Der Geburtstag, turi2, der Wunsch, das Geschenk und die Thomasse. Und wie weit kann man Einkäufe tragen? 42,195 Kilometer?

Achtung, was Sie in der Öffentlichkeit sagen. Ihre Wünsche könnten in Erfüllung gehen.

Achtung, was Sie in der Öffentlichkeit sagen. Ihre Wünsche könnten in Erfüllung gehen.

Der ehemalige Handelsblatt-Kollege Thomas Knüwer ist seit einigen Jahren mit seiner Unternehmensberatung selbstständig, großer Freund guten Essens, in meinen Augen austherapierter Eishockey- und Fußballfan (DEG, #nurderHSV und Preußen Münster) und immer gut, wenn es darum geht, zu einem Medienthema mal ordentlich rumzuschimpfen. Heute heißt das Rant, macht die Sache aber nicht freundlicher für die beschimpften Objekte seiner Betrachtung. Ich leide oft. Der von allen Journalisten sehr sehr hoch geschätzte Mediendienst turi2 (ich schreib das so, damit die nett zu mir sind) hatte sich ein neues Format überlegt. „Wir graturilieren“. Wortspiel. Hahaha. Dafür haben sie sich den kantigen Thomas K., den ich nicht nur als Kollegen, sondern vor allem als Lauffreund kenne und schätze, ausgesucht und gefragt, was er sich denn so wünsche fürs kommende Lebensjahr. Weltmeistertitel für Preußen Münster (oder so ähnlich) und eine Marathon-Zeit „nahe der 4:30“. Screenshot anbei.

Hase 1 hat Zeit für Schnappschüsse, Hase 2 schleppt seine Tüte, Geburtstags-Marathoner feiert.

Hase 1 hat Zeit für Schnappschüsse, Hase 2 schleppt seine Tüte, Geburtstags-Marathoner feiert.

Was schenkt man denn dem Thomas, der im Prinzip alles hat oder mit der rosa Preußen-Münster-Fan-Card sich alles kaufen kann, was er sich wünscht?

Eine Zeit. Eine Bestzeit. Die Marathonbestzeit. Thomas Holzapfel suchte auch noch ein Geschenk für Thomas K.. Thomas H. ist ein Nicht-Journalist, hat also was anständiges gelernt und läuft dennoch ziemlich fix. Auch lang. Sowohl Thomas H. als auch ich waren bei verschiedenen Marathons schon Ballonläufer und wir teilen unterschiedlich schöne Erinnerungen an den gemeinsamen Start beim Röntgenlauf 2014. Also schenkten wir – in Ermangelung einer wirklich guten Geschenkidee – eine Rund-Um-Sorglos-Betreuung für den Marathon in Münster. Zielzeit: Vier Stunden und dreißig Minuten, das wären 11 Minuten weniger als Thomas K. bislang als Bestzeit stehen hat.

Hase 1....  Was soll ich sagen?

Hase 1….
Was soll ich sagen?

Münster, 6. September 2015, 8:30. Thomas K. hat beste Laune. Es sind schnattrige 14 oder 15 Grad Celsius, die Laufhose sitzt, die letzten Tweets sind geschrieben und unser Geschenk, das er sich am Ende ja doch irgendwie selber nach Hause tragen muss, wird übergeben. Thomas K. händigt seine präparierten Getränkeflaschen mit Verabreichungshinweisen an Thomas H. und mich aus. Ich selber nehme meine Tüte. Denn ich habe vergessen, mich so zu organisieren, dass ich Telefon, Portemonnaie und T-Shirt für nach dem Lauf abgeben kann. Ich muss den Kram also mitnehmen.

Exakte Anweisungen an die Hasen.

Exakte Anweisungen an die Hasen, wann was zu reichen sei. Aufgabe erfüllt.

Nun gibt es auch beim Münster Marathon offizielle Pace-Maker, die als Zug- und Bremsläufer mit Ballons ausgestattet sind, auf denen Zeiten stehen und die garantieren, dass sie die auch erreichen. Das ist für normale Starter. Geburtstags-Hasen-Geschenk-Empfänger bekommen wie Thomas K. eben noch Service und spezielle mentale Motivation unterwegs. Die Getränkewünsche werden vor jeder Verpflegungsstation abgefragt, ein kurzer Sprint vorweg, um den Becher zu holen, damit das Geburtstagsgeschenksmarathonkind ungebremst sein Tempo weiterlaufen kann. Anziehen, verzögern – das sind die Dinge, die einen Marathonläufer schwer anschlagen können oder zumindest beeinträchtigen.

Die Tüte, der Riss und die Idiotie.

Die Tüte, der Riss und die Idiotie.

