Buchauszug Katja Kessler: „Das muss Liebe sein“ – warum Frauen trotz Kindern dringend im Job bleiben müssen

 

Buchauszug aus Katja Kesslers „Das muss Liebe sein – 54 1/2 Pflegetipps für die glückliche Ehe“ – Ihr Rat an Frauen: Sie sollen ihren Job behalten und die Babys bekommen, auch wenn´s eine Zerreißprobe ist. Denn alles andere könnte finanziell ein ganz übler Horrofilm werden. 

Katja Kessler, Autorin (Copyright © Felix Müller)

Katja Kessler, Autorin (Copyright © Felix Müller)

 

BEI TRENNUNG IST DIE FRAU DIE GELACKMEIERTE

Oder: Bereinigtes Netto-Einkommen minus hälftigem Kindergeld

 

Die Trennung von einem Mann ist ein enormer Einschnitt im Leben einer jeden Frau. Insbesondere, wenn sie länger als zwei Tage mit ihm zusammengelebt hat. Die Frau muss dann nämlich erst wieder mühsam lernen, dass sie selbst auch Probleme hat.

Ich möchte jetzt mal aus dem Nähkästchen plaudern, wie das mit der Problem-Hierarchie bei uns zu Hause ist, auch wenn mein Mann und ich nicht vorhaben, uns scheiden zu lassen. Wobei meine Bekannte ja immer sagt: »Die männliche Psyche unterscheidet strikt zwischen Familienleben und Privatleben!« Sie muss es wissen. Sie war zwei Jahre die Geliebte eines in Scheidung lebenden Mannes, der sich ein Kind mit ihr wünschte und schon Hausumbaupläne hatte. Die Geschichte bekam einen unerwarteten Twist, als sie herausfand, dass er sie die ganze Zeit mit seiner eigenen Frau betrog.

Aber zurück zum Thema intereheliche Problem-Gewichtung. Ist ein Problem im Besitz meines Mannes, ist es vollautomatisch ein Premium-Problem. Premiumprobleme sind, um ein paar Beispiele zu nennen:

• Anfang vom Tatort verpasst.

• Tank leer, dabei war ER nicht der Letzte, der das Auto

gefahren hat.

• DVDs durcheinander.

• Frau hat Handyaufladekabel geklaut.

• Mountainbike wurde an die andere Garagenwand gelehnt.

 

Probleme, die sich in meinem Besitz befinden, sind: Frauenprobleme.  Kleine Kostprobe auch hier:

• Au-pair säuft jede Woche heimlich Kiste Bier. Prost.

• Omi ruckelt unten an Kommodenschublade. Von oben fällt ihr die Zehn-Kilo-Jesus-Skulptur ihres Schwiegersohns auf die Föhnfrisur. Aua.

• Marder beißt Schmusekaninchen Köpfe ab, verteilt den Rest im Garten. Übel.

 

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Katja Kessler: „Das muss Liebe sein – 54 1/2 Pflegetipps für die glückliche Ehe“, Lübbe, 352 Seiten, 14,99 Euro: https://www.luebbe.de/bastei-luebbe/buecher/lebenshilfe/das-muss-liebe-sein/id_3306881

 

Zu sehen, wie liebevoll mein Mann seine Premiumprobleme krault, betutttelt und beschmust, mein lieber Scholli, da kann man schon eifersüchtig werden. Oder wie heißt dieses Gefühl, wenn man seinem Mann eins mit der Bratpfanne geben möchte?

Dann frage ich mich: Was wäre eigentlich, wenn er morgen für 48 Monate auf eine Bohrinsel müsste? Oder schlimmer noch: Nur für 36? Würde mein Leben zusammenbrechen? Wäre ich die Gelackmeierte, wenn er mich für eine Geliebte, für eine Bohrinsel oder für immer verließe?

Ja.

Hier die ganzen Horrorfakten. Anschließend ist Nightmare on Elmstreet nur noch ein Entspannungsfilm:

• Männer müssen Unterhalt zahlen? Nö. Seit 2008 gilt: Jeder ist seines Glückes Schmied. Ausnahmen: Du hast nur ein Bein (§ 1572), bist 80 (§1571) oder machst gerade den Lkw-Führerschein Klasse 3 (§1575).

• Es wird sich schon was finden, was du arbeiten kannst?

Sicher. Laut Statista-Portal bist du zum Zeitpunkt deiner Scheidung etwa 41,4 Jahre alt. Hast du seinerzeit für ihn dein vielversprechendes Kernphysikstudium an den Nagel gehängt, um da zu sein, wenn er müde von seiner Karriere nach Hause kommt? Pech. Zurück auf Los!

