Buchauszug Martin und Johanna Fischers „Vom Leistungstief zum Leistungshoch“ : Wie Low Performer wieder zur Bestform geführt werden

Johanna und Martin Fischer, Inhaber von des Coachingunternehmens Fischertraining in Aichwald bei Stuttgart, haben „Vom Leistungstief zum Leistungshoch – Wie Sie Low Performer in Ihrem Team wieder zur Bestform führen“ verfasst. Hier ein Buchauszug: 

 

Martin Fischer und Johanna Fischer

Martin Fischer und Johanna Fischer

 

 

Wie ein Low-Performer das ganze Team herunterzieht – und warum Kündigen nicht immer hilft

 

Oh ja. Es darf Ihnen schon gewaltig stinken, wenn Sie einen  Mitarbeiter im Team haben, der nicht richtig »funktioniert«. So  ein Sorgenkind kostet nicht nur Zeit, Kraft und Geld, es zieht  auch noch Ihr ganzes Team mit runter. Und mit einem geschwächten  Team lässt sich nun mal kein Krieg gewinnen. Zu Ihrer großen Freude müssen Sie sich womöglich auch noch ansehen,  wie ebendieser Mitarbeiter ewig in der Kaffeeküche herumsteht,  andere Kollegen von der Arbeit abhält und selbst nicht zu Potte kommt. Und dann packt er auch noch pünktlich um 17.00 Uhr seine Tasche und verschwindet.

 

Schuld ist immer alles andere

Oder Sie beobachten,  wie er sich in seinem Büro verschanzt, lustlos wirkt und sich ausklinkt, wenn die anderen gemeinsam Mittagessen gehen. Und dann noch die immer gleichen Gründe, warum die fünf vereinbarten Kundentermine wieder nicht geklappt haben. Weil natürlich der Markt, die Kundenstruktur oder die Nachbarabteilung schuld sind. Sie können es nicht mehr hören. Und  staunen. Denn gerade er zeigt dieses inakzeptable Verhalten, das er sich aufgrund seiner aktuellen Leistung gar nicht leisten kann.

 

Solche Fälle machen absolut keinen Spaß, das sehen wir genauso. Denn wer von Ihnen hat noch die Kapazität, mit einem  »Flop« im Team dennoch ein Top-Ergebnis zu erreichen. Allerdings  lässt keine der Führungskräfte, die wir kennen, ihren leistungsschwachen Mitarbeiter einfach links liegen, Verhalten hin oder her. Jede probiert erst einmal alles, um ihn aus seinem Tief herauszuholen.

Die üblichen Gespräche haben Sie sicher auch  schon hinter sich, in denen konkrete Ziele und die nächsten Schritte vereinbart wurden. Sie haben ihn enger ran geholt, seine Jobs machbar umrissen, an seine Qualifikation appelliert, praktisch unterstützt, Trainingsmaßnahmen eingeleitet und  analysiert, ob eine technische Hilfestellung erforderlich ist. Und trotz der ganzen Investition bewegt sich Ihr Mitarbeiter nicht in die gewünschte Richtung.

Im Gegenteil: Er macht den Eindruck, als ob er überhaupt keinen Anlass sieht, etwas zu verändern.  Will Ihr eigener Chef jetzt Ergebnisse sehen und sind Termine  in Gefahr, liegt das Thema mit höchster Priorität wieder  auf Ihrem Tisch.

 

Wenn das ganze Team leidet

Noch konnten Sie sein Tief durch einen höheren Einsatz der Kollegen wegpuffern. Die Leistungsträger hängen sich rein, wenn es drauf ankommt. Sie können da schon mal Druck auf den Kessel geben, ohne dass die gleich zusammenklappen – nur überziehen dürfen Sie es nicht. Ab einem bestimmten Punkt  sind auch die guten Leute »fertig« und sorgen sich um ihre eigene Leistungsfähigkeit. Versetzt man sich in deren Situation, kann jeder von uns verstehen, wenn dem einen oder anderen nicht nur die Luft ausgeht. Sondern auch die Lust! Wenn es eh schon wegen externer Faktoren an die Grenze der Belastung geht, will keiner auch noch wegen eines schwachen Kollegen immer ans eigene Limit gehen müssen.

 

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„Vom Leistungstief zum Leistungshoch“, Martin Fischer, Johanna Fischer: 24,99 Euro, 224 Seiten, Wiley Verlag, Weinheim, 2016

Link zum Bestellen:  http://www.wiley-vch.de/publish/dt/books/ISBN3-527-50857-0/description/

 

 

Irgendwann fragt man sich im Team, wie es denn sein kann, dass die Jobs nicht korrekt verteilt sind. Das nächste Problem: Die Leistungsträger  wünschen sich in solchen Phasen mehr Transparenz von ihrer Führungskraft, finden aber aufgrund der Gesamtsituation häufig  keinen persönlichen Kontakt. Wie auch. Bei diesem Performance-Stand haben die wenigsten Führungskräfte den Freiraum, das auch noch zu leisten.

 

In eben solch einer Situation erzählt uns eine hoch engagierte  Führungskraft, dass er selbst merkt, wie ungeduldig er momentan reagiert. Seinen inneren Druck  habe er normalerweise besser unter Kontrolle, aber im  letzten Meeting sei er seinen Mitarbeitern mehrmals ins Wort  gefallen. Das ganze Ding hänge ihm im Kreuz und das bekomme natürlich auch seine Frau ab. Wenn er nach Hause kommt, will er erst mal nichts mehr wissen, und sie braucht ihm mit ihren Themen erst gar nicht zu kommen.

 

Kündigen ist so gut wie die die Lösung

Die Anspannung ist  verständlich, denn zum Schluss muss das Gesamtergebnis stimmen. Wie jede Führungskraft werden auch Sie Phasen im Business in Kauf nehmen, die kein Zuckerschlecken sind, und bereit sein, länger und härter zu arbeiten. Aber irgendwann kommt der Punkt, an dem Sie es vermutlich auch leid sind, ständig ausgleichen zu müssen, Ihre wertvolle Zeit fast ausschließlich an  einen Mitarbeiter zu vergeuden und sich nicht auf Ihr eigentliches  Geschäft konzentrieren zu können. Mit einer Krücke im Team auf Dauer arbeiten zu müssen, das ist alles andere als ein  Idealzustand.

