Ex-VW-Manager besiegeln im Aufhebungsvertrag ihr Schicksal, wenn sie nicht aufpassen – Gastbeitrag

 

Rasch den Aufhebungsvertrag unterschreiben und nichts wie weg aus der Vorhölle des Skandals? Wenn Unternehmen wie VW im Abgasskandal rasch mehrere Manager bedrängen, einen Aufhebungsvertrag zu unterschreiben, sollten diese auf der Hut sein: Eine Klausel, die ihre Existenz rettet, sollte hinein, eine andere namens Ausgleichsklausel auf jeden Fall draußen bleiben. Gastbeitrag von US-Anwalt Hansjörg Heppe von Locke Lord in Dallas und Paul Melot de Beauregard, Arbeitsrechtler bei  McDermott Will & Emery in München

 

Der VW-Skandal macht es überdeutlich: Manager sollten, wenn sie einen Aufhebungsvertrag unterschreiben, sicherstellen, dass ihr Arbeitgeber ihre adäquate Verteidigung in straf-, verwaltungs- und zivilrechtlichen Verfahren bezahlt. Auch nach dem Ende des Anstellungsverhältnisses. Denn Anwaltskosten können insbesondere in den USA sehr teuer werden, es hilft aber letztlich beiden Seiten.

US-Anwalt Heppe

US-Anwalt Hansjörg Heppe von Locke Lord in Dallas

In Fällen wie dem VW-Skandal müssen Unternehmen schnell reagieren. Gerade die Behörden in den USA legen aufgrund der sogenannten Sentencing Guidelines großen Wert darauf, dass Unternehmen ihr Fehlverhalten einsehen und unter anderem durch schnelle personelle Maßnahmen ein Schuldbewusstsein nach außen zeigen: Wirksame Compliance Programme müssen diese Remediation von – möglichem – Fehlverhalten unbedingt vorsehen.

Wegen der drakonischen Strafen, die US-Gesetze natürlichen wie juristischen Personen androhen, kann eine solch schnelle Reaktion des Unternehmens Millionen, wenn nicht sogar Milliarden Dollar ausmachen.

 

Vorsatztäter und politisch verantwortliche Manager unter Druck

Entsprechend hoch ist der Druck auf die beteiligten Manager. Dabei geht es weniger um solche, die durch vorsätzliches Verhalten den Anlass für den Skandal gegeben haben. Sondern mehr um jene, die in der politischen Verantwortung stehen mit dem Vorwurf der fahrlässigen Überwachungspflichtverletzung.

Beide scheiden ruckzuck aus dem Unternehmen aus, wenn ein großer Skandal ruchbar wird. Mit ihnen schließen die Unternehmen Aufhebungsverträge, die nur auf den ersten Blick durchaus großzügig aussehen mögen. Was die ausscheidenden Manager dabei häufig nicht im Blick haben, ist jedoch, dass sie mit dem Ausscheiden aus dem Unternehmen ihre Probleme keinesfalls gelöst haben. Vielmehr beginnen sie dann erst: zivil- oder strafrechtliche beziehungsweise andere behördliche Verfahren.

Paul Beauregard

Arbeitsrechtler Paul  Melot de Beauregard von McDermott Will & Emery

 

Die Stundensätze der White-Collar-Verteidiger betragen 1000 Dollar die Stunde

Anders als in Deutschland ist in den USA die sachgemäße Verteidigung in solchen White-Collar-Verfahren nicht an gesetzliche Gebühren gebunden und die Stundensätze der auf solche Fälle spezialisierten Anwälte sind in aller Regel enorm hoch: 1000 Dollar pro Stunde. Ganz leicht können deswegen sechs- oder gar siebenstellige Beträge für eine angemessene Verteidigung in solchen Verfahren anfallen.

 

Anwaltsrechnungen in existenzbedrohender Höhe

Da amerikanische Anwälte fast immer nur gegen vorausbezahlte Abschlagszahlungen, Retainer genannt, tätig werden, kann es passieren, dass ein ausgeschiedener Manager keine adäquate Verteidigung mehr erhält. Aber selbst wenn er in der Lage sein sollte, eine entsprechende Vorfinanzierung zu leisten, riskiert er Anwaltsrechnungen in existenzbedrohender Höhe. Oder dass er sich – ohne irgendeine Verteidigung in der Sache – schuldig bekennen und auf die Milde des Gerichts hoffen muss.

 

Verpflichtet wegen Duldung?