• Das Jagdschloss, der Learjet und die Kamelherde, die er mit in die Ehe gebracht hat, gehören dir anschließend zur Hälfte? Nein. Bleibt alles seins. Nach § 1378 hast du nur Anspruch auf den Zugewinn, also das, was ihr gemeinschaftlich erwirtschaftet habt. Wer Peter Zwegat guckt, weiß: Das sind auch gern mal Schulden.

• Er ist nach der Trennung mit seiner Neuen nach Fidschi abgedampft und hat darüber euer Gemeinschaftskonto mit 10 000 in die Miesen geritten? Blöd. Dafür haftest du jetzt auch noch mit.

Bist du Mutter? Dann erst recht: Mein herzliches Beileid.

• 90 Prozent aller Alleinerziehenden sind weiblich. 40 Prozent von ihnen leben von Hartz IV. Zum Vergleich: In Familien, wo Vater und Mutter verantwortlich sind, sind es lediglich 8 Prozent.

• 50 Prozent aller Väter zahlen für ihr Kind nicht in voller Höhe Unterhalt. Dieser berechnet sich nach der sogenannten Düsseldorfer Tabelle und wird von Experten seit Langem als Schneckenpups kritisiert, da er nichts mit der Realität zu tun hat und für zwei Jeans, einmal Riesenrad fahren und eine halbe Currywurst reicht.

• Solange euer Kind unter drei ist, hast du zusätzlich Anspruch auf Betreungsunterhalt. Aber nur, wenn unter Einbeziehung von bereinigtem Nettoeinkommen, hälftigem Kindergeld, Selbstbehalt und Überhang bei Papi noch 4,22 Euro zu holen sind.

• Kinder Alleinerziehender sind nicht nur häufiger von Armut betroffen, ihre Mütter arbeiten auch häufiger Vollzeit. Das heißt: Reduzierter Zugang zu Bildungs-, Kultur- und Freizeitangeboten. Nicht die halbe Currywurst ist das Problem. Problem sind die halben Zukunfts-Chancen.

• Zahlt dein Ex nicht, kannst du beim Sozialamt Unterhaltvorschuss beantragen. Das Amt springt aber nur für maximal sechs Jahre ein. Und auch nur, bis dein Kind zwölf ist.

Klingt alles furchtbar, ich weiß.

Sie sind noch nicht verheiratet? Dann wäre mein Vorschlag: Ihre erste Ehe lassen Sie einfach mal aus! Da macht man nämlich noch all diese Fehler. (Zum Beispiel, zu denken, dass man keine Fehler macht.) Auch die Scheidung, sagt die Statistik, ist da ätzend und macht viel Kummer. Und dann einfach mit Ehe und Scheidung Nummer zwei weitermachen. Besprechen Sie das doch mal mit Ihrem Freund oder Verlobten.

Und an alle Ehefrauen, die schon mittendrin stecken im ersten Umlauf, folgende Frage: Sie schnallen sich doch an im Auto, oder? Tun Sie das, weil Sie denken, Sie fahren gleich gegen den Baum? Sicher nicht. Trotzdem wollen Sie sich schützen vor einem Fall, von dem wir alle annehmen, dass er nicht eintritt. Korrekt?

Die Wahrscheinlichkeit, beim Autounfall zu sterben, ist 1 : 15 800. Die Wahrscheinlichkeit, mit dem Mann seiner Träume auf der Nase zu landen? 1:3.

Deswegen, bitte: Schnallen Sie sich erst recht in Ihrer Ehe an! Also: Seien Sie glücklich mit ihm. UND behalten Sie Ihren Job. UND bekommen Sie Babys! Selbst wenn das oft echt taff ist und eine Zerreißprobe und Sie gefühlt nur in Ameisenschritten vorwärtskommen. Wie gesagt, Ihr Mantra muss sein: Das ist der Flaschenhals meines Lebens! Da will ich durch!

Die weise Sheryl Sandbook sagt über uns Ehefrauen und Mütter: »There is no work/life balance. Work is life and life is work.« Ohne Not das eigene Leben an den Nagel zu hängen, ist wie als nikotinfreier Mensch mit Rauchen anzufangen, um endlich mal abhängig zu sein. Nein. Diese Ansage sollte aus der Kabinendecke Ihres Lebens plätschern: In the unlikely event of a loss in Ehe pressure, ein Rettungsanker will automatically drop from the ceiling above you!

Aufmunternde Worte fand neulich mein zehnjähriger Sohn Kolja, als ich verzweifelt, abgenervt, mächtig Stresspickel, inmitten von Kindergeheule am Schreibtisch saß: »Mama, und was ist, wenn du vielleicht einfach mal ein richtiges Buch schreibst? So was wie Harry Potter?!«

 

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