Sicher: Sie möchten auch kein Scharfrichter sein  und das letzte Urteil über den schwierigen Mitarbeiter sprechen, aber insgeheim denkt wohl jeder Chef mal, dass es allen besser ginge, wenn das Sorgenkind weg wäre. Über die Hälfte der Führungskräfte in Deutschland würde ihre Low-Performer am liebsten rausschmeißen, um sie loszuwerden. Doch Kündigen ist zum einen aus rechtlichen Gründen sehr komplex und zum anderen so gut wie nie die Lösung für das Problem. Verstehen Sie uns bitte nicht falsch: In bestimmten Fällen geht es natürlich tatsächlich nicht anders.

 

Kündigen, wenn es nicht anders geht

Rechtlich gesehen hat jeder Arbeitnehmer die Pflicht, seine persönliche Leistungsfähigkeit auszuschöpfen. Jetzt kann es sein, dass ein Mitarbeiter nicht oder nicht mehr das leistet, was die Stelle von ihm verlangt, und er trotzdem voll und ganz seiner Pflicht nachkommt. Einfach deshalb, weil er nüchtern betrachtet alles ausgereizt hat, was ihm möglich ist. Er bemüht sich und hat einen guten Willen, kommt aber mit seinen Möglichkeiten an eine Grenze. Das erkennen Sie oft recht schnell, wenn sich seine Kompetenz auch nach einigen Personalentwicklungsmaßnahmen nicht verbessert.

Hat das Unternehmen aufgrund seiner Größe keine alternativen Stellen anzubieten, ist eine gute Trennung durchaus eine legitime Option. Anders ist es in diesem Fall. Einer Ihrer Mitarbeiter hält dauerhaft seine Arbeitskraft zurück und demonstriert öffentlich seine illoyale und destruktive Einstellung nach dem Motto: »Mir kann hier niemand etwas.« Hier kann es sich um eine absichtliche Pflichtverletzung handeln, die eine verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigen kann.

Aber Achtung: Dies erfordert eine absolut saubere Beweislage des Arbeitgebers. Haben Sie vor, einem Mitarbeiter aufgrund seiner schlechten Leistung zu kündigen, muss das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung so erheblich gestört sein, dass dem Unternehmen das Festhalten am Vertrag nicht zuzumuten ist. Und hier liegt der Hase im Pfeffer. Denn Ihr Mitarbeiter schuldet lediglich ein vertragsgerechtes Handeln, nicht jedoch einen Erfolg. Schlusslicht der Rankingliste zu sein, ist daher kein Indiz, das zu einer Kündigung berechtigt. Wollen Sie dennoch wegen Leistungsmängeln kündigen, müssen im Zweifel seine Arbeitsergebnisse objektiv gemessen werden. Also beispielsweise, wie viele Fehler er macht, wie schwerwiegend diese Fehler sind und welche Folgen sie haben. Dies muss dann mit Mitarbeitern, die ähnliche oder die gleichen Aufgaben haben, verglichen werden.

Laut Aussagen von Rechtsexperten dürfen Sie dann von einer erheblichen Leistungsminderung sprechen, wenn über einen längeren Zeitraum die Leistung um mehr als ein Drittel geringer ist als die vergleichbarer Mitarbeiter. Doch auch hier müssen Sie hieb- und stichfeste Beweise liefern. Hat der Mitarbeiter nicht vorsätzlich den Arbeitsvertrag verletzt, wird eine Kündigung aufgrund schwacher Leistung kompliziert, arbeitsintensiv und teuer.

 

Kündigen kostet Zeit, Geld und Nerven

Dummerweise kostet eine Kündigung nicht nur Zeit, Geld und Nerven. Sie opfern damit unter Umständen auch ein Teamklima, das eine dauerhafte Leistung möglich macht. Bevor die Kündigung endgültig wird, haben Sie meist schon etliche Gespräche mit dem Mitarbeiter und dem Personalverantwortlichen geführt. Allein das sind unzählige Stunden, die in den Trennungsprozess hineinfließen. Zeit, die Ihnen anderswo fehlt. In der Zwischenzeit müssen Sie nach dem Neuen suchen. Und das kann dauern, denn die Besten stehen nicht mehr Schlange. Bis Sie den idealen Kandidaten gefunden haben, vergeht dann erneut wertvolle Zeit. Haben Sie ihn dann endlich, braucht auch der Spitzenmann oder die Spitzenfrau eine gewisse Zeit, sich einzuarbeiten und einzuleben.

Nach der bisherigen Erfahrung sind Sie bei der Auswahl des Neuen noch wählerischer geworden. Denn jetzt muss eben alles stimmen. Ein gute Stellenanzeige, ein Headhunter, Einstellungs- und Auswahlverfahren kosten allein ein kleines Vermögen. Obendrauf kommen allerdings noch Entgeltfortzahlung, abzuschreibende Weiterbildungskosten und meistens auch Rechtskosten für den gekündigten Mitarbeiter. Erst danach liegt er Ihnen nicht mehr auf der Tasche. Haben Sie sich zu diesem Schritt entschlossen und Zeit und Geld in die Hand genommen, dann werden Ihre Mitarbeiter und Sie erst mal froh sein und hoffen, dass es ab jetzt für alle besser wird. Doch die Erleichterung ist schnell dahin, wenn mit dem gekündigten Mitarbeiter beispielsweise auch einige seiner Kunden wechseln. Im geringeren Fall werden die noch treuen Kunden Ihrem Unmut über den ständigen Wechsel der Ansprechpartner Luft machen. Den Ärger der Kunden müssen die Kollegen geduldig und stets verständnisvoll abfangen. Denn die interne Situation interessiert den Kunden wenig.

 

Signalwirkung für Kollegen

Und langsam  kommt auch wieder der eigene Ärger hoch, wenn sie merken, dass der Kollege wichtige Informationen nicht dokumentiert hat, verschwundene Daten rekonstruiert oder neu erfragt werden müssen. Das bedeutet: Zähne zusammenbeißen und lächeln. Das werden Ihre Mitarbeiter auch noch aus einem anderen Grund tun. Mit so einer Kündigung setzen Sie automatisch ein Signal. Ein Zeichen, was folgt, wenn man hier längere Zeit keine Leistung bringt.

