Die Top Ten der Musik zum Laufen

Das vorweg – ich werde mit Sicherheit nicht offenbaren, welche  Musik ich höre, wenn ich laufe. Bis auf wenige Ausnahmen bleibt meine Playlist für die Laufeinheiten ein Geheimnis.

Und zwar: Weil sie entdeckt wurde. „Ich wusste gar nicht, dass du sowas hörst.“

Bulls Eye.

Wenn Sie denken, Sie würden viel über mich erfahren, wenn Sie mein Emailkonto hacken würden, sage ich Ihnen, dass das nichts ist im Vergleich zu den Rückschlüssen, die Sie aus meiner wohlgehüteten Playlist fürs Laufen über mich ziehen könnten. Ich höre es, aber was es ist, geht niemanden etwas an. Das möchte wohl niemand, dass durch ein kleines Missgeschick jemand Kenntnis erhält und leicht mokierend und kichernd diese Auswahl bewertet. Im obigen Zitat müssen Sie sich das „sowas“ als leicht gedehnt und mit hochgezogener Augenbraue vorstellen.

Zeige mir deine Plattensammlung und ich sage dir, wer du bist. Das ist im Grundsatz Unfug, aber leider nicht völlig aus der Luft gegriffen. Musik kann ein Spiegel unserer Seele sein und ausgerechnet beim Laufen wähle ich anders aus als in Bus & Bahn, auf langen Autofahrten und vor allem daheim im Wohnzimmer.

Das hat mehrere Gründe. Der pragmatische: Während des Laufens möchte ich nicht am Gerät rumdaddeln müssen. Sprich: Ich schalte an und für mindestens 50 Minuten spielt das Album, der eine Song auf Dauerrepeat oder die Mischung, die ich dann ausgewählt habe. Mehr als Lautstärke möchte ich unterwegs nicht einstellen müssen.

Der mentale: In der Regel ist das Musik, die mich auf jeden Fall begeistert, bewegt, berührt. Musik, der ich nach langer Zeit nie überdrüssig werde, die ich nie „überhören“ kann. Unterwegs mache ich keine Experimente. Ein neues Album eines Künstlers, den ich kenne? Vielleicht gerade noch. Aber sicher nicht ein Album eines Künstlers oder einer Band, die mir gar nichts sagt. Das heißt auch – ich greife teils auf Musik zurück, die mich seit langen Jahren schon begleitet. Sie können natürlich auch einfach Jugendsünden und Oldies sagen. Aber Musik prägt, oder man selber prägt Musik. Bestimmt Erlebnisse im Leben verknüpfe ich immer wieder mit der Musik, die ich zu dem Zeitpunkt gehört habe. Es sind Stücke dabei, die wie die Rückkehr in die Heimatstadt sind. Man ist in ihnen einfach zu Hause. Mir wäre es lieber, ich wäre in den 60ern musikalisch geprägt worden, es sind nun mal aber leider die 80er. Jede Generation hat ihre eigene Bürde.

Dass mich Musik beim Sport aber eher tragen als fordern soll, ist wiederum ist recht einfach erklärt. Laufen – anders als zum Beispiel als Radfahren, wo der Verkehr den Gutteil meiner Aufmerksamkeit frisst – ist für mich auch mentale Entspannung, zumindest ist es das die meiste Zeit für mich. Soll es auf jeden Fall sein. Da kann ich Musik, die meine dann jeweils vorherrschende Stimmung nicht so recht trifft, nicht gebrauchen. Also suche ich sehr bewusst ein Album oder eine Mischung und in seltenen Fällen sogar ein einziges Stück Musik aus, das mich dann die gesamte Zeit begleitet.

Die Musik darf und kann dann auch mal aggressiv und rhythmisch dominant sein, gerade bei Tempodauerläufen und vor allem dem gehassten Intervalltraining schadet es nicht, wenn die Musik ordentlich Dampf hat. Das ist – man ahnt es – selten klassische Musik, kann aber zwischen Rock und Jazz schwanken. Dann wieder gibt es Entspannungsläufe, die ruhigere Musik vertragen, gar welche, deren Metrum so gar nicht zu meinem Laufrhythmus passen will. Üblicherweise laufe ich mit gut 170-190 Schritten pro Minute, und die Musik sollte zumindest im Groben damit zu vereinen sein. Anfangs hatte ich enorme Probleme, außerhalb des Metrums des Stücks zu laufen, sei es auf Viertel- oder Achtelnoten. Dank des langjährigen Hobbys Posaune in einer Big Band zu spielen, kann ich in Ausnahmefällen auch jeden dritten Schlag als Fußaufsetzen nutzen und nicht nur die üblichen Schläge 1 und 3 im Viervierteltakt. Bin ich sehr beschwingt, gingen notfalls auch Triolen. Walzer laufen quasi.

