Wenn die Regierung bald keine Daimler, Audis und Volvos mehr kaufen darf – Vergaberecht-Expertin Ute Jasper über das bundesweite Wettbewerbsregister

Top-Vergaberechtsexpertin Ute Jasper von der Kanzlei Heuking Kühn zerpflückt das geplante, bundesweite Korruptionsregister: Es ist nur ein Schaufenstergesetz, moniert sie im Gastbeitrag.

 

Ute Jasper, Vergaberechtsexpertin bei Heuking Kühn

 

Das neue Korruptionsregisterist nur ein Schaufenstergesetz

Bürokratieabbau? Pustekuchen. Das könnte das neue Motto vom Bundeswirtschaftsministerium sein. Jedenfalls kommt man auf diese Idee, wenn man das neue Gesetz für ein bundesweites Korruptionsregister und die vielen anderen Vorschriften für öffentliche Aufträge der vergangenen Jahre sieht. Zuletzt wurden die nationalen Vergaben neu geregelt in der Verfahrensordnung für die Vergabe öffentlicher Liefer- und Dienstleistungsaufträge unterhalb der EU-Schwellenwerte. Schon der Name macht Angst, vor allem wenn man weiß, dass es daneben noch Vorschriften für Bauvergaben, Oberschwellenvergaben, Konzessionsvergaben und vieles mehr gibt.

 

Wenn Leitende gegen Steuer-, Kartell-, Arbeits- oder Sozialgesetze verstoßen

Jetzt hat das Kabinett also ein Gesetz für ein Wettbewerbsregister beschlossen. Damit will Wirtschaftsministerin Zypries die schwarzen Schafe unter den Unternehmen auflisten, outen und sie von Aufträgen der öffentlichen Hand abschneiden. Wenn nämlich deren leitende Mitarbeiter gegen Steuer-, Kartell-, Arbeits- oder Sozialrecht verstoßen haben, sollen Staatsanwaltschaften und andere Behörden dies weitermelden an das neue Wettbewerbsregister, damit die Verstöße dort erfasst werden. Bund, Länder und Kommunen sollen in dieses Register schauen, bevor sie öffentliche Aufträge vergeben und die betroffenen Unternehmen als Bieter ausschließen.

 

Auftragsvolumen: 360 Milliarden Euro jährlich

Das hört sich doch vernünftig an – denkt man. Und hat bei einem Auftragsvolumen der öffentlichen Hand von bis zu 360 Milliarden Euro pro Jahr auch Sinn. Denkt man.

Nur: Brauchen wir neue Vorschriften, neue Behörden, neue Register, um unzuverlässige Unternehmen auszusortieren? Öffentliche Auftraggeber können schon heute gesetzesuntreue Unternehmen, die in Vergabeverfahren mitbieten und um Aufträge buhlen wollen, aus den Vergabeverfahren werfen.

 

Nur Bürokratieaufwand – aber Erfolg?

Zumal: Es gibt es schon längst verschiedene Gesetze zu Korruptionsregistern in den Bundesländern, die nicht funktionieren. Und nur enormen Bürokratieaufwand auslösen. Denn am Ende geht es ins Leere: Ein Unternehmen kann durchsetzen, dass es wieder von der Schwarzen Liste – also dem Wettbewerbsregister – verschwindet, wenn es sogenannte Selbstreinigungsmaßnahmen nachweist. Also personelle oder organisatorische Vorkehrungen, die weitere Verstöße verhindern, im Klartext ein Bauernopfer hinhängen. Das dürften nun alle betroffenen Unternehmen ohnehin tun, zum Beispiel indem sie Mitarbeiter versetzen, sie entlassen oder Compliance-Regeln einführen.

 

Viele Großunternehmen landen auf der Schwarzen Liste

Fazit: Insgesamt ist die Aktion eine große Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für Behörden und Bieter – aber leider nicht zu Ende gedacht. Das Wirtschaftsministerium verrät nämlich nicht, wie damit umgegangen werden soll, dass viele der Groß-Unternehmen im Register landen. Denn die großen Skandale und Straftaten der vergangenen Jahre dürften etlichen Konzernunternehmen Plätze auf der schwarze Liste sichern: Das Schienen- oder das LKW-Kartell, an denen Daimler, MAN, Volvo, Thyssen-Krupp und viele mehr beteiligt waren oder die Diesel-Skandale von VW und Audi. Ganz praktisch: Da wird es künftig schon schwer, Dienstwagen für die Regierungsmitglieder bei einem Autohersteller zu kaufen, der nicht auf der schwarzen Liste steht.

Bisher ist übrigens auch unklar, wie sich Unternehmen dagegen wehren können, wenn sie zu Unrecht gelistet oder nicht gelöscht werden. Trotzdem soll der Gesetzentwurf noch in dieser Legislaturperiode in Kraft treten. Ob die Bundesländer dann ihre Landes-Wettbewerbsregister abschaffen? Oder ob sie die – wie schon die Landesvergabegesetze – behalten? Das ist zwar zu hoffen, aber kaum zu erwarten. Sie sehen ja alle so schön aus in den Wahlkampf-Schaufenstern, und Anti-Korruption oder Tariftreue klingt doch so herrlich nach Weltverbesserung.

 

Mehr zum Thema schon hier im Management-Blog dazu:

Wenn einzelne Täter die ganze Company in den Abgrund reißen – im Korruptionsregister

 

 

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  1. Für Daimler wäre ein solcher Gesetzentwurf natürlich absolut untragbar.
    Grad aus dem Dilemma der miesen Qualität raus, ist ein erneuter Einbruch sicherlich schwierig zu für das Unternehmen.
    Allerdings sollte ein solcher Schuss vor den Bug des Konzeres seine Wirkung nicht verfehlen.
    Meines Wissens ist kein anderes Großunternehmen weltweit so oft angeklagt und zwangsläufig auch verurteilt worden.