Ist es das wert? Ein Ja zu allem. Aufgabe, Erholung, Spaß. Der Röntgenlauf 2018

“How bad do you want it?” – das ist der Titel eines Buches über Ausdauersport, das ich gerade zu Ende gelesen habe und dem ich mich noch in einem gesonderten Beitrag widmen werde. Am letzten Sonntag im Oktober gab es dennoch schon mal Gelegenheit, eine weitere Frage aus dem letzten Kapitel des Buches zu beantworten. Sie lautete: „Is it worth it?“

Was ist es also wert, erneut ins Ziel des Ultramarathons Röntgenlauf in Remscheid zu laufen? Grundsätzlich bin ich über die Jahre zu der Ansicht gekommen, dass ein Abbruch eines Rennens keine gute Idee ist – DNF is no option. Ich hatte dazu auch ein Interview mit Michael Raelert geführt.

Allein – manchmal ist die Lage komplexer. Als ich nun mehr als fünf Stunden über die Matte bei 42,2 Kilometer in dem leeren Freibad lief, nahm ich nicht die weiteren 21,1 Kilometer in Angriff, sondern die Medaille an und den Shuttlebus ins Ziel. Jens war auch dabei, er hatte auch keine Lust mehr.

Ist das nun schlimm? Dieses Mal sage ich: Überhaupt nicht. Ja, schon, irgendwie ist das vom Veranstalter ausdrücklich vorgesehene Aussteigen bei 42,2 Kilometern und damit Teilnahme in der Marathonwertung dennoch eine Aufgabe. Denn ich wollte ja durchlaufen.

In der Reihe der albernen Ideen in meinem Sportlerleben wollte ich schauen, ob ich nicht doch 63,3 Kilometer durchlaufen kann, wenn ich fast drei Monate in Summe diese Distanz nicht gelaufen bin, sprich im Grunde nicht trainiert bin. Das würde viele Schmerzen bedeuten, schrieb mir @geordi2504 auf twitter – und wie recht er behalten sollte, trotz des früheren Zieleinlaufs.

Das vorweg: Das geht sicher irgendwie, schön ist aber anders. Und vielleicht hätte ich es auch noch irgendwie durchgebracht, denn der Tag war schön, die Stimmung gut und ich wahrlich nicht allein in meinem Leid. Nur – angesichts der zahlreichen An- und vor allem ABstiege (Muskelkater galore noch heute) war der Tag schon recht fortgeschritten. Vier Stunden waren wir unterwegs aber erst 34 Kilometer weit gekommen. Das bedeutet: Es wären sicher noch mal vier Stunden geworden für die restlichen 30 Kilometer. Man wird ja jetzt auch nicht unbedingt schneller hinten raus. Dann wäre ich zwar noch mit etwas Abstand zum Zielschluss um 16:30 mehr ins Ziel gewankt als gerannt, aber immerhin: Da.

Dem stand gegenüber, dass ich aufgrund einer Verkettung von Unachtsamkeiten Konzertkarten im rund einer Stunde entfernten Dortmund für 18:00 hatte. Das wäre dann alles etwas hektisch geworden. Is it worth it? Nein. Warum nicht? Weil ich den Röntgenlauf 2018 zu einem Zeitpunkt gemeldet habe, als ich nicht ahnte, was 2018 bringt. Den Norseman, der dieses Jahr alle meine Aufmerksamkeit und Energie bekam. Danach war für mich das Jahr zu Ende sportlich. Die Wochenenden darauf widmete ich mit Freude schönen Unternehmungen, der Familie und Freunden, dem hemmungslosen spontanen Entscheiden, was man mit dem Traumwetter anfängt. Bewegung ohne Anforderung.

Und das war sehr viel wert. Man kann das Saisonpause nennen, ich nenne es Prioritäten setzen und die liegen eben nicht allein im Sport, sondern in sicher größerem Umfang auch bei meiner Familie. Wir hatten also Spaß. Ohne Sport, geht auch, beherrsche ich. Meine allgemeine Form habe ich mit viel Radfahren zur Arbeit in Schwung gehalten, bald mehr als in der unmittelbaren Norseman-Vorbereitung. „Is it worth it“? Nein, das Ziel Sportzentrum Hackenberg wäre es nicht wert gewesen, die Radtour an der Mosel, das Wochenende in Leiden, die Ausflüge nach Bonn und Remagen zu streichen oder abzukürzen.

Wären all diese Freizeitaktiväten es wiederum wert gewesen, erst gar nicht zu starten? Ganz sicher nicht. Jeder nach seinem Geschmack, ich bin für eine absurde Aktion, einen aussichtlosen Versuch immer zu haben. Und so ganz erfolglos war der Röntgenlauf dann auch nicht – es war mein erster Marathon im Jahr 2018. Das fiel mir später auf, so wie mir später auffiel, dass ich sowieso vergessen hatte, den Champion-Chip morgens einzupacken. Es gibt also eh keine Zeitmessung meines Laufs. Egal.

Der Tag war es wert. Aber ich wollte nichts anderes als ein wenig Vergnügen, das ich mit Schmerzen abbezahle. Bin ich kommendes Jahr wieder dabei? Aber sowas von!

 

 

Kommentar schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Alle Kommentare [3]

  1. Hallo Thorsten, danke für deine Geschichte. Finde es auch überhaupt nicht schlimm – ist ist großartig, dabei gewesen zu sein und grundsätzlich auch, seinen Körper immer wieder vor Herausforderungen zu stellen.

    Beste Grüße,
    Christoph