Eine Reihe von Läufern lehnt Musik beim Sport ab und dafür gibt es gute Gründe. Wer viel in der freien Natur unterwegs ist – und diese Atmosphäre nicht durch Autolärm beeinträchtigt wird – kann einerseits sich verbundener fühlen mit der Umgebung. Wer viel im Stadtverkehr läuft, möchte vielleicht nicht auf seinen Hörsinn verzichten.

Playlist 4

Meine Strecken sind in den wesentlichen Passagen diesbezüglich weder Fisch noch Fleisch. Und ich liebe Musik. Und ich kann sie so laut hören, wie ich möchte. Einziges Manko: Ich kann nicht mitsingen. Und jeder werfe den ersten MP3-Player, der das nicht mehr oder minder heimlich hin und wieder tut.

Dennoch möchte ich statt der im Titel angekündigten 10 immerhin drei (naja, vier) Tracks verraten, die ich als „Werkzeug“ beim Laufen einsetze. In den Bildern wiederum sind Playlists von befreundeten Läufern, die mir netterweise ihre Auswahl mitgeteilt haben. Und ich verrate nicht, wer was hört.

Hier meine kleine Auswahl.

– „Born to run“ Bruce Springsteen vom Live-Album 1975-85. Logo. Geht zwar um „Abhauen“ und das auch noch mit dem Auto, aber bitte, dann überhört man halt die Textpassagen mit dem Auto. Und um eine Flucht handelt es sich bei manchem Lauf durchaus. Geht auch auf Dauerrepeat – zumindest bei Läufen unter einer Stunde.

– „The Epic“ Pat Metheny Group von American Garage. Ein 12minütiges Breitbandstück, das sich dank Tempiwechsel und insgesamt eher leichtfüßiger Rhythmik kaum zum Diktat des Lauftempo eignet. Aber der Titel „The Epic“ ist sehr treffend. Es wird am Ende ziemlich dramatisch, was ein Spannungsaufbau ist, das weiß Metheny, der das Stück zum Ende in Breitbandformat ausufern lässt. Gleiches gilt auch für das Stück „The awakening“ von dem Album „Imaginary Day“. Wozu ist das gut? Emotionales Aufladen, zum Visualisieren vom Großartigkeitsgefühl, wenn ein lang angestrebtes Laufprojekt aufgeht. Oder einfach zu Naturerlebnissen.

– „Waterfalls“ von TLC. Eigentlich wirklich ein schieres Metronom, das mit tiefem Bass ein wenig unterhält. Wer es schafft, gegen diesen Beat anzulaufen ist mit Seelenruhe eines Mönchs gesegnet oder wirklich ernsthaft unrhythmisch. Nicht ganz schnell genug der Beat für 180 Schritte pro Minute, aber doch nah dran. Klar, die Viertel sind eher 85bpm – auf Achtel laufen, versteht sich von selbst.

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Alle Kommentare [2]

  1. @Chris Ich hätte spätestens nach „Weiße Rosen…“ die Kopfhörer aus den Ohren gerissen. Hahaha, was ein Ding. :-))))

  2. Ich drehe die Logik für mich um. Ich höre entspannende Musik bei Tempoläufen und gerne aggresive bei ruhigem Dahingleiten.
    Wenn ich am Ende meiner Leistungsfähigkeit befinde, nervt mich anstrengende Musik nur. Für meinen ersten Marathon konnte man für Geld Lieder meiner Playlist kaufen. Bis km35 habe ich allen Mist wie „Weiße Rosen aus Athen“, „Weil ich ein Mädchen bin“ oder „Guten Morgen, liebe Sorgen“ durchgehalten, aber beim „Crazy Frog“ musste ich Skip drücken.
    Fast jedes Lied aus diesem Lauf ist seitdem fest mit dem ersten Marathon verbunden. Schade, dass es keine selbstgewählte waren.

    Meine sonstigen Favoriten: Phillip Boa – Kill your Ideals (mehrmaliges Intervalltraining in 5 Minuten), Bruce Springsteen/Tom Morello – Ghost of Tom Joad, Insomnium – One for Sorrow (ganzes Album, geniale Gitarrenwände und Melodiebögen, auf denen man ins Tageslicht oser in die Nacht gleiten kann). Omina (alles, haha) – (keltische Musik mit Harfen & Flöten, meine Intervallmusik)