Fresenius SE ist der einzige DAX30-Konzern, dessen Führungsetage noch immer eine frauenfreie Zone ist: Weder im Vorstand sitzt eine Frau noch im Aufsichtsrat – und auch nicht auf der Arbeitnehmer-Bank. Das, obwohl die Diskussion um die Frauenquote Fresenius SE wie allen anderen DAX-Konzernen schon seit gut drei Jahren zusetzt – nachdem sie ihre eigene freiwillige Selbstverpflichtung vor 13 Jahren die ganze Zeit über missachtet haben.
Nun holen die Großkonzerne zumindest in den Aufsichtsräten langsam auf: Der Frauenanteil ist bei den Aufsichtsräten der DAX30-Konzerne auf der Arbeitgeberseite auf knapp 24 Prozent gestiegen, zeigt eine Studie der Personalberatung Russell Reynolds über die DAX30-Aufsichtsräte.
Multi-Aufsichtsrätinnen als Lösung
Weil die Unternehmen sich aber schwer tun, selbst talentierte Frauen zu suchen und zu befördern, überhäufen sie lieber diejenigen Frauen mit Ämtern, die es auch schon woanders an die Spitze geschafft haben: So bringt es die Allensbach-Chefin Renate Köcher nebenbei auf drei DAX-Aufsichtsratssitze und sogar noch zwei sonstige, zeigt die Studie. Auch Ann-Kristin Achleitner ist nicht nur Wissenschaftlerin an der TU München und an der Universität St. Gallen, sondern auch Risikokapitalgeberin und bringt es auf zwei DAX-Aufsichtsratsposten sowie zwei weitere. Auch die Firmenerbinnen Simone Bagel-Trah (Henkel) und Nicola Leibinger-Kammüller (Trumpf) besetzen je zwei DAX-Aufsichtsratsposten und zwei beziehungsweise einen weiteren.
Die alte Deutschland-AG- weicht nur sehr langsam
Die alten Verflechtungen der Deutschland AG lassen nur langsam nach. Nur sechs Aufsichtsräte sind laut Studie nicht vernetzt in andere durch Doppelmandate: Adidas, Beiersdorf, HeidelbergCement, Lanxess und Volkswagen. Gleich in vier Aufsichtsräten sitzen Michael Diekmann (BASF, Linde, Siemens, Fresenius SE) und Henning Kargermann (BMW, Deutsche Bank, MunichRe, Deutsche Post). In immerhin drei Konbtrollgremien sitzen Clemens Börsig, Paul Achleitner, Theo Siegert, Jim Hagemann Snabe, Klaus-Peter Müller, Ulrich Lehner, Renate Köcher, Werner Wenning und Wolfgang Mayrhuber.
Vorbei ist es hingegen mit den früheren Multi-Aufsichtsräten: Vor wenigen Jahren brachte es Top-Manager Manfred Scheider noch auf drei Aufsichtsrats-Chef-Posten im DAX (Bayer, RWE und Linde gleichzeitig) plus normalen Aufsichtsratsjobs bei Daimler und TUI. Gerhard Cromme hatte die Aufsichtsratschefsessel bei ThyssenKrupp und Siemens inne plus normalen Aufsichtsratsjobs bei der Allianz und Springer.
Wer die meisten Aufsichtsratsposten hat
Name | DAX30 Mandate | Alle Mandate |
Michael Diekmann | 4 | BASF Linde AG Siemens Fresenius SE |
Prof. Dr. Henning Kagermann | 4 | BMW Deutsche Bank Munich Re Deutsche Post (Franz Haniel & Cie GmbH (bis 25.4.15)) |
Dr. Clemens Börsig | 3 | Daimler Emerson Electric Linde Bayer Vatican Bank |
Dr. Paul Achleitner | 3 | Daimler Bayer Deutsche Bank Henkel AG SH Committee |
Dr. Theo Siegert | 3 | EON Henkel Merck KG & KGaA DKSH Holding |
Jim Hagemann Snabe | 3 | Siemens Allianz SAP Bang&Olufsen A/S Danske Bank A/S |
Klaus-Peter Müller | 3 | Commerzbank Fresenius SE & Mgmt SE Linde Parker Hannifin Corporation |
Prof. Dr. Lehner, Ulrich | 3 | Deutsche Telekom EON ThyssenKrupp Porsche Automobil Holding |
Prof. Dr. Renate Köcher | 3 | Allianz BMW Infineon Robert Bosch GmbH Nestle Deutschland |
Werner Wenning | 3 | EON Siemens Bayer Henkel Mgmt AG & Henkel AG SH Committee |
Wolfgang Mayrhuber | 3 | Munich Re Infineon Deutsche Lufthansa HEICO Corporation |
Quelle: Russell Reynolds 2015
Den best-gemixten Aufsichtsrat hat die Deutsche Bank
Wie durchdacht die Aufsichtsräte besetzt sind, analysierte die Russel-Reynolds-Studie und stellt ein Ranking nach Schulnoten auf. Die Kriterien der Personalberater: Erfahrung, unterschiedliche Fähigkeiten und Belastung mit Mandaten in anderen Unternehmen. Das Ergebnis: Die Deutsche Bank hat danach den Aufsichtsrat mit der besten Zusammensetzung gefolgt von Siemens und Henkel. Auf Platz Vier stehen Adidas und Beiersdorf. Rang Sechs teilen sich BMW, Commerzbank, Merck und MunichRe. Bemerkenswert: BMW machte den Sprung im vergangenen Jahr von Platz 22 auf sechs und MunichRE von 15 auf sechs.
