Warum ich die Arbeit liebe. Geständnisse eines perfekten Faulpelzes.

Ich habe im Urlaub die Lust aufs Laufen verloren. Während ich in Ferienstimmung war, ackerte der innere Schweinehund wie ein Irrer und mit Erfolg. Auch wenn es zu Beginn gar nicht so aussah.

Urlaubsstart. Leider das Ende der Ambitionen.

Urlaubsstart. Leider das Ende der Ambitionen.

Als Hobbyathlet mit minderschweren Zügen von Suchtverhalten hatte ich natürlich Laufschuhe im Reisegepäck. Drei Paar. Gut, das klingt viel, aber eines trug ich schon auf der Anreise, so spart man Platz und Gewicht. Eines der Paare habe ich nur so aus einer Laune heraus in letzter Minute gegriffen. Meine leichtesten und „extremsten“ Rennschuhe. Gut für schnelle Zeiten und steinharte Waden, ich laufe sie faktisch nie, dachte aber, wir könnten uns im Urlaub mal anfreunden. Ging dann schneller als erwartet, an Tag 2.

Fügung? Schicksal? Ein Zeichen? Blödheit? Mit dieser Mischung stellte ich am Tag der Anreise fest: Am Tag danach wird um 12:00 Uhr der hiesige Stadtlauf gestartet. Ich bin sicherlich nicht in den Urlaub gefahren, um an Wettkämpfen teilzunehmen. Ich erhielt dennoch die Starterlaubnis für den Hauptlauf über 10km – womit ich nicht rechnen konnte.Ich durfte mir also die Startunterlagen am Sonntag früh holen und auch gleich die Brötchen mitbringen, Frühstück, danach ging’s zum Start. Mit dem Rad, natürlich. Wind, Hitze, Sonne – diese Kombi ist der Leistung nicht förderlich, zudem war es doch der Urlaub und überhaupt. Ich war nicht so schnell, wie ich sein sollte. Dass Manuel Andrack – bekannt durch die Harald-Schmidt-Show und Wanderbücher – deutlich langsamer war als ich: Auch das ist eher was für die Anekdotensammlung als die Trophäenvitrine. Dennoch, ich platzierte mich gar nicht so schlecht und war bester Laune.

Optimale Voraussetzungen, um in der zweiten Ferienwoche den doch recht ambitionierten Trainingsplan zu beginnen, der mich am 12. Oktober bei einem Marathon zu einer neuen Bestzeit bringen soll. Die Voraussetzungen: Optimal.

Ich habe frei. Keine Verpflichtung. Den ganzen Tag Zeit. Massenhaft Platz. Wunderbare Natur. Ausgeschlafen. Und nicht die geringste Lust zu laufen. Der Schweinehund erhält meine volle Rückendeckung, ich helfe ihm, mahnende Worte argumentativ zu entkräften, biete ihm einen Platz neben mir auf der Liege in der Sonne an und finde, dass er das richtig gut macht. Ich will nicht laufen.

Gehen. Ja. Viel! Rad fahren. Wunderbar! 14 Tage nichts anderes. Aber Laufen? Nö.

Alles, das, was das Laufen im Alltag für mich ausmacht, es spielt hier keine Rolle. Ausgleich vom ganzen Tag Sitzen im Büro? Ich sitze ja kaum, spaziere Kilometer um Kilometer auf Sand und durch Wiesen. Natur erleben? Habe ich beim Ausweichen der spitzen Steine am Strand, beim Beobachten der Vögelschwärme, dem Vieh auf der Weide, den Fasanen in den Hecken und den Rehen, wenn sie in die Maisfelder flüchten. Dafür muss ich nur gar nicht schnell sein. Ganz im Gegenteil, behutsames Schreiten lässt viel mehr Zeit für Muße und Beobachtungen. Und ich verbrauche auch viel weniger von dem vielen Sauerstoff! Ist doch gut für meine CO2-Bilanz!

Ich rede es mir schön und zwar gerne. Laufen ist Quälerei. Die ersten Einheiten des Trainingsplans sind hart und fühlen sich an wie: Arbeit. Sie wollen erledigt, abgehakt und von der Liste gestrichen werden. Aus dem Ausgleich im Alltag wird die Bürde im Badeurlaub. Gequält schaue ich auf die Distanzen und die Tempovorgabe und denke: „Muss das sein?“. Es bedarf sämtlicher Willenskraft, sie zu absolvieren. Etwas, das mir im Alltag leicht fällt, mich anspornt und Kraft gibt, wird hier zur Hürde, die mich schwächt.

Und ich lerne: Der Sport im Alltag ist weit mehr Ausgleich und Erholung als ich das bislang für mich wahr nahm. Er hilft, runterzukommen, Ruhe zu finden. Aber sobald ich Ruhe und Entspannung habe, muss ich auch nicht mehr schnell sein.

Mein Trainingsplan geht über 10 Wochen, eine davon, die erste, fiel in den Urlaub, wo ich keine Lust hatte und auch die weniger wichtigen Einheiten geschwänzt habe. Ich bin froh, dass der Urlaub zu Ende ist* und ich wieder arbeiten darf. Denn dann habe ich wieder Lust aufs Laufen.

*das ist natürlich gelogen. Aber als Lottomillionär sähe man mich bei keinem Wettbewerb mehr.

 

 

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Alle Kommentare [4]

  1. Geteiltes Leid ist halbes Leid..wie gut, dass ich nicht alleine bin 😉 Hatte die letzten beiden Wochen Ferien und hätte sie eigentlich perfekt zum Training für meine Wettkämpfe im Oktober geplant gehabt. Nur leider ist so einiges schief gelaufen und mein Schweinehund immer größer geworden. War viel verlockender den ganzen Tag am See zu verbringen als in den Laufschuhen, komisch den während meiner Schulzeit brenne ich nur so darauf jede freie Minute Kilometer zu sammeln 😉 Naja, Strich drunter und weiter gehts, top regeneriert 😉

  2. Wie beruhigend! deine worte brachten mich gerade wirklich zum schmunzeln. Ich hatte jetzt Ferien, hätte Zeit Berge gehabt um für die nächsten Wettkämpfe im Oktober zu trainieren, doch irgendwie ist die Luft am Laufen plötzlich weg. Während meiner Arbeit nutze ich jede freie Minute um Kilometer zu sammeln.

  3. @Lutz

    Ich bin doch so faul! Ohne Anmeldung sitze ich auch ganz gerne und schaue ins Grüne. Oder spaziere nur.

    Aber erste Eindrücke – ich find’s wieder gut. Gestern und vorgestern im Sonnenschein in der Früh – top!