

  1. Was das „flüchten“ betrifft: generationsübergreifendes Flüchten geht dann wohl von Kölsch nach Weisswurst und von Weissbier nach Äppelwoi.
    Mhm, …der Durst treibt’s rein;-)
    Was machen deine Immobilieninvestments, stierig Getriebener, wennst on meinem Sollzins die Infla-Ration obbi ziggst, krieg i zur Miete noch was raus…a kind of magic.

  2. Lieber Karel,

    es ist ein gewisser Widerspruch im politischen Denken zu erkennen, wenn man a. versucht die Steuerbasis zu maximieren, b. dazu das Bankgeheimnis schleift, c. die Bankster beshimpft aber d. nicht mal die eigenen Konntoauszüge und Spesenabrechnungen offenlegt.

    Ich habe das noch gelernt verschwiegen bezüglich der „Geschäfte“, der „Kunden“ und der „Arbeitgeber“ wie ein Grab zu sein, solange es sich um etwas nicht Negatives handelt, aber was ich soalles höre … für die Auszubildenden heute und ihren Berufsethos kann ich aber nicht garantieren. Wer weiß, was die alles im Internet offenbaren?

    Sicher ist gar nichts, auch die Rente nicht. Notfalls ziehen wir um und nehmen Oma und Opa mit. 😉

    So, dann mal Tageschau und dann Bildunngsfernsehen auf dem europäischen Sender arte, The Godfather, Lektion drei kommt wieder. War da nochmal etwas von der Liga-Bank dabei? Ach, so unter vier Augen, auch Vikare … sind sehr verschwiegen oder reden immer an allen „Themen“ viel sagend vorbei. 🙂

  3. Aktuelles aus SPIEGEL 8/1983…..

    Nicht anders die Ehemaligen. SPD-Kanzlerkandidat Hans-Jochen Vogel versprach diesen Monat in einem Brief den deutschen Rentnern: „Wir werden die Rentenfinanzen solide ordnen, und die Renten werden sicher sein.“

    Doch die Renten sind, entgegen allen Politiker-Beschwichtigungen, nicht mehr sicher. Jene Arbeiter und Angestellten, deren Arbeitgeber heute jeden Monat Hunderte von Mark auf die Konten der Versicherungsanstalten überweisen, können mitnichten davon ausgehen, daß sie einmal ähnlich bedacht werden wie die jetzt lebenden Rentner. Wieviel sie einmal an Alterseinkommen zu erwarten haben, weiß heute niemand.

    http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-14022533.html

    Der Bund der Steuerzahler in Wiesbaden hat diesen Aspekt der deutschen Rentenwirklichkeit an einem Beispiel dargestellt, das keineswegs besonders weltfern ist.
    Von einem Bruttoeinkommen in Höhe von 4590 Mark bleiben einem Staatsangestellten in der Vergütungsgruppe BAT IIa 3107 Mark netto. Tritt er in den Ruhestand, so erhält er 3229 Mark, über 100 Prozent des letzten Nettoeinkommens.

    Doch nicht sozialpolitische Vernunft, sondern der Zufall sorgt in Deutschland für die Qualität der Existenzsicherung. Die Witwe bekommt 40 Prozent des früheren Nettoeinkommens ihres Mannes, der Kranke über die Lohnfortzahlung 100 Prozent. Bei lang anhaltender Arbeitslosigkeit gibt es 58 Prozent, der Rentner aus dem öffentlichen Dienst erhält 110 Prozent. Warum das so ist, kann niemand rational begründen. Es ist halt so.

    @ Pampa,
    Auch ein Kanzlerkandidat Vogel versprach „sichere Renten“….
    und dies, nachdem volle Rentenkassen buchstäblich „geplündert wurden“.
    Brandts Rentenexperten errechneten mal 238 Mrd. DM Reserven bis 1983. Lt. BfA.

    Ein Bild aus der Zeit vor Blüm.
    Übrigens, diesen Spiegel-Artikel von damals habe ich mir aufgehoben. Bis heute.

  4. Na unsere beiden West-Ost-Flüchtlinge trauen sich ja auch wieder aus der Höhle. Auf dem ersten alt-deutschen Staatsfernsehen sah ich gerade Biathlon. Interessante Motivations-Methoden des gesamtdeutschen Trainers auf Boarisch: „Auf geht’s, der Russ is hinter Dia und hoat a Gwär dabei!!!“

    Die Rente ist sicher. (Norbert Blüm) … und sowohl Renten- wie Pensionsverpflichtungen werden vorsichtshalber nicht bilanziert? Was seine Kinder dazu wohl einmal sagen werden?

  5. Heute Abend kommt übrigens „The Godfather“, Lektion drei auf arte. Je älter ich werde, umso milder sehe ich das. Schade, dass der Consigliere schlechter besetzt wurde und Copalla offenbar etwas nahgelassen hat. Aber er hat es mild at heart immerhin versucht, Respekt! 😉