In Montabauer stellten sich diese Woche wieder neun Top-Kanzleien dem Juristennachwuchs vor – um die klügsten Köpfe unter ihnen dazu zu bewegen, bei ihnen anzuheuern. Die Karriereveranstaltung auf dem Schloss nennt sich „Perspektive Wirtschaftskanzlei“ und man muss sich wundern, wie sich die Top-Anwaltskanzleien so präsentieren.
Oder – wenn man´s recht bedenkt und die Liste unten ansieht – dann doch wieder nicht.
Von den neun Sozietäten schickte bei der eigenen Vorstellung nur eine einzige eine Frau aufs Podium – nämlich Linklaters ihre frischgebackene Partnerin Kristina Klaaßen.
Das, obwohl im Bewerber-Publikum 50 Prozent Frauen saßen.
Das, obwohl klar ist, welches Signal generell Unternehmen für Bewerberinnen aussenden, die in der Führung so männerlastig sind.
Das, obwohl die Sozietäten immer so jammern, dass sie nicht genug Frauen an Bord haben oder die ihnen so oft wieder von der Fahne gehen.
Ein Blick in die Partner-Ernennungen der vergangenen zehn Monate von 16 Top-Kanzleien zeigt denn auch, wie der Wind in Sachen Gleichstellung an Kanzlei-Spitzen tatsächlich weht:
Welche Kanzleien wie viele Anwältinnen zu Partnerinnen ernannt haben (Zeitraum 11/2014 bis 10/2015) *
White & Case, Hengeler, FGW und Linklaters vorn
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White & Case: 5 Frauen, 5 Männer
Hengeler Mueller: 2 Frauen
Friedrich Graf von Westphalen: 2 Frauen
Linklaters: 2 Frauen, 1 Mann
Orrick Herrington & Sutcliffe 1 Frau
Hogan Lovells: 1 Frau, 1 Mann
Rödl & Partner: 8 Männer, 1 Frau
CMS: 5 Männer, 1 Frau
Noerr: 4 Männer, 1 Frau
Gleiss Lutz: 3 Männer, 1 Frau
Latham Watkins 2 Männer, 1 Frau
Freshfields: 2 Männer
Luther: 2 Männer
Heuking Kühn: 1 Mann
Allen & Overy: 2 Männer
DLA Piper: 3 Männer
Clifford Chance: 3 Männer
Baker McKenzie 2 Männer
Quelle: Management-Blog, wiwo.de 2015
Die Liste ist nicht vollständig, Nachmeldungen sind willkommen.
PS: Orrick Herrington Sutcliffe wurde netterweise nachgemeldet von Martin Wollziefer von SW Recht & Personal. Vielen Dank!
Ein wichtiger Beitrag mit einem Hintergrund., über den unsere Wirtschaft ernsthaft nachdenken und Abhilfe schaffen sollte. Ressourcen von weiblichen Partnern in der Kommuniktion und im Umgang mit Personal und Mandanten werden nach wie vor erheblich unterschätzt.
Auch Berwin Leighton Paisner (Germany) LLP hat dieses Jahr eine Partnerin ernannt, Tina Siebenhaar.
Kann mir bildlich vorstellen, wie über die Ernennung der neuen Partner debattiert wurde:
„Wir brauchen neue Partner. Leider geben die herkömmlichen Faktoren (Business Case, Leistung, Zukunftsaussichten) nur Frauen her.“
„Das geht natürlich nicht. Wir sollten uns nicht von diesen altbackenen Vorstellungen leiten lassen. Heutzutage ist es wichtig, keine Frauen Partner werden zu lassen – gerade angesichts der Presselandschaft, die so gar nicht auf Gleichheit achtet.“
„Stimmt. Lasst uns all diese Gesichtspunkte ignorieren und einfach nur Männer zu Partnern ernennen.“
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Vielleicht war es aber auch ganz anders. Keine Männer-Verschwörung, sondern schlicht wirtschaftliches Handeln. Klingt eigentlich gar nicht so verkehrt – wäre da nicht der gleichmacherische Aufschrei, der Vernunft nicht goutiert… Ab sofort sind nur noch Frauen einzustellen und zu befördern, bis überall die wahre, echte, gute Gleichheit herrscht. Um dieses Ziel zu unterstützen, sind in allen Kanzleien spezielle Frauenförderungen („Frauenfrühstück“ u.ä.) einzuführen. Männern ist die Karriere weitestgehend zu erschweren. Gerade die jungen Berufsanfäger müssen desillusioniert werden: Jede Anstrengung ist vergebens, wenn die Frauenbeauftragten mitentscheiden.
Schöne neue Welt.