Jeder Ihrer Mitarbeiter interpretiert es auf seine Art und Weise. Manche sind sicher froh, dass schwache Leistung auch Konsequenzen hat. Andere jedoch beginnen darüber nachzudenken, wie sicher denn ihr eigener Arbeitsplatz so ist, sollten sie selbst mal nicht wie erwartet Ergebnisse liefern. Dummerweise ist der Gedanke an einen möglichen eigenen Leistungsknick und seine Folgen wie der berühmte rosa Elefant. Einmal gedacht, kann man ihn nicht mehr ignorieren. Sicher. Es geht schon, ihn eine Zeit lang zu verdrängen. Aber irgendwann meldet er sich wieder. Und je öfter man ihn verdrängt, desto penetranter kommt er wieder zum Vorschein. Und wirkt sich jetzt dann erst recht auf die eigene Leistung negativ aus.

 

Besorgte Mitarbeiter schweigen – und ganz bestimmt gegenüber dem Chef

Zukunftssorgen machen vorsichtig. Und sie machen schweigsam. Es ist doch völlig logisch, dass ein Mitarbeiter, der nicht genau abschätzen kann, wie sein Leistungstief bewertet wird, lieber nichts Persönliches herauslässt. Beispielsweise wie er nicht nur mit der beruflichen Belastungssituation klarkommt, sondern auch noch seine privaten Päckchen tragen kann. Die wird er sicher nicht vor seinem Chef auspacken. Folge? Sie bekommen immer weniger von Ihren Mitarbeitern mit und ganz plötzlich haben Sie es mit einem neuen Fall geringeren Engagements zu tun.

Eine Mitarbeiterin erzählte neulich, dass sie das Gefühl hat, die anderen meiden sie jetzt genauso wie zuvor den gekündigten Kollegen. Sie ist vom Typ her eine Frohnatur und kommt trotz der vielen Arbeit immer noch mit guter Laune und einem fröhlichen »Guten Morgen« ins Büro. Ihre Kollegen stehen dann bereits am Kaffeeautomaten zusammen und grüßen kurz angebunden zurück. Das war für sie deshalb so seltsam, weil es früher anders unter ihnen allen war. Das, was sie in der Anfangsphase so positiv im Team erlebt hat, erscheint ihr irgendwie mehr und mehr getrübt. Sie erlaubt sich deshalb in letzter Zeit immer häufiger, pünktlich zu gehen und auch mal was unerledigt zu lassen.

 

Der unangenehme Geruch von Unzufriedenheit in der Abteilung

Im Team entstehen neue Grüppchen und neue Außenseiter. Die Stimmung kippt, und Sie müssen mit neuem Unmut rechnen, sobald es um die Mehrarbeit bis zur vollständigen Einarbeitung des neuen Kollegen geht. Es ist eine schier unlösbare Aufgabe, dies gerecht zu verteilen. Subjektiv empfindet immer einer, dass er den schwarzen Peter gezogen hat, also das größte Paket. Wie Sie es machen, der Zustand ist auch nach der Kündigung nicht zufriedenstellend. Kein Wunder also, dass es dann nicht nur den Kollegen stinkt, sondern auch Sie die Nase irgendwann voll haben. So ein unangenehmer Geruch von Unzufriedenheit innerhalb der Abteilung bleibt dann auch den Kollegen aus der Nachbarabteilung und Ihren Kunden nicht verborgen.

 

All das können Sie sich in den meisten Fällen sparen. Denn Low-Performer ist nicht gleich Low-Performer. Ähnlich wie eine Kreislaufschwäche ein Symptom verschiedenster Erkrankungen sein kann, ist die Leistungsschwäche das Symptom ganz unterschiedlicher Krankheiten, die in der Abteilung, im Team oder zwischen dem Mitarbeiter und seiner Führungskraft grassieren. Ähnlich einer Kreislaufschwäche bringt auch der leistungsschwache Mitarbeiter nicht seine ganze Kraft auf die Straße, obwohl er zu viel mehr in der Lage wäre. Woran liegt es also?

 

Low-Performer können viel mehr als sie zeigen

Den Fall, dass ein Mitarbeiter tatsächlich nicht mehr kann als er zeigt, haben wir vorhin schon erwähnt. Hier schieben wir noch etwas ergänzend nach.

 

Am falschen Platz

Meist sieht es der Mitarbeiter ja selbst recht schnell, dass er trotz aller Anstrengung und Lernbereitschaft für die Stelle einfach nicht geschaffen ist. War eine gute Trennung in einem kleineren Unternehmen der logische Schritt, gilt das für ein größeres Unternehmen meistens nicht. Dort wird so gut wie immer erst nach einer internen Lösung gesucht. Ist ein besser passender Arbeitsplatz gefunden, können alle schnell zufrieden weiterarbeiten.

 

Wenn sich das Anforderungsprofil geändert hat

Ähnlich unkompliziert ist diese Situation: Ihr Mitarbeiter sitzt mittlerweile auf der falschen Stelle. Nicht deshalb, weil er unbedacht eingestellt wurde, sondern weil sich das Anforderungsprofil seiner Stelle erheblich verändert hat. In dynamischen Märkten, die ständig eine neue Geschäftspolitik und neue Strukturen verlangen, brauchen auch die Mitarbeiter neue Kompetenzen und andere persönliche Stärken. Und plötzlich kann Ihr prinzipiell guter Mitarbeiter den neuen Anforderungen nicht mehr genügen. Beispielsweise muss ein Sachbearbeiter einer Krankenkasse heute nicht nur formal gut beraten, sondern seine Kunden auch aktiv auf Zusatz-Produkte und Serviceleistungen hinweisen. Manche Mitarbeiter blühen durch solch eine Entwicklung richtig auf, andere wiederum gehen ein. Ist das Team oder das Unternehmen groß genug, finden Sie mit großer Wahrscheinlichkeit auch hier eine Möglichkeit, in der dieser Mitarbeiter seine Stärken weiterhin gut zur Geltung bringen wird.

