Naujoks in NW (II): Telefonieren? Nö, lieber mailen

Für drei Monate ist Stephan Naujoks, 49, CEO und Co-Gründer des Kieler Start-ups Snapmobl, in New York über das German Accelerator Programm. Snap­mobl transformiert Webseiten von Kleinunternehmen vollautomatisch in Smartphone-optimierte Varianten. Snapmobl vermarktet diese Lösung seit einem knappen Jahr und hat seitdem rund 4.500 Webseiten transformiert. Naujoks Ziel bis zum 31. März 2015: Die Vermarktung in den Vereinigten Staaten.

https://blog.wiwo.de/management/2015/01/13/naujoks-in-new-york-i-snapmobl-ein-deutsches-start-up-in-den-usa/

Seit Sonntag, dem 4. Januar, bin ich nun in New York und nehme am German Accelerator Programm teil, um snapmobl in den amerikanischen Markt zu bringen. Der German Accelerator hat seinen Sitz in bester Lage – in Manhattan in den Räumen des Incubators der Polytechnic Institute of New York University.

 

Poly Incubator

Poly Incubator

 

Mein Arbeitsplatz sieht so aus:

 

Stephan Naujoks Arbeitsplatz beim Incubator

Stephan Naujoks Arbeitsplatz beim Incubator

 

Mein Highlight der ersten Tage war meine Teilnahme NY Tech Meetup. Das ist das größte Tech-Startup-Netzwerk in New York und gleichzeitig die größte Meetup-Gruppe weltweit. Die Gruppe gibt es seit 2004, mehr Infos darüber hier: http://www.meetup.com/ny-tech/

Besonders beeindruckend: Der Veranstaltungsort war das  NYU Skirball Center – mit 860 Sitzplätzen komplett ausverkauft. http://nyuskirball.org/page/about

 

Verboten: Fragen nach dem Businessmodell 

Der Ablauf: Eine kurze Präsentation von neuen Lösungen anschließend Fragerunde mit einer überraschenden Vorgabe: Fragen nach dem Businessmodell sind nicht erlaubt, es geht nur um die Technik. Wer das nicht beachtet, wird noch während seiner Frage heftig ausgebuht. Trotz dieser Vorgabe besteht Publikum kaum aus typischen Techies, sondern es sind alle vertreten, die sich für Startups interessieren. Anschließend Networking – diesmal ausnahmsweise – wie mir versichert wurde – mit Saft statt mit Bier.

 

NYU Skirbal

NYU Skirbal

 

Persönliche Beziehungen zählen

In das Networken investieren die Amerikaner viel. Das Zitat eines Mentors: „Relationship matters – it’s all about networking“. In Zeiten, in denen die Kaltakquise von Neukunden immer schwieriger und vor allem zeitaufwändiger wird, sind persönliche Beziehungen, die Türen öffnen, um so wichtiger.

 

Angel Networks und After-hour-drinks

Beim Thema Networken stellt sich natürlich sofort die Frage: Wie trifft man am besten Investoren? Antwort einer Mentorin: „Es gibt Angel Networks und after-hour-drinks. Auf ihre Frage, wie das in Deutschland im Vergleich ist, war meine Antwort, es gäbe zwar Netzwerke, es wäre aber eher die Ausnahme auf ein After Hour Beer auszugehen und dabei Investoren zu treffen. Die Reaktion war verblüffend: „Was macht Ihr denn nach der Arbeit? Etwas nach Hause gehen?“ Der Tonfall machte sehr deutlich, dass diese Vorstellung für meine Gesprächspartnerin völlig absurd war. Sie mag so knappe 60 Jahre alt sein 😉

 

Am folgenden Tag ging es weiter mit Workshops der Mentoren zu den verschiedensten Themen. Meine persönlichen Highlights:

 

Persönliches Auftreten – gerne penetrant: Hier wird der Unterschied zu Deutschland am deutlichsten. Originalzitat des Mentors: „Being aggressive doesn’t mean impolite. Be aggressive  far beyond your comfort zone!“ Amerikaner erwarten sogar Agressivität und Hartnäckigkeit, sonst kann mein Anliegen schnell als ´nicht ernsthaft genug´ angesehen werden. Ein klarer Rat vom Mentor: „Be a pain in the ass!“ und er berichtet von einem Startup-CEO, der ihm seit acht Wochen zwei E-Mails pro Woche schickt, um einen Termin zu bekommen.

Das erzählt er keineswegs genervt oder mit rollenden Augen, sondern beeindruckt. „No one has a right tob e successfull.“

Meine Übersetzung mit nordeutscher Färbung: „Man muss schon den Mors hochbekommen, um in USA geschäftlichen Erfolg zu haben!“ Interessant auch der Rat eines anderen Mentors, sich im Wettbewerb durchzusetzen: „Man muss möglichst schnell den Willen des Wettbewerbers brechen, Wettbewerber sein zu wollen.“

 

Hoher Druck auf Manager: Der Druck auf Entscheidungträger in den USA ist brutal hoch. Die durchschnittliche Lebensdauer eines CMO in einem US-Unternehmen beträgt 18 Monate. Deshalb hat jeder Entscheider einen hohen Handlungsdruck. Ich wollte herausbekommen, ob die Amis ein Wort für aussitzen haben – ich habe es nicht geschafft, denn niemand hat verstanden, was das ist 😉

 

Diese Handlungsbereitschaft beeindruckt mich tief: Einem der Mentoren gefiel unsere Lösung so gut, dass er für den selben Abend einen Präsentationstermin bei seinem CEO ausgemacht hat.

 

E-mailen statt Telefonieren: Es wird sehr wenig telefoniert, die gesamte Kommunikation läuft per email. Deutliche Worte eines Mentors: „Wenn mich jemand anruft, dann hoffentlich nur, um mir zu sagen, dass er beide Arme gebrochen hat.“

 

Nein kann heissen `nicht jetzt´: „No“ bedeutet in den USA „no for now“, in ein paar Wochen kann die Sache schon ganz anders aussehen.

 

Hoch angesehene Start-ups: Aus meiner Sicht unterscheidet sich auch das Ansehen von Startups in den USA im Vergleich mit Deutschland: Die Gewichtung vom Risiko Geld zu verlieren im Vergleich zum Risiko eine Chance zu verpassen hat in Deutschland meiner Erfahrung nach eine klare Gewichtung auf ersterem. In USA scheint es bewusster zu sein, dass erfolgreiche Unternehmen wie Facebook und Google vor gar nicht so langer Zeit auch typische Startups waren. Startups werden ernster genommen und genießen deutlich höheres Ansehen als in Deutschland. Originalton eines Mentors: „In New York sind erfolgreiche Entrepreneurs die neuen Rockstars.“

 

Deutsche Technologie – hoch im Kurs: „German Technology“ wird sehr hoch in den USA geschätzt,  Ausländer vollständig akzeptiert – jeder sagt offen, er wäre ja auch ein Einwanderer und verweist auf seine Wurzeln drei Generationen zurück. Vorsichtig formuliert: Das ist oft anders in Deutschland. In USA ist nicht Herkunft entscheidend, sondern Frage: „How can you make me successfull?“

 

 

Mehr zum Programm: http://germanaccelerator.com/program/

Mehr zu snapmobl: http://snapmobl.com

 

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