„Das ist doch ein Klacks für dich!“ – Eroica Germania – eine ziemlich harte Nuss

Es ist ganz schön, dass einen Freunde, Bekannte und Verwandte für leidlich fit und sportlich halten. Geht runter wie ein alkoholfreies Bier im Zielbereich. Bisweilen scheinen einige jedoch anzunehmen, ich hätte einen Motor statt Muskeln in den Beinen.

„Gibt es mehrere Nonnenbergs im Rheingau?“ fragte ich jüngst einen Weinprofi. Nonnenberg, das ist eine der bekannteren Weinlagen im Rheingau. Oben steht eine klassizistische Villa mit der Bezeichnung drauf. Ja, es gäbe nur einen, wurde mir bestätigt und ich sagte, dass das ganz schön hart sei, da hoch zu kommen mit dem Fahrrad. „Doch nicht für dich!“. Doch für mich.

Den Nonnenberg – als ersten Anstieg mit luschigen 186 Höhenmeter Anstieg – verfluchte ich zeitig bei der ersten Auflage der Eroica Germania. Ich saß auf einem Stahlrahmen-Rennrad aus der Ära vor 1987 – mit Bremszügen, die aus den Griffen gucken und Schalthebeln am Rahmen. Das sind die wichtigsten Kennzeichen von Fahrrädern, die an einem der inzwischen 10 Eroica-Rennen von Japan bis Kalifornien teilnehmen dürfen.

Ihr Gründer Giancarlo Brocci war angereist und nahm mit einer freudig parlierenden Schar italienischer Freunde die Strecke von 70 Kilometer gut eine Stunde vor mir in Angriff. Überholt habe ich ihn nicht mehr.

Eroica – das ist nicht Rausch der Geschwindigkeit und Festival of Speed, sondern Zelebrierung der Zeit und Labung an Landschaft. Die Mutter dieser Rennen in der Toskana hat seit 1997 Töchter bekommen, die jüngste nun im Rheingau. Schön und hart.

Morgens hatte ich noch voller Tatendrang auf die große Runde geschielt. An dem Punkt, an dem ich mit meinem Mitfahrer Bregan entscheiden musste, ob wir die kurze oder lange Variante nehmen, war ich hinreichend bedient. Es ist eine Sache, auf einem modernen Rennrad auf Asphalt in richtigen Sportklamotten einen Saisonhöhepunkt zu fahren und etwas anderes auf einem mindestens 31 Jahre alten Rennrad mit einem Bruchteil der Übersetzungen in Wollklamotten über Schotterpisten zu rumpeln – die gut 300 Teilnehmer haben da ordentlich was geleistet.

Und ich wünschte, ich könnte sagen, dass die Anstiege härter waren – mehr ins Hemd gemacht, habe ich mir auf den Abfahrten durch den Wald. Denn auch die Bremsen waren damals nicht die, die sie heute sind. Ich kenne das von der Eroica Britannia – eines meiner schönsten Raderlebnisse meines Lebens.

Und für internationale Gäste kann die deutsche Variante das auch sein – für mich ist natürlich eine unbekannte Gegen spanndender – den Rheingau kenne ich dank vieler Termine dort recht gut.

Also – fast recht gut. Die absurden Wege, die man dort weitgehend ungestört durch den Wald und auch auf einer verschlungenen Landstraße nehmen kann, waren mir weitgehend unbekannt. Die Strecke verließ rasch die weintypischen Hügel und schlängelte sich durch die Natur hoch über den Rhein – fantastische Ausblicke inklusive.

Entsprechend inszeniert waren auch die zwei Verpflegungsstopps, die ganz Eroica, eher Buffets ähneln als Sportlerversorgung, wenngleich man da in Italien sicher noch herzhafter versorgt wird. So war es zunächst Obst und Streuselkuchen, am Nachmittag gerne auch ein Glas Riesling zu den Brötchen.

Und immer wieder Anstiege – durch den Wald, teils über dicke Steine. Drei Schläuche haben Bregan und ich verbraucht – Eroica strapaziert Mensch und Material. 1179 Höhenmeter habe ich laut meiner Sportuhr zurückgelegt – auf 71 Kilometern. Das ist vom Grundsatz ein Verhältnis wie der Norseman. Und ja, den habe ich geschafft. Die Eroica hingegen mich. Eine Gaudi war es dennoch.

 

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