Naujoks in New York (XI): „Papa, wir haben so vermisst“ – und warum deutsche Gründer jünger sind als amerikanische

Für drei Monate war Stephan Naujoks, 49, CEO und Co-Gründer des Kieler Start-ups Snapmobl, in New York über das German Accelerator Programm. Snap­mobl transformiert Webseiten von Kleinunternehmen vollautomatisch in Smartphone-optimierte Varianten. Das Ergebnis ist eine mobile Webseite, die sich durch bestmögliche Kontakt-Raten auszeichnet.  Snapmobl vermarktet diese Lösung seit einem knapp eineinhalb Jahren und hat seitdem rund 4.500 Webseiten transformiert . Naujoks Ziel war: Die Vermarktung von Snapmobl in den Vereinigten Staaten.

Stephan Naujoks von Snapmobl

Stephan Naujoks von Snapmobl

Das Highlight meiner letzten Woche in New York war die Einladung zu einem Event des CEO der New Yorker German Accelerator Programms James Kolleger. Er ist seit Enderder 60er Jahre in der IT-Branche, die letzen 25 Jahre als Investor. Entsprechend exklusiv war die Teilnehmerliste. Zum Beispiel referierte Alan Patricof, 80, über die aktuelle Situation in der Startup-Finanzierung. Er ist Gründer von APAX Partners, dem weltweit größten Private-Equity-Unternehmen. Vor vierzehn Jahren hat er sich aus seinem Unternehmen zurückgezogen und ist seitdem als Investor in Early-stage-startups aktiv. 
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Seine Antwort auf die Frage, ob sich bei den aktuellen Startup-Bewertungen eine Blase gebildet hat, ist deshalb hochinteressant: Zum einen setzen die hohen Bewertungen eine Cascade of miracles voraus. Als Beispiel für solch ein Wunder nannte er die Einstellung eines Sales-Teams von 20 Verkäufern und alle 20 performen perfekt. Das Beispiel sagt viel über die Eintrittswahrscheinlichkeit solcher Wunder aus.

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Startups ohne Umsatz

Als weiteres Beispiel nannte er A-Runden-Finanzierungen im Silicon Valley in Startups, die keinen Umsatz machen.

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Die zweite Aussage ist ebenso interessant: Zur Zeit werden in New York jede Woche 70 Startups finanziert. Kein Geld der Welt reicht aus, um alle Seed Fundings in A Runden zu finanzieren. Es wird also bedeutende Ausfälle mangels Weiterfinanzierung geben.

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Der Ort der Veranstaltung war exklusiv gewählt: Es war der Union-Leage-Club. Der Privatclub wurde 1863 während des Bürgerkriegs gegründet. Interessantes Detail der Geschichte des Clubs: Das erste weibliche Mitglied wurde 1986 aufgenommen.

http://en.wikipedia.org/wiki/Union_League_Club_of_New_York

 

Unionleagueclub

 

Auch dort gilt: Eintritt nur mit Anzug und Krawatte!

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Wettbewerbsvorteile für Gesetzesbrecher?

 

Gefesselt hat mich auch eine Podiumdiskussion von Journalisten zu der Frage: Erlangen Uber und Airbnb Wettbewerbsvorteile durch das Umgehen gesetzlicher Auflagen? Von den sechs Diskussionsteilnehmern gab es nur einen einzigen, der Uber uneingeschränkt unterstützte, indem er sagte, der Kunde ist mündig genug, selber zu entscheiden, welche Art Taxi-Unternehmen er wählt. Der Rest hat die Regularien für Taxiunternehmen überhaupt nicht in Frage gestellt, sondern erwartet von Uber, dass diese eingehalten werden.

 

Es gab einige sehr detaillierte Einblicke in erfolgreiche Startups: Überrascht war ich, dass alle vorgestellten Unternehmen über einen hohen internationalen Kundenanteil verfügen. Zum Beispiel Foursquare, eins der erfolgreichsten New Yorker Startups. Deren COO berichtete von einem US-Anteil an deren Usern von nur 30 Prozent. Und das, ohne überhaupt Werbung gemacht zu haben. Interessanterweise tauchte Deutschland rein gar nicht in den Kuchendiagramen auf. Das hat mich genauso überrascht wie die Tatsache, dass die lateinamerikanischen Märkte mit sehr hohen Zahlen vertreten waren.