Sicher haben Sie das beide bereits im Mitarbeitergespräch diskutiert und nach einem passenden Entwicklungsweg gesucht. Wenn es solche Alternativen nicht oder nicht sofort gibt, können Sie zumindest über motivierende Sonderaufgaben weitere Leistungsmöglichkeiten des Mitarbeiters abrufen. Viel undurchsichtiger als diese beiden Fälle sind da schon jene, in denen Ihr Mitarbeiter auf der richtigen Stelle sitzt und eigentlich alles andere passt. Er hat alles, was er braucht, er hat es von seinem Können und seiner Qualifikation drauf, aber aus irgendeinem Grund bringt er seine PS nicht oder nicht mehr genug auf die Straße.

Stattdessen wird er »anders« und ein wenig »komisch« und Sie können sich beim besten Willen nicht erklären, warum er nicht einfach ganz normal seinen Job erledigt. Was sind das denn für Mitarbeiter, die nicht oder nicht mehr das bringen, wozu sie in der Lage sind? Das kann man nicht mit einem Satz beantworten. Deshalb sind wir das Wagnis eingegangen und haben erst mal fünf Typen beschrieben.

 

»Typen« mit diffusen Leistungstiefs

Solche diffusen Leistungstiefs zeigen sich beispielsweise in dieser

Art:

Typ 1: Der Dinosaurier

Dieser Mitarbeiter ist bisher nicht schlecht gewesen. Seit 25 Jahren betreut er treu und zuverlässig seinen Kundenstamm – eine beachtliche Leistung. Aber immer häufiger vermuten Sie, dass er den Anschluss an die Neuzeit verpasst hat. Es scheint, als ob er aus einer anderen Epoche stammt und immer noch lebt und arbeitet wie in einer längst vergangenen Zeit. Ewig lange schon hören Sie in jedem Mitarbeitergespräch von ihm das Gleiche. Er erzählt Ihnen in epischer Breite, was er vor fünf Jahren alles gemacht hat und wie er auch ohne Checkliste, sonstigen Schnickschnack und elektronische Beratungsbögen seine Kunden sehr gut beraten hat.

Obwohl es Sie herzlich wenig interessiert, was damals war, hören Sie ihm zu und denken gleichzeitig: »Ach du liebe Zeit, er hat gar nicht mitbekommen, dass die Welt sich weitergedreht hat.« Sicher, seine Erfahrung und seine Bestandskunden hat er noch. Da gibt es nur ein klitzekleines Problem. Sie müssen aufgrund einer Umstrukturierung seinen Kundenstamm umverteilen. Und das findet er jetzt logischerweise nicht mehr so toll. Natürlich machen Sie ihm die auf ihn zukommenden Schulungsmaßnahmen für das neue Beratungskonzept schmackhaft. Allerdings weiß er schon längst, dass dabei nichts Neues rauskommen wird. Schließlich macht er den Job schon 25 Jahre und er muss sich nicht von einer jungen Trainerin, die sowieso noch nie selbst beraten hat, sagen lassen, wie er zukünftig seine Kundengespräche führen soll. Er erkennt an, dass die Jüngeren schnell sind und sich leicht in neue Programme einarbeiten, aber …

 

Typ 2: Jung, dynamisch, erfolglos

Bei den Jüngeren läuft leider auch nicht immer alles so super, wie Sie sich das im ersten Moment erhofft hatten. Angenommen Sie haben eine neue Mitarbeiterin für den Vertrieb ins Team geholt. Ihre Aufgabe soll sein, den Draht zu den Kunden aufzubauen und telefonisch weitere Kundengespräche zu vereinbaren. Nichts, was nicht machbar wäre. Ihre Mitarbeiterin ist jung, sie ist dynamisch und machte beim Vorstellungsgespräch einen quirligen, kommunikationsstarken, selbstbewussten und agilen Eindruck. Also, bestens geeignet für den Job. Sie geben ihr das Einzelbüro mit der neuesten technischen Ausstattung, damit sie ungestört telefonieren kann. Die Kollegen werden sie auch nicht stören, weil die sowieso fast den ganzen Tag hochkonzentriert an ihrem Rechner arbeiten.

Klar: Gespannt und neugierig sind alle darauf, was die Neue an Ergebnissen bringt. Die Adressliste hat sie und es kann losgehen. Wochen vergehen und die Kollegin erzählt eifrig und mit einem guten Schuss Optimismus, was sie tut und was sie noch vorhat zu tun.  Und nach einer geraumen Zeit erlauben Sie sich, mal genauer hinzusehen, und stellen fest: Gar nichts ist passiert. Nullkommanull Kundentermine sind zustande gekommen. Obwohl sie alles hat, was das Herz eines Mitarbeiters begehrt, liefert sie nicht. Gut, einen Gesprächstermin beim Kunden hat sie vereinbart. Aber der kam nur zustande, als eine Trainerin neben ihr saß. Der erzählt sie, dass sie es besser hinbekommt, wenn sie nicht das Gefühl hat, allein zu sein …

 

Typ 3: Das Pokerface

Dieser Typ Mitarbeiter lässt sich nicht in die Karten schauen. Es kann Ihnen passieren, dass Sie bis zum Schluss im Dunkeln tappen und komplett überrascht sind, wenn er sein letztes Blatt auf den Tisch legt. Beispielsweise ist das ein Mitarbeiter, der für seine kontinuierlich guten Zahlen bekannt ist. Die erreicht er mit einer großen Portion Sach- und Ergebnisorientierung. Manchmal wirkt er ein wenig kompliziert, stur und emotional nicht sehr zugänglich. So ist es auch kein Wunder, dass Sie so gut wie nichts Privates von ihm wissen. Okay, das ist im Prinzip auch nicht tragisch, denn Sie wollen ihn ja schließlich nicht heiraten. Bisher hat er seine Ergebnisse geliefert und das reicht.

