Vorstände und ihre Aufsichtsräte: Unsinnige Kontrollen, überflüssige Statistiken und gelähmte Unternehmenslenker – Gastbeitrag von Ulrich Goldschmidt

Treiben die Aufsichtsräte die Vorstände vor sich her? Und lähmen sie gar deren unternehmerisches Engagement? Ein Gastbeitrag von Ulrich Goldschmidt, dem Geschäftsführer vom Verband Die Führungskräfte, in dem er die typische Situation zwischen Vorständen und Aufsichtsräten skizziert.

Ulrich Goldschmidt; Geschäftsführer des Verbands Die Führungskräfte

Ulrich Goldschmidt, Geschäftsführer vom Verband Die Führungskräfte

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Wenn Ober-Vorstände Führungskräfte verscheuchen
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Der Klassiker, der auch in der Belastungs-Skala ganz oben steht, ist der Aufsichtsratsvorsitzende, der früher selbst Vorstand war und nun in seiner neuen Rolle wie ein Ober-Vorstand handelt. Bei denen ist die Versuchung groß, als Aufsichtsrat in das operative Geschäft hinein zu regieren. Das führt in Unternehmen und Konzernen immer wieder zu heftigen Konflikten, bei denen oft auch Menschen beschädigt werden und am Ende hervorragende Führungskräfte die Firma verlassen.
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Starkes Einmischen ins Tagesgeschäft gefährdet die Unabhängigkeit
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Es ist daher dringend anzuraten, rechtzeitig das Rollenverständnis zwischen Aufsichtsrat und Vorstand zu klären. Der Aufsichtsrat ist für das operative Geschäft der Gesellschaft nicht zuständig und kann dies auch nicht leisten, weil er nicht zu 100 Prozent in das Tagesgeschäft eingebunden sein kann. Hinzu kommt, dass sich ein Aufsichtsrat, der so stark am Tagesgeschäft teilnimmt, selbst fragen muss, ob er noch in der Lage ist, unabhängige Aufsicht zu führen.
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Ebenso wenig ist ein Aufsichtsrat hilfreich, der sich auf bloße Aufsicht im beschränkt und seine wichtige Rolle als Ratgeber ausblendet. Das führt häufig zu einem unterschiedlichen Verständnis der Unternehmensstrategie zwischen Vorstand und Aufsichtsrat. Oft genug wird hierüber nicht rechtzeitig genug gesprochen, was aber irgendwann in Unzufriedenheit und Kritik eskaliert.
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Weiss der Aufsichtsrat überhaupt, was das Geschäft ist?
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Der Grund für eine nicht hinreichend wahrgenommene Rolle als Ratgeber des Vorstands liegt bei erstaunlich vielen Aufsichtsräten in einer mangelnden Kenntnis der Geschäftstätigkeit der Gesellschaft. Jeder Vorstand ist also gut beraten, mit Informationen und notwendigen Unterstützungsmaßnahmen seine Aufsichtsratsmitglieder auf ein hohes Kenntnisniveau zu bringen. Information und Transparenz vermeiden Konflikte und helfen dem Vorstand mit einem Aufsichtsrat, der ihm als Ratgeber zur Seite steht.
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Erstaunlich ahnungslose Anteilseigner
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Mangelnde Kenntnisse von der Geschäftstätigkeit des Unternehmens führen bei Aufsichtsratsmitgliedern aber zu Unsicherheit. Es ist erstaunlich, wie häufig in der Praxis diese fehlenden Kenntnisse bei Anteilseignervertretern zu spüren sind. Die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat sind hier regelmäßig deutlich besser im Stoff.
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Unsinnige Kontrollen, gelähmte Unternehmerseelen, mangelndes Vetrauen
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Diese Unsicherheiten im Aufsichtsrat führen oft zu einer verstärkten aber mitunter unsinnigen Überwachungstätigkeit, der der Vorstand dann ausgesetzt ist. Rat wird hier durch Kontrolle ersetzt. Mit zum Teil überflüssigen Statistiken werden dem Vorstand bürokratische Fesseln angelegt. Damit kann man jegliche unternehmerische Initiative lähmen. Zudem vermittelt ein Aufsichtsrat, der die Vorstandstätigkeit mit permanenten Statistikanforderungen und Rechtsgutachten begleitet, dem Vorstand das Gefühl von mangelndem Vertrauen. Ein Vorstand, der ständig den Eindruck gewinnt, auf sehr dünnem Eis zu wandeln, wird nicht der Unternehmer sein können, den man sich für die Gesellschaft eigentlich wünscht.
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Zahlen können kein Unternehmen führen – nur denkende Menschen
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Am Ende steht nicht mehr der Unternehmer, sondern eine Herrschaft der Kennzahlen. Zahlen sind aber immer nur ein Hilfsmittel. Erfolgreiche Unternehmen werden nicht von Kennzahlen, sondern von unternehmerisch denkenden und handelnden Menschen geführt.

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