Das Fazit von Personalexperte Russell-Reynolds-Partner Pietralla: Wer im Aufsichtsrat eine exzellente Zusammensetzung vorweisen kann, der erzielt auch überdurchschnittliches Wachstum.
Der dienstälteste Aufsichtsrat ist 27 Jahre dabei: Wilhelm Haarmann
Die Untersuchung weiter: Die Aufsichtsrätinnen sind im Schnitt 56 Jahre alt, die Aufsichtsräte schon 63 Jahre. Die dienstältesten Aufsichtsräte sind Wilhelm Haarmann bei SAP mit 27 Jahren als Kontrolleur und Eckart Sünner bei K+S mit 23 Jahren.
Die ältesten Aufsichtsräte mit mindestens 75 Jahren sind laut Russell-Reynolds-Studie Walter Weismann von Fresenius, Roland Berger (Fresenius), Manfred Schneider (Linde und RWE) und Gerd Krick (Fresenius). Die Seniora ist Elisabeth Schäffler bei Continental mit 74 Jahren.
Die jüngste Aufsichtsrätin ist 34, der jüngste 39 Jahre alt
Im Schnitt haben Henkel und HeidelbergCement die jüngsten Aufsichtsräte mit unter 56 Jahren. Die jüngsten Männer finden sich mit den 39-Jährigen Lars Hinrichs bei der Deutschen Telekom und Tobias Thelen bei Merck. Die jüngste Aufsichtsrätin ist Julia Kuhn-Piëch Julia, die als Firmenerbin jüngst bei Volkswagen eingezogen ist.
Die Internationalität der Aufsichtsräte ist unverändert, bedauert Pietralla. Er würde mehr ausländische Aufsichtsräte begrüßen, weil die Deutschen Vize-Exportweltmeister – nach den Chinesen – seien und die Wachstumsregionen besser verstehen sollten. „Ich frage mich, warum wir uns nicht mehr internationale Kompetenz in die Aufsichtsräte holen“, so Pietralla.
Die meisten Ausländer sind Österreicher
28 Prozent der Aufsichtsräte im DAX30 sind Ausländer – also mehr als jeder vierte. Die stärkste Gruppe bilden die Österreicher mit 18 Prozent gefolgt von den Amerikanern mit elf, den Briten mit neun und den Schweizern mit vier Prozent. „Gründe dürften einerseits mangelnde Sprachkenntnisse und andererseits fehlende Erfahrung mit der deutschen Mitbestimmung sein“, mutmaßt Jens-Thomas Pietralla von Russell Reynolds.
Die meisten Ausländer haben die Deutsche Bank und Volkswagen mit je 60 Prozent im Aufsichtsrat. Auf 50 Prozent Ausländeranteil bringen es Allianz, Beiersdorf, Deutsche Börse, Fresenius Medical Care und Henkel.
Kein einziger Ausländer bei Fresenius SE, Linde und Merck
Keinen einzigen Ausländer bieten dagegen Fresenius SE, Linde und Merck in ihrem obersten Kontrollgremium auf, rechnet Pietralla vor.
Einen Trend zur Verkleinerung der Aufsichtsräte scheint es nicht zu geben. Auffällig: Die Deutsche Börse hat ihre Aufsichtsräte-Zahl um sechs Posten auf zwölf verkleinert. Infineon dagegen hat das Gremium um vier Posten aufgestockt auf 16 – weil sich die Mitarbeiterzahl gesteigert hat und damit auf der Aufsichtsrat anwachsen muss laut Mitbestimmungsgesetz.
Wer die meisten Aufsichtsratsposten hat
Name | DAX30 Mandate | Alle Mandate |
Michael Diekmann | 4 | BASF Linde AG Siemens Fresenius SE |
Prof. Dr. Henning Kagermann | 4 | BMW Deutsche Bank Munich Re Deutsche Post (Franz Haniel & Cie GmbH (bis 25.4.15)) |
Dr. Clemens Börsig | 3 | Daimler Emerson Electric Linde Bayer Vatican Bank |
Dr. Paul Achleitner | 3 | Daimler Bayer Deutsche Bank Henkel AG SH Committee |
Dr. Theo Siegert | 3 | EON Henkel Merck KG & KGaA DKSH Holding |
Jim Hagemann Snabe | 3 | Siemens Allianz SAP Bang&Olufsen A/S Danske Bank A/S |
Klaus-Peter Müller | 3 | Commerzbank Fresenius SE & Mgmt SE Linde Parker Hannifin Corporation |
Prof. Dr. Lehner, Ulrich | 3 | Deutsche Telekom EON ThyssenKrupp Porsche Automobil Holding |
Prof. Dr. Renate Köcher | 3 | Allianz BMW Infineon Robert Bosch GmbH Nestle Deutschland |
Werner Wenning | 3 | EON Siemens Bayer Henkel Mgmt AG & Henkel AG SH Committee |
Wolfgang Mayrhuber | 3 | Munich Re Infineon Deutsche Lufthansa HEICO Corporation |