Eine Sache fällt in den letzten Wochen auf. Er sitzt noch länger im Büro und es wird oft 20.00 Uhr oder später. Na ja, vielleicht will er nicht nach Hause gehen, weil er da Stress hat? Mit Sicherheit wird er sich Ihre Worte in der letzten Besprechung zu Herzen genommen haben. Dort haben Sie aufgrund der aktuellen Marktsituation alle aufgefordert, mehr Gas zu geben. Etwas nachdenklich stimmen seine Ergebnisse. Die bleiben trotz längerer Arbeitszeit gleich, Tendenz fallend. Vor Kurzem gab es da noch die Situation, dass er einem Kunden erst etwas zugesagt und sich danach nicht mehr bei ihm gemeldet hat. Sehr merkwürdig. Einer der Kollegen hat ihn mal angesprochen und gefragt, was los ist. Zur Antwort bekam er: »Ach, lass mich in Ruhe, alles okay.«

Der Typ »Pokerface« zeigt sein Blatt, wenn gar nichts mehr geht. Dann kann eine völlig unerwartete Reaktion zum Vorschein treten, wie beispielsweise während einer Besprechung in hemmungsloses Weinen auszubrechen. Er kann kurz vor dem Zusammenbruch stehen und keiner sieht es ihm an. Oder es kann sein, dass erst in einem Abmahnungsgespräch rauskommt, dass der Partner vor Kurzem ausgezogen ist und kein Mensch etwas mitbekommen hat …

 

Typ 4: Der Perfektionist

»Ich mache keine Fehler.« So eine Aussage kann von einem Mitarbeiter dieses Typs stammen. Stellen Sie sich folgendes Szenario vor: In der Pause stehen Sie mit einem Perfektionisten bei einem Kaffee zusammen und wahrscheinlich werden Sie sogar nett miteinander plaudern. Wenn Sie anschließend dann zu zweit in Ihrem Büro sitzen und ein Sachthema diskutieren, wird es dagegen häufig ziemlich kompliziert. Themen, die Sie bereits vor vier Wochen besprochen haben, versucht dieser Mitarbeiter akribisch genau umzusetzen und kommt natürlich mit seiner Zeit hinten und vorne nicht klar. Statt schneller zu arbeiten, wird er noch genauer.

Von der Vorstellung, dass er neue Aufgaben pro-aktiv angeht, haben Sie sich schon lange verabschiedet. Zwischendurch macht er ja ganz nette Sachen, nur leider können Sie herzlich wenig damit anfangen. Er gräbt Details aus, an die Sie sich schon gar nicht mehr erinnern und die auch völlig unwichtig sind. Und manchmal fragen Sie sich, ob er das ernst meint oder Sie auf den Arm nimmt. Verständlich, dass Sie sich gerade mehr an seinen Kollegen aus dem Nachbarteam wenden. Der kommt aktiv auf Sie zu und bewegt die Dinge nach vorn. Von ihm kommt auch der Vorschlag, den perfektionistisch veranlagten Mitarbeiter mehr zu entlasten. Der könne gerne mehr an ihn delegieren, denn er hat noch Kapazität frei.

Aber sobald man dem Kollegen was abnehmen will, bleibt der auf seinen Aufgaben sitzen wie die Glucke auf dem Ei. Er gibt nichts her. Stattdessen hat er überall seine Finger im Spiel. In jedem Prozess ist er irgendwie mit drin. Sicher, er ist ein wandelndes Lexikon, wenn es um Daten, Fakten, Zahlen geht. Dann kann es schon mal passieren, dass er wichtige Kundentermine verschleppt. Einfach deshalb, weil er überzeugt ist, dass noch nicht alle Details stimmen und das Schreiben an den Kunden noch nicht hieb- und stichfest ist, obwohl es längst gut genug wäre …

 

Typ 5: Von der anderen Art

Nein, es handelt sich hier nicht um Marsmännchen. Aber so etwas in der Art. Denn es gibt immer wieder Mitarbeiter in Teams, die wollen einfach nicht richtig reinpassen. Das kann der Zahlenmensch in einem Haufen kreativer Köpfe sein. Das kann der Krawattenträger unter lauter Jeans-Typen sein. Oder es ist die einzige weibliche Diplom-Ingenieurin unter lauter männlichen Kollegen, die mit selbst gestrickten Pullis auftaucht und erst einmal ein Meeting einberuft und sich mit den anderen austauscht, bevor sie an eine Aufgabe rangeht.

So ein Mitarbeiter wirkt fremd. Die Art und Weise, an Probleme und Themen heranzugehen, weicht zu sehr von denen der anderen ab, dass diese Abweichung anstrengend empfunden wird. Entspannter wirken alle, wenn der Mitarbeiter gerade außer Haus ist. Selbstverständlich ist Toleranz allen ein hohes Gut, aber alles hat auch Grenzen. Schließlich müssen alle so zusammenarbeiten, dass am Schluss das Ergebnis stimmt. Ein wenig muss dieser Kollege sich schon an die Kultur anpassen. Also reden Sie mit ihm. Erst auf die sanfte Art und wenn es sein muss auch etwas deutlicher. Es kann sein, dass so ein Mitarbeiter zu diesen Gesprächen zunächst noch termingemäß erscheint. Dann aber immer mal wieder einen ganz wichtigen Grund hat, den Termin nicht wahrnehmen zu können. Oder er muss kurzfristig absagen, weil er plötzlich krank geworden ist. Im Extremfall haben Sie es zum Schluss sogar mit einem Dritten zu tun – dem Betriebsrat …

 

Das Ergebnis: Schlechte Ergebnisse, mangelnde Qualität

Zusammengefasst werden Sie zunächst immer das bei Ihren Mitarbeitern sehen: schlechte Zahlen, unterdurchschnittliche Ergebnisse, niedrige Qualität oder Terminverschleppung. Sie sehen, dass ein Mitarbeiter sich nur gering beteiligt, neue Aufgaben vermeidet, selbst bei einfachen Aufgabenstellungen blockiert ist, sich zurückzieht, dicht macht, sich unpassend hilflos zeigt oder völlig unkontrolliert reagiert. Sie hören, dass ein Vorschlag unter den gegebenen Bedingungen nicht funktionieren wird und dass äußere Faktoren schuld am Ergebnis sind. All diese Typenbeschreibungen machen eines deutlich: Ein Mitarbeiter zeigt sich von einer Seite, die aufregt, erstaunt, überrascht, fassungslos macht, irritiert und mit dem gesunden Menschenverstand oft kaum zu erklären ist. Was steckt also dahinter? Das finden Sie hinter den Kulissen heraus.