 

Unionleagueclub

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Ich hatte ja auf den Pitch-Veranstaltungen schon gesehen, dass Medizintechnik einen hohen Anteil bei den Startups ausmacht. Ein weiterer Vortrag beschäftigte sich genau damit. Zum Beispiel ist die Technik, um Routine-Untersuchungen zu Hause durchzuführen, so weit fortgeschritten, dass etliche Geräte und Softwareprodukte schon eine medizinische Zulassung haben. So kann das Smartphone eine bequeme Alternative zu Arztbesuch werden.

 

Bequem, wenn ich mir 80 Prozent der Arztbesuche (die aus 90 Prozent Anfahrt und Wartezeit bestehen) sparen kann. Bei drei Kindern kommt da im Jahr eine Menge zusammen, wenn Untersuchungen zu Hause gemacht werden können. Allerdings kann ich mir das nicht als Modell für Deutschland vorstellen. Nicht nur aufgrund des Beharrungsvermögens unseres Gesundheitswesens. Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir als Kunden einem solchen System vertrauen wollen. Ein großer Unterschied zu USA.

Wen das Thema mehr interessiert: Dieses Buch kann ich wärmstens empfehlen: http://www.healthattitude.org/

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Deutscher Datenschutz als Hemmschuh

Zum Thema Datenschutz: Deutschland tauchte in allen Diskussionen nur zwei mal an diesem Tag auf. Nie ging es um die Größe unseres Marktes und Umsätze. Immer ging es um Datenschutz und Regulierung: Nicht weil das bei uns besonders vorbildlich ist und man sich etwas bei uns abgucken müsse, sondern dass wir es hoffnungslos übertreiben. Wir werden belächelt – kein gutes Gefühl. Erst recht, weil ich insgeheim zugeben muss: Ganz unrecht haben sie nicht.

 

Für mich ebenso überraschend der Rat Alan Patricof, auf die Frage, was er einem Gründer frisch von der Uni kommend raten würde: „Geh für zwei Jahre zu einem Startup und lerne. Und dann gründe selbst.“

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Die Sache mit der Erfahrung

Ich erinnere mich zwar noch sehr gut an den Ausspruch Helmut Mauchers (Nestlé-Chef in den 90ern): „Erfahrung bedeutet überhaupt nichts, man kann einen Sache auch 30 Jahre lang falsch machen.“ Aber diese Zeit ist vorbei: Niemand kann es sich heute mehr erlauben, nur zwei Quartale hintereinander eine Sache falsch zu machen.

 

„Jugend forscht“ ist keine Basis, um Marktanteile schnell zu gewinnen, um schnell die richtigen Mitarbeiter  – dazu zählen auch Führungskräfte – zu gewinnen und zu führen. Und wer mit einem Investor um einen Beteiligung verhandelt, hat sicher keinen Nachteil, wenn er ein paar Verhandlungen auf dem Erfahrungs-Haben-Konto hat.

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Deutsche Gründer sind jünger als amerikanische

Insofern wenig überraschend: Das Durchschnittsalter der Gründer in Deutschland liegt bei 38 Jahren, in den USA bei 40.  http://www.golem.de/news/zew-studie-deutsche-start-up-gruender-sind-im-durchschnitt-38-jahre-alt-1211-95563.html

http://www.forbes.com/sites/krisztinaholly/2014/01/15/why-great-entrepreneurs-are-older-than-you-think/

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Greisenquote für Startups? 

Es gibt hier in USA übrigens eine ernsthafte Diskussion darüber, ob nicht bei Startup-Einstellungen oder bei Investitionsentscheidungen ältere Gründer benachteiligt werden. Hurra, meine Zukunft als Gründer ist gesichert, wenn es eine Greisenquote gibt, denn ich werde dieses Jahr 50! Damit dürfte ich wohl in die besonders schützenswerte Zielgruppe fallen 😉

 

Und dann ging es nach Hause – endlich! So viel ich auch um die Ohren hatte, meine Lieben haben mir doch ordentlich gefehlt. Und wohl auch umgekehrt. Um so größer war die Überraschung am Flughafen: Meine siebenjährige Tochter hat wochenlang herum gejammert, dass sie ja nicht mit zum Flughafen kommen kann, weil es der letzte Schultag wäre. Und ich solle mich doch beeilen, damit ich sie von der Schule abholen könne. Und dabei hat sie schon fleißig am Begrüßungsplakat gearbeitet. Na, ja – war ja der 1. April…

 

Begruessung

Ich habe mich riesig über die Begrüßung gefreut!

 

 

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