So wie eine Tüte unterm Arm. Falls Sie sich immer schon mal gefragt haben, wie sich so ein Halbmarathon läuft, bei dem man etwas im Arm hält und ihn deswegen nicht wirklich bewegen kann: Bescheiden. Erst hatte ich die Lauftüte, die der Veranstalter allen Teilnehmern gibt, quasi als Rucksack hinten drauf, das baumelte fürchterlich, dann habe ich die Schnüre gut festgezogen, dann ist die Tüte gerissen, dann fiel da Kram raus. Alles: MIST.  Während ich mit Knoten und vertauen beschäftigt war, hatte Thomas H. die eine oder andere mit jedem Kilometer an intelligentem Humor gewinnende Anmerkung für mich bereit. Thomas K., der eigentlich seinen Atem sparen sollte, verwies auf die Schwierigkeiten, gute Lieferanten in Fernost für Teilnehmertüten zu finden.

Preußen ist Weltmeister!!! Fast. Aber Thomas K. auf der Zielgeraden. Noch besser.

Preußen ist Weltmeister!!! Fast.
Aber Thomas K. auf der Zielgeraden. Noch besser.

Ich war in einen bewegten Klönschnack geraten, hielt eine Tüte und eine von zwei Getränkeflaschen, weil Thomas H. ja Erinnerungsfotos schießen wollte und dafür sein Mobiltelefon in der einen Hand hielt. Ich bin unsicher, was die Mitläufer in unserer Umgebung gedacht haben. Ich weiß, was ich gedacht hätte, wenn ich einer von ihnen gewesen wäre. Es war dann auch noch Zeit, die Vor- und Nachteile des Ortes Roxel zu debattieren (offensichtlich nur Nachteile, ich selber fand es eigentlich ganz nett), Bekannte an der Strecke zu begrüßen. Und meine Tüte mal von der linken zur rechten Hand zu wechseln. Immer häufiger, denn so ein Ding wird ziemlich nervig auf die Dauer.

Achtung – Binse: Ein Marathon beginnt bei Kilometer 35. Bis dahin war das Kaffeekränzchen auf Kurs. Meine Mahnungen verhallten zwar ungehört, aber irgendwann schwieg auch Thomas K. und jeder Medienjournalist, der glaubt, das könne gar nicht sein: Einfach die Diskussionen mit Thomas K. ab Kilometer 35 im Marathon beginnen. Sie kommen auch mal zu Wort.

Gruppenfoto mit Kein-Ohr-Hasen. In der Mitte: Der strahlende Sieger.

Gruppenfoto mit Kein-Ohr-Hasen. In der Mitte: Der strahlende Sieger.

Man wundert sich, wie schnell viereinhalb Stunden vergehen, wenn man dabei läuft. Münster begleitet seine Marathonstarter wohlwollend und in großer Zahl. Ein kleiner Wettbewerb um die kreativste Zuschauertruppe bringt lustige Ergebnisse, wie eine Horde Engel, die kleine Zettel mit Flügeln drauf gedruckt an die Läufer bappten. Die Sambatruppen sind die aus meiner bisherigen Erfahrung rhythmisch sattelfestesten aller deutschen Marathon-Sambagruppen. Warum – bleibt mir schleierhaft. Ich konnte etwa bei Kilometer 35 auch meine Tüte an eine Freundin an der Strecke abgeben. Schade eigentlich, das Zielfoto hätte ich gerne gesehen.

Vorher/Nachher.  Der Wind hat ein wenig das Haar zersaust. Aber sonst als sei nichts gewesen.

Vorher/Nachher.
Der Wind hat ein wenig das Haar zersaust. Aber sonst als sei nichts gewesen.

Und dann, auch wenn Thomas K. es so unmittelbar nicht mehr feiern wollte, waren wir auch schon auf der Zielgeraden. Für ein kräftiges „Schnauze“ reichte Thomas K. Atem jedenfalls noch auf dem letzten Kilometer. Nur weil man mal „ENDSPURT“ brüllt, oder ein doofes Witzchen macht… Kann man doch nicht ahnen. Aber das Geschenk war ein wenig größer ausgefallen und wir waren nicht nur „nahe der 4:30“, sondern ein solides Stück drunter. Bestzeit, glückliches Geburtstagskind, das am Ende es doch ganz alleine schaffen musste und trotz der Ablenkung zweier Laufclowns seinem Körper alles abverlangt hat, was in Monaten der Vorbereitung antrainiert wurde.

Falls Sie also mal ein Geschenk suchen für einen Freund, der gerne läuft, dann schenken Sie doch eine Laufbegleitung mit Getränke-Service und klugen Weisheiten. Nur eines: Tragen Sie dabei keine Tüte.

 

 

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Alle Kommentare [3]

  1. Großer Glückwunsch an Geburtstagskind und Hasen.
    Tolle Idee. Prima umgesetzt – jedenfalls im Wesentlichen.

    Und im Übrigen können auch 52 Kilometer in 12:58 ungemein befriedigend sein – speziell wenn dazwischen auch noch knapp viereinhalb Kilometer nach oben und unten liegen.

    Nicht nur (aber auch) für einen Thomas. 😉

  2. du bist auch jeck, schon wieder mit son nem beutel unterm arm zu laufen! ich schenk dir mal so nen hippes Ding, sowas was die Kids heut zu tage immer auf Konzerten tragen 😉