 

Hinter den Kulissen des Verhaltens

Von außen betrachtet sieht es auch so aus, als ob ein Mitarbeiter alles hat, was sein Herz begehrt. Das Unternehmen stellt ihm die neueste technische Ausstattung zur Verfügung, er darf interessante und teure Weiterbildungsangebote besuchen und er ist in der komfortablen Situation, seinem Kunden exzellente Produkte präsentieren zu dürfen. Damit er gesund, fit und entspannt bleibt, kann er Sport-, Ernährungs- und Meditationskurse auswählen. Dass ihm die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zugesichert wird, ist schon fast selbstverständlich. Wer würde sich nicht so ein Unternehmen als Arbeitgeber aussuchen wollen? Und trotz all dieser Annehmlichkeiten und Unterstützungsangebote kann dem Mitarbeiter eine Sache fehlen. Der entscheidende Faktor, das Blatt zu höherer und dauerhafter Leistung zu wenden.

 

Was fehlt für Leistung und Zusammenarbeit: Zugehörigkeitsgefühl

Was bei einem schwach leistenden Mitarbeiter dahinterstecken kann, können Sie sich so vorstellen: Vielleicht sitzt er im Büro direkt seinem Kollegen gegenüber, arbeitet mit dem und den anderen Teammitarbeitern im Projekt eng zusammen und ist von außen ein fester Teil des Teams. Er selbst fühlt sich aber in keiner Weise in diesem Team »drin«. Denn zum Team dazuzugehören heißt nicht automatisch, sich zugehörig zu fühlen. Nach außen scheint alles in Ordnung, innerlich fühlt sich der Mitarbeiter allein und abgeschnitten – obwohl er es faktisch nicht ist.

Das, was ihm verloren gegangen ist, ist sein Zugehörigkeitsgefühl. Das Zugehörigkeitsgefühl ist ein inneres Erleben und entsteht nur im sozialen Kontext. Das bedeutet: Ein Mitarbeiter teilt sein Bedürfnis oder auch sein Angebot nach Zugehörigkeit mit, beispielsweise durch ein freundliches Lächeln. Darauf erhält er von seinen Mitmenschen eine Antwort, die in ihm eine Empfindung auslöst. Diese Empfindung kann im günstigen Fall heißen »Zugehörigkeitsgefühl« oder im ungünstigen Fall »Alleinsein« oder »Abweisung«. Ohne Zugehörigkeitsgefühl fühlt man sich, als ob die emotionale Verbindung mit anderen Menschen durchgeschnitten ist. Es hat nie etwas mit äußeren Rahmenbedingungen, Technik oder Ausstattung zu tun, sondern ausschließlich mit der Beziehung zu anderen Menschen.

 

Hat Ihr Mitarbeiter ein starkes Zugehörigkeitsgefühl, ist er auch bereit, mit seiner Leistungskraft und seinem Können zum Gelingen der Gemeinschaft und zum Erfolg beizutragen. Ist bei einem Mitarbeiter dagegen kein Zugehörigkeitsgefühl mehr vorhanden und er erlebt sich emotional getrennt von anderen Menschen, beeinflusst das in gleichem Maße seine Bereitschaft zur Mitarbeit. Das »Mit« wird dann buchstäblich von der »Arbeit« getrennt. Er wird egoistischer, vorsichtiger, lustloser, angespannt und schwächer.

Das Heimtückische dabei? Auch Ihr leistungsstarker und vielversprechender Mitarbeiter kann seine innere Verbundenheit verlieren, ohne dass die Kollegen oder Sie sich einer Schuld bewusst sind. Oft merken Sie ihm sogar lange Zeit nichts an und sind dann umso mehr überrascht, wenn er vermehrt Fehler macht, schlechtere Ergebnisse abliefert oder sich querstellt. Achten Sie darauf, wie es um sein Zugehörigkeitsgefühl steht. Denn egal, welchen Mitarbeitertyp Sie haben, ein Verlust des Zugehörigkeitsgefühls kann jeden ereilen. Wie schnell jemand die innere Verbindung zu anderen verliert, ist wiederum sehr unterschiedlich und hängt davon ab, was in seinem Drehbuch geschrieben steht. Mit diesem Drehbuch tritt er auf – auf der Theaterbühne des Lebens.

 

Wie im Theater: Jeder hat sein eigenes Drehbuch

Tatsache ist: Jeder will einen Platz auf der Bühne. Stellen Sie sich das so vor. Ihr Mitarbeiter hat irgendwann die Bühne in Ihrem Team betreten und hatte sein eigenes Drehbuch dabei. Dieses Drehbuch hat er selbst geschrieben und er führt auch noch die Regie. Das Stück, in dem er spielt, hat schon begonnen, und alle anderen Akteure auf der Bühne haben ebenfalls ihre eigenen Drehbücher. Der Mitarbeiter hat in seinem Drehbuch festgelegt, welchen Platz er im Zusammenspiel mit den anderen einnimmt. Er hat seine Rolle selbst ausgewählt, charakterisiert, ausstaffiert und sie in Szene gesetzt. Im Prinzip müsste er gar nicht mehr in sein Skript schauen, denn es ist ihm so vertraut, dass er es in und auswendig kann. Er kennt es seit Kindertagen. Sie, wir, jeder von uns hat in seiner frühen Kindheit sein persönliches Drehbuch verfasst. In der Regel geschieht dies bis zum sechsten Lebensjahr.

Bei unserer Geburt sind wir ebenfalls auf eine Bühne getreten und im zweiten Akt eines Stücks gelandet. Dort beobachteten wir genau, was passiert. Es gab einige besondere Ereignisse und Menschen mit ihren Botschaften. Die anderen lebten uns vor, was für sie wichtig und richtig war. Manches mochten wir, manches nicht. Aus all den Informationen haben wir uns sehr kreativ für unsere eigene Sicht entschieden und unsere persönlichen Schlussfolgerungen gezogen. Entscheidend war gar nicht so sehr, wie es wirklich war, sondern wie wir es interpretierten und welche Konsequenz sich für uns daraus ergab.

