Woydich in New Delhi (7): Chaos durch Kampfmaßahmen gegen Schwarzgeld

Tobias Woydich, 26, studiert Wirtschaftswissenschaften in Wuppertal, macht seinen Master und absolviert für drei Monate ein Auslandssemester am Management Development Institute (MDI) in Gurgaon, einer Satellitenstadt 20 Kilometer von New Delhi entfernt. Folge 7.

 

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Smog-Alarm in New Delhi

Nach der Rückkehr nach New Delhi von einem wunderschönen Wochenende in Jaisalmer, einer Wüstenstadt im Nordwesten, merkte ich sofort: mit der Luft stimmt etwas nicht. Die ersten Atemzüge fühlten sich richtig schwer an. Aber es war dunkel, sehen konnte man den Smog erst im Tageslicht. Aber das Gefühl, diese dichte Luft einzuatmen, war schon unangenehm. Und dann am nächsten Morgen diese Nachricht: Notstand in New Delhi. Wegen der sehr hohen Belastungen der letzten Tage, insbesondere durch Diwali, hat der Smog in Delhi dramatisch zugenommen.

Warum Diwali? Die vielen große Feiern mit Freunden und Verwandten hatten gerade in New Delhi in den vergangenen Tagen für ein sehr hohes Verkehrsaufkommen mit vielen Staus gesorgt.

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In wenigen Tagen hatte sich die Situation aber deutlich verbessert. In New Delhi Central spürt man zwar noch immer die dichte Luft, aber der Nebel war weg und man sah nur noch die gewohnte, nicht ganz so dichte, graue Smog-Glocke über der Stadt.

 

Inder wünschen sich Donald Trump als US-Präsident

Die Wahl in den USA wurde auch hier gespannt verfolgt, war fast überall Top-Thema. Was auf den ersten Blick für mich überraschend war: viele Inder wünschten sich Donald Trump als neuen Präsidenten. Der Grund: Schlechter für die USA heißt besser für Asien und dementsprechend Indien – so stellt man es sich zumindest vor.

 

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Wenige Tage vor der Wahl stand in dieser recht kleinen Buchhandlung kein einziges Buch über Donald Trump – und schon am Tag nach der Wahl wurde fix nachgerüstet.

 

Kampfmaßnahme gegen das Schwarzgeld – Chaos für alle

Doch nicht nur die US-Wahl und der Smogalarm führten in dieser Woche zu Aufregung. Am Wahlabend verkündete die indische Regierung plötzlich eine völlig unerwartete Maßnahme: Sie erklärte 85 Prozent der Banknoten, die im Umlauf sind, für ungültig. Bis zum 10. Dezember können alte Scheine umgetauscht werden in neue, abgeschafft wurden die 500- und 1000-Rupie-Scheine. Ersetzt wurde die 500er-Note (etwa acht Euro) durch eine neue und die 1000er (etwa 14 Euro) durch einen 2000 Rupie-Schein.

 

Schlangen an Geldautomaten

Diese Maßnahme gegen Schwarzgeld und Terrorismus sorgt seitdem für großes Chaos. Die Geldautomaten und Banken waren an den nächsten zwei Tagen geschlossen, kein Geschäft akzeptierte mehr die alten Banknoten. Seitdem ist Bargeld absolute Mangelware. Man muss großes Glück haben, einen Geldautomaten zu finden, der überhaupt gefüllt ist. Und wenn, dann stehen dort schon mindestens 40 Leute an. Bei zwei Minuten pro Auszahlung dauert die Wartezeit also locker 80 Minuten – und man kann nur hoffen, dass es noch Scheine gibt, wenn man selbst an die Reihe kommt. Und dann ist die Auszahlung auf 2000 Rupie pro Person und Tag begrenzt.

 

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Tuk-Tuk-Fahrer in Schwierigkeiten

Größte Problem bescherte die Aktion den vielen Tuk-Tuk-Fahrern und Straßenhändlern. Sie alle können nur Bargeld annehmen, wogegen man eine Uber-Fahrt oder ein Restaurant-Essen problemlos mit der Kreditkarte zahlen darf. Die langfristigen Auswirkungen auf diese enorm große Bevölkerungsgruppe, die mit ihren Tageseinnahmen die Rechnungen am nächsten Tag bezahlen müssen, kann ich mir kaum ausmalen. Für mich ist jedenfalls das Zahlen mit Kreditkarte sehr teuer: Die Bank-Gebühren auf diese Zahlungen sind höher als die fürs Geld-Abheben am Automaten.

 

Mit Polizei wird es teurer als ohne

Schon in den Reiseführern zuhause hatte ich häufig gelesen, dass man die Polizei – wenn möglich – meiden sollte. Ich ging davon aus, das gelte nur für Touristen. Doch inzwischen habe ich gelernt, dass auch Inder selbst beispielsweise bei einem Autounfall, die Polizei nur im allergrößten Notfall rufen würden. Der Grund ist ganz einfach: Mit Polizei wird es teurer als ohne Polizei.

 

Vorige Woche erlebte ich die Polizeiarbeit hautnah mit, als ein indischer Freund über eine rote Ampel fuhr. Die Polizei winkte uns raus, normalerweise kostet dieser Fauxpas 1.100 Rupien und drei Monate ohne Führerschein. Doch Verhandlungsgeschick half: Nach knapp fünf Minuten zahlte mein Freund dann 400 Rupien und durfte weiterfahren.

 

Nicht angeschnallt zu sein, kostet übrigens nichts – wenn man im Auto auf der Rückbank sitzt. Die Anschnallpflicht gilt nur vorne. Und wie reagiert die Industrie auf diese Vorschrift? Auf den Auto-Rücksitzen gibt es zwar Gurte, aber man kann sie nirgends einstecken.

 

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Kreative Werbung: Das Apple-Logo im Kaffee-Milchschaum. Das gibt es auch von Paytm, der indischen PayPal-Alternative zum chinesischen Unternehmen Alibaba.

 

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Die kleinen Straßenhändler offenbaren erstaunliche Unternehmens-Kooperationen: sie bieten Sonnenbrillen zur Hälfte von Rayban und zur Hälfte von Lacoste an.

 

 

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