Hinter den Kulissen der Unternehmen – Headhunterin Sabine Hansen redet Tacheles (Gastbeitrag): Kein Respekt, keine Zusage

Sabine Hansen, Headhunterin bei Amrop Delta

Sabine Hansen, Headhunterin bei Amrop Delta

Hinter den Kulissen der Unternehmen – Headhunterin Sabine Hansen redet Tacheles (Gastbeitrag): Kein Respekt, keine Zusage 

„Der Vertragsentwurf ist schon unterwegs zu Ihnen“, sagte der Personalchef des DAX-Unternehmens der CFO-Kandidatin am Telefon ganz lapidar. Doch die freute sich mitnichten. Bei ihr kam die Aktion an nach dem Motto „Vogel friss oder stirb“. Hatte doch niemand mit ihr bis dahin übers Gehalt gesprochen oder gar verhandelt. Weder Aufsichtsrat noch Vorstandsvorsitzender noch der Personalchef hatten es für nötig gehalten, sie zu fragen, was sie sich denn so vorstelle. In keinem der drei vorangegangenen Gespräche.

Und tatsächlich stand im angekündigten Entwurf des Anstellungsvertrags schon eine Summe. Quasi wie ein Überraschungsbonbon – aber nicht als Gehalt, das auf Augenhöhe ausgehandelt wurde.

Die Kandidarin schäumte. Ob das Unternehmen mit einem Mann wohl dasselbe veranstaltet hätte? Eher nicht, meine ich. Ehrlich gesagt: ich habe so etwas in vielen Jahren mit vielen Kandidaten noch nicht erlebt.

Als der Personaler diesen Fauxpas auch noch toppte, war der CFO-Kandidatin schon die Lust vergangen, bei dem Unternehmen noch anzuheuern: Man rede doch schließlich grade miteinander, wollte er sich auch noch rauswinden. Der Subtext: Was stellen Sie sich so an?

Und der Personaler sprang dann gleich nochmal mit Anlauf in den Fettnapf: Im übrigen habe ihr der Headhunter doch den Rahmen genannt, so sein zweites trotziges Rückzugsgefecht.

Ganz so, als gehe es nur um ein lässliches Detail.

Die Ansage der Kandidatin fiel klartextig wie schlagfertig aus: „Das mag sein, aber Vertragspartner sind Ihr Unternehmen und ich, nicht der Headhunter.“

Hätte sich nicht der Vorstandschef grade noch rechtzeitig eingeklinkt und die überfällige Gehaltsverhandlung nachgeholt, wäre die CFO abgesprungen. Denn wie soll es erst nach Vertragsschluss laufen, wenn schon die Anbahnung – in der Anwerbephase – eine Einbahnstrasse ist? Wenn Unternehmen das Verhandeln mit weiblichen Vorstandskandidaten auf den Personalchef delegieren? In Zeiten des War of Talents, dem Kapf um die Talente. Zumal um die seltene Spezies weiblicher CFO´s?

Richtig, wer schon vorher so despektierlich behandelt wird, braucht – einmal an Bord – später keinen Respekt mehr erwarten.

Die Sache ging grade nochmal gut aus. Trotzdem. Inzwischen ist der Vertrag unterschrieben.

Sie denken, dies sei ein Einzelfall? Nur ein Ausreisser unter den Personalchefs landauflandab? Mitnichten, das darf ich Ihnen versichern. Es läuft nur nicht überall so transparent ab.

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