Drei Aspekte haben wir besonders ins Visier genommen. Erstens: die Personen, die schon auf dieser Bühne standen. Zweitens: wie jeder von ihnen agierte, und drittens: welche Rolle noch unbesetzt war. Ganz logisch haben wir uns für diese Rolle entschieden. Eine Rolle, die uns einen Platz in diesem Ensemble garantierte. Diese Rolle verschaffte uns unseren eigenen Platz. Es ist überaus spannend, wie vielfältig eine Rolle zum Ausdruck kommen kann. Wird sie als Optimist oder Pessimist gespielt, als Held oder als tragische Figur, böse oder gut, rebellisch oder angepasst, aktiv oder unscheinbar, als Retter oder Täter, als Prinz oder Prinzessin, als Kasperle oder als Großmutter, oder oder oder?

 

Seine Rolle lebt der Akteur immer mit bestem Wissen und Gewissen aus seiner privat-logischen Sicht. Niemand gibt ihm eine Regieanweisung. Der Akteur hat die Rolle seines Lebens, weil sie ihm einen Platz sichert und er damit erfolgreich wird. So denkt er jedenfalls. Das privat-logische Drehbuch des Mitarbeiters legt fest, wie er sich selbst, die anderen und eine Situation sieht und was er tun muss, um die Rolle seines Lebens zu spielen. Und: Die Arbeitsrealität wird unter diesem Blickwinkel wahrgenommen und bewertet.

 

Ein paar Regieanweisungen durch einen anderen Regisseur wären manchmal hilfreich. Denn bestimmte Drehbücher sind nicht geeignet für dauerhaft gute Auftritte und eine langjährig erfolgreiche Tournee mit anderen Ensembles als dem der Familie. Manche Mitarbeiter haben leistungsgefährdende Überzeugungen, Einstellungen, Meinungen darin stehen, ohne dass sie sich dessen bewusst sind. Diese Überzeugungen sind äußerst schädlich, denn sie gefährden unmittelbar das Zugehörigkeitsgefühl.

 

Leistungsrisiko »aus Überzeugung«

In so einem Drehbuch können also Sätze notiert sein, die im Zusammenspiel mit anderen trennend wirken und den Verlust des Zugehörigkeitsgefühls auslösen. Alles beginnt erst einmal im Kopf und gewinnt an Dramatik, weil solche Sätze nicht nur eine Leistungsschwäche bewirken, sondern auch bis zum Totalausfall führen können. Eine Depression kann sogar eine Art Lösungsversuch für ein inneres Erleben fehlender Verbundenheit sein. Mitarbeiter erbringen dann manchmal Oscar-reife Schauspielleistungen vor ihren Kollegen, Kunden und dem Chef, bevor sie nach Hause gehen und zusammenbrechen.

 

Tempo, Komplexität, Arbeitsdichte, Diskontinuität und Marktdruck

Mittlerweile weiß fast jede Führungskraft von mindestens einer Person in ihrem Umfeld, die von heute auf morgen ausfällt, weil sie nicht mehr kann. Gerade noch war der Mitarbeiter in der Besprechung und jetzt ist er für mehrere Wochen krankgeschrieben. Alle rätseln, wie es überhaupt dazu kommen konnte. Das schnelle Tempo, die Komplexität, die Informationsdichte, der Zahlen- und Termindruck, all das lässt sich irgendwie rational nachvollziehen und deshalb werden diese Faktoren zuerst als Begründung zur Hand genommen. Es steht außer Frage, dass Arbeitsdichte, Diskontinuität und der Druck vom Markt ihren Tribut fordern.

 

Leistungsgefährdende Überzeugungen

Aber das ist eben nur ein Puzzleteil, um Leistungsschwäche besser verstehen, einordnen und frühzeitig etwas dagegen tun zu können. Besonders aufmerksam werden wir auch, wenn der Mitarbeiter die Schuld für seine Lage auf die schlechte Beziehung zum Chef, die nervenaufreibenden Konflikte unter den Kollegen und den unmenschlichen Zahlendruck schiebt. Auch das ist nur ein Teil des Ganzen. Einen wesentlich größeren Einfluss auf Erschöpfung und Versagen haben die eigenen leistungsgefährdenden Überzeugungen des Mitarbeiters. Menschen, die extrem gut sind, haben leider häufig eine extreme Überzeugung gespeichert. Manchmal ist es sogar ein ganzes Überzeugungspaket. Solange der Mitarbeiter noch mit solchen Überzeugungen unterwegs ist, geht seine Leistungskraft langsam, aber stetig in die Knie. Ihm geht auf halber Strecke die Luft aus.

Das Gemeine ist, dass diese leistungsvernichtenden Überzeugungen vordergründig einen Mitarbeiter als Zugpferd wirken lassen. Eben bis zu dem Punkt, an dem der Saft draußen ist. Ein paar der schädlichsten Sätze sind diese:

  • Perfektionismus: Sei perfekt!
  • Überverantwortlichkeit: Sei für alles zuständig!
  • Harmoniebedürfnis: Sei immer lieb!
  • Bewunderungsbedürfnis: Sei immer der Beste!
  • Kontrollbedürfnis: Ich habe alles im Griff!
  • Autonomiebedürfnis: Sei immer unabhängig!

 

Zwänge, die quälen

Ein Mitarbeiter, der selbst als Coach ausgebildet ist und im Projekt für Gesundheitsprävention im Unternehmen mitarbeitet, erzählte uns Folgendes: »Das Schlimme ist, ich weiß alle Anzeichen für Burn-out. Aber ich kann selber nicht aufhören mit meinem Perfektionismus.« Mitarbeiter, die solche Überzeugungen oder Satzkombination aus ihrem Drehbuch kennen, wissen genau, was sie tun müssen, um ihren Platz nicht zu verlieren. Der Mitarbeiter tritt auf mit seiner Regieanweisung: Ich muss perfekt sein, um meinen Platz zu haben. Oder: Ich muss für alles zuständig sein, um meinen Platz zu haben. Oder: Ich muss lieb sein, um meinen Platz zu haben. Oder: Ich muss der Beste sein, um meinen Platz zu haben. Oder: Ich muss alles im Griff haben, um meinen Platz zu haben. Oder: Ich muss unabhängig sein, um meinen Platz zu haben.

Seine Welt ist nur unter bestimmten Bedingungen in Ordnung. Selbstverständlich wollen Sie Mitarbeiter im Team, die beste Qualität abliefern, Menschen, die Verantwortung übernehmen, die sich auch einfügen können und verlässlich sind, die ganz oben stehen wollen, die unabhängig sind und selbst eingreifen, wenn es Probleme gibt. Das macht Leistungsträger aus.

