Test vorm Fest – Geschenketipps vom Schweinehund der Nokia Activity Tracker Steel HR

Es gab eine Zeit, da gab es nur eine Richtung: Größer, größer, Panerai. Seit bald 20 Jahren wuchsen die Ausmaße von Armbanduhren für Männer, bis sie bald die Durchmesser von Coladosen hatten (Naja, fast).

Die Nokia im Bild – vorm Fest im weihnachtlichen Rot.

Ästhetisch setzten sich mit Marken wie Officine Panerai und Hublot die gewaltigen Gehäuse durch. Das wurde befördert von Schauspielern, die mit den bisweilen martialisch anmutenden Uhren halfen, rasch eine Fangemeinde dafür aufzubauen. Träger von ausgewachsenen Sportuhren können sich mit diesen Größen anfreunden, auch diese sind dank der Technik recht gewaltig. Es war halt einfach die Zeit.

Die Herrenuhren der Vergangenheit, die mir persönlich noch immer gut gefallen und gut stehen, mutierten zur Damenuhr der Jetztzeit. Ein Gehäuse mit gerade mal 36 Millimeter Durchmesser ist noch immer kaum an den Mann und auch gar nicht so selbstverständlich an die Frau zu bringen.

In der Fertigung mechanischer Uhren aber galt die Arbeit an immer kleineren Uhrenwerken aber einst als großes Ziel. Besonders klein, gleich besonders teuer, so in etwa. Die geringe Größe war nicht nur bequemer, sondern auch durchaus Ausdruck der Fähigkeit des Herstellers, die gleich Leistung immer kleiner zu bekommen Geblieben ist gerade noch mal der Versuch, Uhrwerke immer flacher zu machen.). Das kleine Gehäuse ist Vergangenheit – bis diese Mode wiederkommt. Dauert aber noch.

Die kleine Uhr als vorherrschendes Ideal ist also Vergangenheit wie Nokias Erfolge als Mobiltelefonhersteller. Weggewischt in der Wirtschaftsgeschichte. In der Rückschau ein kurzes Aufblühen einer Marke, die in ihrem Segment unangreifbar schien und dann dort rasch verschied. Die Grundigs, Telefunkens oder Nordmendes dieser Welt kennen das Schicksal – wenngleich in deutlich langsameren Abläufen.

36 Millimeter also. Das ist der Durchmesser der neuen Heart Rate & Activity Watch Steel HR (ca. 190 Euro) von Nokia. Der Konzern hat das Unternehmen Withings übernommen, das seit langem Activity Tracker im traditionellen Gewand einer analogen Uhr mit Zeigern hergestellt hat.

Sie ist mithin – für meinen Geschmack in der Ausführung mit schwarzem Zifferblatt eh – eine der elegantesten Modelle, um die Herzfrequenz aufzeichnen zu lassen, den Schlaf mit seinen Zyklen festzuhalten, die Schritte zu zählen und in dem kleinen Display bei 12 Uhr Smart Notifications zu empfangen.

Ästhetisch lehnt sie sich, wie die erfolgreichen Marken in diesem Genre, Nomos Glashütte und Junghans, oder auch die nordischen Designer von Jacob Jensen an das extrem schlichte Ideal des Bauhaus an. Dieser Activity Tracker ist schön. Einfach so. Ob als Uhr, als Tracker oder sonstwas. Was man nun wirklich nicht von allen behaupten kann.

Satte 25 Tage soll der Akku halten – eine mechanische Uhr dieser Größe hat meist eher nur 40 Stunden und etwas mehr Gangreserve. Auch wenn sie nicht besonders flach ist – das fällt dank des gewölbten Bodens, der sich in die Haut schmiegt nicht so auf, wenn der Träger sie am Arm hat. Beim Verfassen des Textes steht der Akku bei 64% – und ich finde das Ladegerät nicht, bin deswegen aber auch noch nicht nervös. Ich suche es schon ein paar Tage.

Wer sich jemals mit dem Gedanken getragen hat, einen Activity Tracker zu kaufen aber vor der meist technisch anmutenden Optik zurückgeschreckt ist – hier ist eine der Alternativen.

Und im Prinzip kann sie vieles, was der Mensch, der sich ein wenig mit Daten begleiten will, vernünftigerweise braucht. Sei es die Info, ob der Schlaf unruhig war oder der Puls bemerkenswert hoch. Die dazu nötige App liefert diese Infos, verteilt Fleiß-Badges (Ich habe am 3.12. das Loch Ness-Badge bekommen, das ist der Umfang von 100km, den ich wohl insgesamt mit der Nokia zurückgelegt habe).

Das ist im Prinzip die alte App, die schon bei Withings den Nutzer informierte. Es gab beim Übergang auch für Besitzer einer Withings Probleme. Auch sei die App nicht mehr kompatibel mit Apple Health. Grundsätzlich prüfe ich meine Uhren immer nur in ihrer nativen App.

Wie exakt die Schlaf-Daten nun sind, die die Uhr erfasst, kann ich nicht schlussendlich beurteilen. Es kann auch die Uhr am anderen Arm gewesen sein, die die Tiefschlafphasen falsch misst. Die Ergebnisse liegen allerdings eine Stunde auseinander.

Wesentlich näher lagen sie bei dem von der Nokia auf Basis meiner Laufbewegung geschätzten Distanz und der tatsächlichen, die ich per GPS mitgemessen habe. Kompetitive Menschen können sich in der App zu einem Schrittwettbewerb anmelden oder ein Schlaf-Programm absolvieren. Mir persönlich reicht die Info über Dauer und Tiefschlafphasen – und eh das Gefühl am Morgen. Den „Social Jetlag“ berechnen lassen – na, ich brauch’s nicht.

Ebenso wenig Blutdruckmessgerät oder Waage – beides lässt sich wie schon bei Withings oder anderen Anbietern noch mit der App kombinieren, für ein umfassenderes Bild.

Was ich aber gut finde: Dass die Uhr klein ist. Wie meine privaten mechanischen Uhren. Sie trägt sich dank Form und Größe fast kaum spürbar, im Gegensatz zu anderen Modellen. Und wenn es einen tieferen Sinn für diese Art von Datenaufzeichnung gibt, dann den, es kontinuierlich zu tun. Eine Uhr, die man abends ablegt, weil sie am Arm stört – sinnlos. Das weiche Armband trägt seinen Teil ebenso dazu bei.

 

 

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