Die Angst des Top-Managers vorm Bossnapping – Gastbeitrag von Sicherheitsprofi Schaaf von Corporate Trust

Yahoo hat kürzlich die Sicherheitsausgaben für Marissa Mayer auf 544.061 Dollar erhöht und sie damit verzwanzigfacht. Es habe glaubwürdige Bedrohungen gegeben, heisst es. Daher die Frage an den Sicherheitsexperten Christian Schaaf, Chef von  Corporate Trust: Sollten deutsche Unternehmen das auch tun?

Christian Schaaf, Geschäftsführer der Sicherheitsberatung Corporate Trust

Christian Schaaf, Geschäftsführer der Sicherheitsberatung Corporate Trust

Die hohen Ausgaben für die Sicherheit von Top-Managern sind fast immer gerechtfertigt. Kostet die Installation einer professionellen Alarm- oder Gefahrenmeldeanlage für ein größeres Haus schon 10.000 bis 20.000 Euro und das Aufschalten einer solchen Anlage bei einer Notruf-Service-Leitstelle ebenfalls nochmal mit rund 1.500 Euro im Jahr zu Buche schlägt, dann sind die früheren Kosten von ca. 23.000 Dollar für die Sicherheit von Marissa Mayer weit unterdurchschnittlich gewesen. Kurz: Es war höchste Zeit, das Sicherheitsniveau auf ein vernünftiges Maß anzupassen.

Bossnapping – bei Entlassungen

Wir hatten auch schon Fälle, in denen Mitarbeiter gedroht haben, dass sie dem Management etwas antun zum Beispiel bei bei Werksschließungen, großflächigen Entlassungen oder auch krassen Einzelfällen.Die Fälle in Frankreich wie bei Goodyear http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/frankreich-goodyear-mitarbeiter-halten-chefs-fest-a-942179.html, Air France https://www.tagesschau.de/ausland/festnahmen-air-france-101.html oder Caterpillar http://www.zeit.de/karriere/beruf/2012-10/chefsache-gewalt-unternehmen haben auch in Deutschland dazu geführt, dass vor kritischen Unternehmensentscheidungen oder -umbrüchen die Sicherheitsstandards manchmal nochmal überprüft und angepasst werden. In Frankreich gibt es für solche Fälle schon einen Namen: Bossnapping. http://www.welt.de/politik/article3625247/Den-Chef-entfuehren-Frankreichs-neuer-Volkssport.html.

Wer ernst machen will, kündigt´s nicht vorher an
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Die Erfahrung zeigt aber, dass Androhungen in der Regel nicht zu einem tatsächlichen Überfall oder Angriff führen. Wer nämlich tatsächlich etwas im Schilde führt, kündigt dies nicht noch vorher an und gibt den Sicherheitskräften die Möglichkeit, den Schutz zu erhöhen.
Daher müssen Top-Manager eher die allgemeine Sicherheitslage im Auge haben und aus den Fällen, die anderen passieren – auch in anderen Ländern -, ihre Schlüsse ziehen.
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Charlie Hebdo zeigt, dass es jeden jederzeit treffen kann
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In Deutschland wird in den Unternehmen derzeit vor allem das Risiko durch einen Terroranschlag diskutiert. Wie schwer kann Deutschland an sich – Infrastruktur, Versorgung undsoweiter – und wie konkret eventuell ein Unternehmen getroffen werden?
Ob ein Unternehmen oder ein Manager verstärkt im Fokus steht, lässt sich in der Regel nur mutmaßen. Angriffe auf Charlie Hebdo haben eben gezeigt, dass es unvermittelt und jederzeit eintreffen kann. Die nächste Form, Unruhe und Verunsicherung zu stiften beziehungsweise „das System zu treffen“, könnten auch Angriffe direkt auf das Management von großen Unternehmen sein.
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Sicherheitsregeln für Manager
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Wie sich Unternehmen im Detail wappnen? In fast allen größeren oder bekannten Unternehmen gibt es Anweisungen, dass die Geschäftsführer nicht gemeinsam in einem Flieger sitzen dürfen wegen des Absturz-Risikos. Die Fahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstelle müssen die Manager ständig variieren, um das Risiko einer Entführung oder eines Überfalls zu senken.
Mehr noch: Die Fahrer müssen Fahrsicherheitstrainings absolvieren, um richtig reagieren zu können, wenn jemand versucht, das Fahrzeug von der Straße abzudrängen. Oder wenn sie schnell von einem Risiko-Hotspot fliehen müssen zum Beispiel ein versuchter Überfall oder Angriff beim Hinein- oder Hinausfahren aus dem Werk. Die meisten Unternehmen haben Aufklärungs- oder Personenschutzmaßnahmen für ihre Vorstände.
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Sicherheitsglas für Chefbüros
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In vielen Betrieben gibt es spezielles Sicherheitsglas für die Büros und Besprechungsräume von Vorständen und meist auch für deren Privathäuser. Dazu kommen meist auch Gefahrenmeldeanlagen und häufig auch Rückzugsräume, also hoch gesicherte Räume mit verstärkten Wänden, Fenstern und Türen. Viele Unternehmen haben auch Sicherheitsfahrer.

Wie sich die Täter melden? Meist gehen bei den Unternehmen Drohungen telefonisch oder per E-Mail ein, in seltenen Fällen auch noch per Brief. Die Drohungen laufen teilweise sehr subtil ab, manchmal nur mit einer Anschuldigung wie „Sie sind verantwortlich dass …“ oder einer Forderung wie „ich erwarte, dass Sie …“ zu Beginn der Kommunikation. Dies steigert sich dann häufig, wenn nicht auf die Schreiben reagiert wird.Teilweise sind es jedoch auch ganz konkrete Bedrohungen wie „ich bringe Sie um“, „ich rotte ihre Familie aus“, „ich habe eine Bombe bei Ihnen angebracht“ – perfiderweise bleibt dann meistens offen, was „bei Ihnen“ bedeutet, im Büro, im Unternehmen allgemein, in der Tiefgarage oder zuhause?

Welche Gefährdung? fragen Behörden – wegen Personalknappheit
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Leider agieren auch die meisten Verwaltungs- und Polizeibehörden immer unverantwortlicher und definieren für Top-Manager oder Unternehmer immer seltener eine konkrete Gefährdung. Obwohl die meisten Behörden wegen Personalknappheit gar nicht mehr in der Lage sind, diesen Personenkreis entsprechend zu schützen, attestieren sie lieber keine konkrete Gefährdung – und verhindern damit, dass entsprechend privat engagierte Schützer  wie Werkschützer oder Personenschützer – einen Waffenschein erhalten.
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