Aber Achtung: Bei manchen dieser Überzeugungen handelt es sich nicht um einen »normalen« Anspruch an sich selbst, sondern um einen dysfunktionalen. Denn, was passiert in der Welt des Mitarbeiters, wenn er diesem Anspruch nicht mehr gerecht werden kann? Wenn aus welchen Gründen auch immer keine Chance besteht, diese Überzeugung zur Aufführung zu bringen? Wenn für diesen Mitarbeiter aus seiner Sicht das Schlimmste passiert? Dann sieht er schwarz. Er denkt: Ich verliere meinen Platz. Mit dieser Unsicherheit verbunden sind Gefühle wie sich überfordert, überflüssig, unwichtig oder allein zu fühlen. Diese Gefühle sind nicht die direkte Folge der Arbeitsmenge, der Arbeitsdichte, des Arbeitstempos oder des dominanten Chefs. Sie sind Teil ungünstiger Überzeugungen und früher Erfahrungen.

 

Hohe Anforderungen an sich selbst

Von einer Sache sind wir selbst zutiefst überzeugt: Man kann noch so viel am Verhalten eines Mitarbeiters arbeiten, neue Lösungen und Wege mit ihm trainieren. Es wird nichts bringen, solange man dabei eine Sache nicht mit berücksichtigt. In den meisten Drehbüchern steht neben all diesen Forderungen an sich selbst noch ein weiterer Satz fett und rot markiert. Und diesen Satz möchte der Akteur um jeden Preis nicht nach außen zeigen. Dieser Satz lautet: »Ich bin nicht gut genug.« Unter dieser Annahme kann es einfach nie genug sein, was man leistet oder für andere tut. Folglich werden alle Hebel in Bewegung gesetzt, um gut genug zu sein.

Wann dieser Zustand allerdings eintritt, lässt das Drehbuch offen. Es ist vergleichbar mit einem Fass ohne Boden, aus dem der ganze Saft hinausläuft. Auch hochqualifizierte Mitarbeiter verpulvern ihre Kraft, wenn ihre Messlatte, wie sie sein müssen, um gut genug zu sein, unerreichbar hoch hängt. Je höher, desto größer der Energieaufwand. Energie, die für die eigentliche Aufgabe nicht mehr zur Verfügung steht. Wir bezeichnen diesen energieraubenden Prozess alles in allem als Entmutigung!

 

Entmutigende Gedanken, die in einem Kreislauf enden

Das, was Sie bei Ihrem Mitarbeiter vordergründig sehen, hat eine Geschichte dahinter. Diese Geschichte hat zwar einen Anfang, aber kein richtiges Ende. Sie beginnt bei entmutigten Gedanken, die schleichend zu einer Abnahme des Zugehörigkeitsgefühls überleiten. Sie setzt sich fort in vorsichtigerem Handeln und so mancher egoistischer Reaktion und baut sich weiter auf hin zu innerer Anspannung, zwischenmenschlichen Konflikten und geringer oder schlechter Leistung. Was es bedeutet, wenn man nicht mehr die Leistung liefern kann, zu der man eigentlich in der Lage ist, liegt auf der Hand. Die Entmutigungsgeschichte setzt sich einfach beim Anfang der entmutigenden Gedanken weiter fort und wiederholt sich. Den Ablauf können Sie sich als Entmutigungskreislauf vorstellen.

 

 

Wer hat die Schuld oder die Verantwortung? Nie der Chef allein

Wer hat eigentlich Schuld an dieser Situation? Und hier dürfen Sie erst einmal tief durchatmen. Denn als Führungskraft sind Sie nie allein verantwortlich dafür, wie gut der Mitarbeiter leistet oder nicht, wie engagiert und motiviert er bei der Sache ist oder nicht. Kein noch so unsensibler Chef kann Stresshormone bei seinem Mitarbeiter ausschütten. Immer ist das Hirn des Mitarbeiters dazwischen und steuert seinen inneren Zustand. Es gibt Führungskräfte, die – wenn man die Lehrbücher über Führung als Maßstab nimmt – alles falsch machen und trotzdem durchweg motivierte, leistungsstarke Mitarbeiter im Team haben.

Die Tatsachen sind nie entscheidend. Sondern immer nur der Blick auf die Tatsachen. Machen Sie ab jetzt ein Experiment. Nehmen Sie doch einfach mal an, dass Ihr Mitarbeiter, um den sich alles dreht, mit einem entmutigten Blick die Welt sieht. Gehen Sie dabei auch davon aus, dass er selbst noch keine Ahnung hat, wie er das ändern kann. Er wird sich noch nicht selbst dafür verantwortlich fühlen, mehr Engagement und Leistung zu zeigen, weil er sich nicht mehr zugehörig fühlt und ihm für eine Veränderung die nötige Ermutigung fehlt. Die Antwort, wie und woher er zu Ermutigung kommt, wird also noch gesucht. Wenn die Antworten ausgehen, versuchen es heute die meisten sowieso erst mal mit Fragen. Die aktuellste Methode, die Selbst- Verantwortung zu aktivieren und den Mitarbeiter zu einer Veränderung seines Verhaltens zu bringen, ist Coaching.

 

Auf einen Blick

  • Das Zugehörigkeitsgefühl zu einer gelingenden Gemeinschaft ist der Motor für Leistung, Motivation und Zusammenarbeit.
  • Zum Team dazuzugehören heißt nicht automatisch, sich zugehörig zu fühlen.
  • Der Verlust des Zugehörigkeitsgefühls entsteht im Kopf.
  • Leistungsrisiken entstehen durch ungünstige Überzeugungen, die entmutigend wirken.
  • Entmutigende Gedanken führen zu mutlosem Handeln.
  • Durch Entmutigung betrachtet ein Mitarbeiter alles unter dem Blickwinkel der Entmutigung und nährt sein mangelndes Zugehörigkeitsgefühl.
  • Entmutigte Verhaltensweisen sollen schützen und dienen dazu, weiter im Spiel zu bleiben.
  • Keiner hat Schuld, alle können etwas daran ändern.

 

 

 

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