In Deutschland ist nämlich diese Frage ungeklärt: Inwieweit könnte ein Unternehmen, das jahrelang das zweifelhafte Verhalten eines Managers geduldet hat, zum Bezahlen seiner adäquaten Verteidigung verpflichtet zu sein?

Ein erster Schritt auf dem Weg ist, dass sich Manager im Aufhebungsvertrag zusagen lassen, dass das Unternehmen die Rechnungen eines Anwalts seiner Wahl für alle straf-, verwaltungs- und zivilrechtlichen Verfahren bis zu deren Abschluss übernimmt. Und dass er nur dann die Anwaltshonorare dem Unternehmen zurück erstatten muss, wenn in diesem Verfahren seine Schuld festgestellt wird.

Zwar haben die Unternehmen D&O-Versicherungen zum Schutz gegen die Fehler ihrer Manager, aber auf die ist kein Verlass. Schon die Kommunikation mit der Versicherung ist für geschasste Manager schwierig, wenn sie eine Ausgleichsklausel im Aufhebungsvertrag stehen haben. Denn der versicherungsnehmer ist nicht er, sondern das Unternehmen.

 

 

Ausgleichsklauseln raus

Achtung: Die in Deutschland übliche Ausgleichsklausel, mit der die Parteien des Anstellungsverhältnisses alle gegenseitigen bekannten wie unbekannten Ansprüche für erledigt erklären, darf deswegen im Aufhebungsvertrag nicht mehr vorkommen. Ansonsten könnte diese spätere Rückgriffsansprüche des Managers gegen seinen Arbeitgeber hinfällig machen.

 

US-Unternehmen zahlen die Anwaltsrechnungen ihrer Manager

In den USA wird dieses Problem meist damit gelöst, dass es einerseits selbstverständlich ist, dass der Arbeitgeber die Verteidigung des Managers bezahlt. Und andererseits vergleichen sich in den straf- und verwaltungsrechtlichen Verfahren meist alle beteiligten Parteien – aber ohne dabei die Schuld festzustellen.

Das dient besonders den Unternehmen, wenn später zivilrechtliche Schadenersatzansprüche gegen sie gestellt werden, beispielsweise von Kunden.

 

http://www.justice.gov/opa/pr/former-chief-executive-officer-lufthansa-subsidiary-bizjet-pleads-guilty-foreign-bribery

Kommentar schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*

Alle Kommentare [2]

  1. Ein weiteres Problem ist die sofort einsetzende Ausgrenzung der Geschäftsleiter. Mit der Unterzeichnung des Aufhebungsvertrages oder der fristlosen Kündigung haben sie den Zugang zu betrieblichen Informationen, Mails, ihrem Outlook Kalender, Protokollen etc. verloren. Das Unternehmen ist versucht sofort alle Verbindungen zu dem ehemaligen Geschäftsleiter zu kappen und ihn „zum Blattschuss“ aufzustellen. Neben den cognitiven Problemen kann dieses für die ehemaligen Manager auch erhebliche emotionale Belastungen hervorrufen, insbesondere dann, wenn er sich (subjektiv) innerhalb der Konzernvorgaben verhalten hat. Neben der Übernahme / Freihaltung der entsprechenden Kosten sollte deshalb in einem „joint defense agreement“ auch der Zugang und die Verwendung von wesentlichen Informationen geregelt werden. Der Manager muss bei der zivil- und strafrechtlichen Abwehr entsprechender Ansprüche und Anklagen auch das familiäre Umfeld berücksichtigen, welches ebenfalls erheblichen Belastungen ausgesetzt sein. Diese Probleme gilt es im Wege einer ganzheitlichen Beratung zu antizipieren um die unterschiedlichen Abwehrlinien zu orchestrieren und die Abwehr bzw. Verteidigung bis zum Ende zu organisieren.

  2. Ich denke nicht, dass deutsche Strafverteidiger billiger sind. Herr Kachelmann wird es wissen. Die Vorstände haben bisher keinen Aufhebungsvertrag unterschrieben und werden auch keinen unterschreiben. Das liegt nicht an ihnen, sondern an VW, weil VW keinen Aufhebungsvertrag anbieten darf, schon gleich garkeinen, der sie von der Haftung freistellt. Es war zwar immer der Traum von Bankvorständen, solche Verträge wie Fußballtrainer zu bekommen, aber das geht nicht, Fußballtrainer werden nach dem Tabellenstand entlassen, Vorstände nach unerlaubter Handlung.