Kopfhörer für den Sport – heute mit Verstärker! beyerdynamic A200p

Azimut? Hinterbandkontrolle? Ohm? Transmissionslinie? Gekapseltes Potientometer (von Alps, klar)? Dolby B oder C? Sind das Begriffe, die Ihnen was sagen? Mir schon. Sie sind Begriffe meiner Jugend, als ich vor Hifi-Fachgeschäften stand und von den Nakamichi Dragons oder riesigen Martin Logan elektrostatischen Wandlern (vulgo flache Lautsprecher) träumte, die dort aufgebaut waren. Ich war ein Hifi-Nerd.

I love it.

I love it.

War, weil Hifi wie eine Sucht sein kann, die ich mir zum Glück abgewöhnen konnte. Die Sucht als „Strippenzieher“ immer noch eine Verbesserung mehr zu bekommen. Immer und immer wieder die sogenannten Referenzscheiben wie Ulla Meineckes Tänzerin oder Eric Claptons Leyla von genau dieser einen Livescheibe anzuhören, ob man nicht doch noch einen Funken mehr Staffelung im Raum und Ausgewogenheit im Klangbild zu erkennen meint. Wer jemals den Rand einer CD mit grünem Edding bemalte, damit der Laserstrahl die CD besser ausliest oder sie vorher vielleicht einfror, der weiß wovon ich rede, dass das ein Fieber sein kann und der Schritt zur Esoterik trotz physikalischer Vorgänge mit Wonne zum Riesenhüpfer wird, an dem die Verführer gut verdienen.

Ich bin also das ideale Opfer für beyerdynamics Kopfhörerverstärker A200p. Das besondere an ihm: Er ist tragbar. Er ist sogar ausdrücklich dafür gedacht, ihn mitzunehmen. Angeschlossen wird er nicht etwa an den Klinkenstecker eines iPhones, sondern an dessen Datenanschluss. Dort holt sich der A200p – stark vereinfacht gesagt –

Größenvergleich

Größenvergleich

die digitalen Daten, „bereitet“ sie auf und der Nutzer steckt seinen Kopferhörer dann in das kleine Kästchen, dessen Gewicht zumindest keinen Grund darstellt, ihn nicht überall mit hin zu nehmen. Er besitzt einen Akku (bis zu 11 Stunden Laufzeit) und eine Schutzhülle, der große Kreis ist auch gleichzeitig der sehr fein einzustellende Lautstärkeregler. Kurz für die Genießer unter den Hifi-Freaks: Es handelt sich technisch um einen Wolfson-D/A-Wandler, der mit bis zu 24 Bit Auflösung bei 96 kHz Samplingfrequenz arbeitet – das bedeutet im Grundsatz, dass der A200p die digitalen Signale, die im Gerät gespeichert sind in analoge für den Kopfhörer umwandelt. Das tut zwar auch ein Wandler im Smarthphone oder in meinem Falle iPod touch – nur eben nicht ganz so gut. Da kann was rausholen, um im Hifi-Bild zu bleiben.  Im Foto zu sehen ist er mit einem iPhone – aber der A200p ist weltanschaulich neutral und mit dem passenden Kabel rechnet er auch von Android-Telefonen um, die mit einem Betriebssystem ab 4.1 ausgestattet sind.

Da es sich um Kabelverbindungen handelt, schleppt man eines mehr mit rum, und so richtig praktisch ist das Duo aus Gerät und Verstärker nicht unbedint. In der Sakkoinnentasche ist es zu viel, da ich hier aber die Kopfhörer vor allem auf ihre Tauglichkeit für den Sport untersuche, wird es zusätzlich kompliziert. Aber es geht. Beim Radfahren eigentlich sogar ziemlich gut, wenn die Geräte hinten in der Rückentasche sind. Beim Laufen wird es schon deutlich aufwändiger, ist aber nicht unmöglich. In Verbindung mit einem der typischen Armgurte muss ma

Vinyl lebt.

Vinyl lebt.

n allerdings ein wenig frickeln, bis alles so sitzt, dass es nicht wackelt. Dafür lässt sich die Lautstärke auch ohne hinschauen gut einstellen, wenn die Drehscheibe offen bleibt und zugänglich ist. Wie so oft – der Mensch muss beschützt werden – soll der A200p SEHR laut sein, dann muss ein Schalter gedrückt gehalten werden, die Lautstärke erneut hochgedreht werden. Gut – so ruiniert sich niemand durch einen dummen Zufall aus Versehen die Ohren – aber das ist schon ein wenig lästig, zumal ich selber unterwegs mit der normalen Lautstärke nicht hinkomme, da ich die Umgebungsgeräusche bisweilen gerne vollständig eliminieren möchte. Zum Beispiel bei lauten Gesprächen in der Bahn.

Was aber kann der A200p leisten – ich sag’s gern mit dem von mir so geliebten Vokabular der Hifi-Berichte: Straffere Bässe, mehr Konturen in den Instrumenten, bessere Durchzeichnung, souveränere Auflösung, deutlichere Tiefenstaffelung. Aber ich muss dafür SEHR gut hinhören. Das Drama an Hifi ist oft: Die Unterschiede sind klein. Ein minimale Verbesserung muss oftmals mit sehr viel Geld erkauft werden. Und hin und wieder ist gar keine da. Beim A200p schon – auch wenn insgesamt jeder, der noch mit einem frühen Walkman gehört hat, sicher zustimmt: Es klingt unterwegs inzwischen sowieso hervorragend. Selbst als Quelle an der heimischen Stereoanlage ist ein Smartphone, dessen Streamingdienst auf die qualitativ höchste Auflösung eingestellt ist etwas, wovon ich vor 30 Jahren noch geträumt hätte. Der A200p macht das Gute noch ein wenig besser, kitzelt das letzte raus. Das ist für einen Preis von 299 Euro sicher nicht viel – aber 299 Euro sind angesichts der abstrusen Summen, die für diese Art von Qualitätssprüngen im Hifi-Heimsektor locker verlangt werden, geradezu preiswert.

Zumal die Kopfhörer der heutigen Generation für unterwegs sehr sehr gute Qualität liefern. So auch der von beyerdynamic angebotene DX160 iE, der in Bus und Bahn und beim Spazieren gehen hervorragend klingt – aber beim Joggen oder unterm Radhelm dank seines Kabels, das wegen eines Kupplungssteckers recht schwer an den Hörern zieht, leider für Sport herzlich ungeeignet ist.

In Summe kann ich sagen: Wer unterwegs auch wie ein gestandener Hifi-Nerd das letzte bißchen an Qualität haben will – der wird sich freuen. Ich bin Hifi-Nerd auf Entzug – und stark gefährdet. Für Sportler ist es die Abwägung zwischen Anspruch an Klangqualität unterwegs und dem größeren Aufwand, das Gerät sicher und fest beim Bewegen dabei zu haben.

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