Nur für schlechte Manager sind alle Kosten gleich – Gastbeitrag von PPI-Chef Thomas Reher

Unternehmensberater Thomas Reher, Vorstand des Consulting-Unternehmens PPI AG, enttarnt die Cost Cutter. Die Ertragsmaximierer, denen das Morgen ihrer Company und deren Überleben in der Zukunft egal ist – weil sie selbst dann über alle Berge sind und ihnen niemand mehr ihre Prämien nehmen kann.

 

Thomas Reher, PPI

Thomas Reher, Vorstand bei der Unternehmensberatung PPI

 

Kostensenken als Wunderwaffe?

Kosten sind schlecht. Sie vernichten Rendite und gehören deshalb bekämpft. Das Kostensenken mutiert zur Wunderwaffe, um Unternehmen wieder erfolgreich zu machen. Karstadt taumelt und 29 Kaufhäuser sollen geschlossen werden – zu hohe Kosten. Die Lufthansa muss wettbewerbsfähig bleiben – und setzt auf ein rigides Kostenprogramm. DHL spart Portokosten und schickt ihre Rechnungen digital – auch wenn das nicht gerade dem Geschäftsmodell der Konzernmutter Deutsche Post entspricht. Wenn Kosten gespart werden können, ist offensichtlich selbst Undenkbares möglich.

Kostensenkungsprogramme sind sinnvoll, wenn zu teuer eingekauft oder zu unwirtschaftlich produziert wird.

 

Unsinnige Kostensenkungsprogramme

Oft genug sind sie jedoch unsinnig. Viele Produkte und Dienstleistungen genügen nicht der schlichten Logik von Einkauf und Verkauf. Kurzfristig werden Personalkosten gespart, langfristig gehen Kunden verloren. Cost Cutting rechnet sich nur, wenn man ein Unternehmen von der Kostenseite in der Bilanz her im Jahreshorizont plant, ja.

 

 

Wenn man den Kunden in das Zentrum seiner Überlegungen stellt, eher nicht.

Doch die hohen Kosten für Kundengewinnung auf der anderen Seiten tauchen in der Bilanz ja erst in den nächsten Jahren auf und an anderer Stelle auf.

 

Wer soll noch verkaufen, wenn keine Verkäufer mehr da sind?

Schätzungsweise 90 Prozent der Kunden in Karstadt-Häusern kaufen nichts. Aber: Es gibt kaum noch Personal, um diese ausgabewilligen Menschen anzusprechen und ihnen etwas zu verkaufen.

Beratung? Fehlanzeige. Wurde durch Selbstbedienung ersetzt.

 

Hotlines als Kunden-Abwimmel-Instrumente – auch die Superkunden

Gute Lufthansa-Kunden erhalten den Status des „Frequent Travellers“ mit einer eigenen Hotline-Nummer. Wer nach zehn Minuten Warteschleife immer noch nicht an dieser Du-bist-wichtig-Hotline bedient wurde, ahnt, dass er in Wirklichkeit doch nicht so wichtig ist.

Und DHL verlangt drei Euro extra für eine Rechnung, wenn sie per Post statt als E-Mail kommt. Wer den kostenoptimierten Abläufen des Kurierdienstes nicht folgt, wird also kurzum bestraft. Mahnungen schickt DHL übrigens per Post, ohne Mehrkosten.

 

Kosten-Sparen zu Lasten der Kunden

Entsteht so Kundenbindung? Kundenzufriedenheit? Oder gar eine höhere Cross-Selling-Rate? Mitnichten!

Wer auf Kosten des Kunden Kosten optimiert, wird austauschbar, umständlich und unattraktiv. Beispiel Air Berlin: Das Sparprogramm „Turbine“ ist gerade durch. Da kündigt Air Berlin Chef Wolfgang Prock-Schauer schon das nächste an: „Hier wird es keine Tabus geben, alles kommt auf den Prüfstand.“ Ob die Airline  Business-Kunden oder auf Touristen bedienen möchte, bleibt unklar. 30.000 Kundenanfragen sollen bei Air Berlin auf eine Antwort warten, so Medienberichte. Bis zu acht Monate benötige der Schokoherz-Flieger, um seinen Kunden zu antworten. Das frustriert. So entsteht kein Umsatz, den Air Berlin so dringend braucht.

Oder das Beispiel Deutsche Bahn: Unter Hartmut Mehdorn wurde der Konzern auf Gewinne getrimmt – bis die Infrastruktur streikte und die Kunden rebellierten. Die S-Bahn in Berlin fuhr monatelang nicht vernünftig, und der Mainzer Hauptbahnhof wurde wegen Personalmangel im Stellwerk kaum angefahren. Kundenzufriedenheit: auf dem Tiefpunkt.

 

Kosten als Investitionen ins Geschäftsmodell

Viele Kosten sind in Wahrheit Investitionen in das eigene Geschäftsmodell. Für Serviceanbieter sind kundennahe Personalkosten ein Transmissionsriemen, um Mehrumsätze, Kundennähe und -bindung zu erzeugen. Premiummarken wie Apple investieren ins Marketing, um eine höhere Zahlungsbereitschaft zu stimulieren. Technikbasierte Unternehmen wie die Deutsche Telekom akzeptieren hohe Technikkosten, um über Netzstabilität und technische Exzellenz höhere Preise am Markt durchzusetzen.

Nur für schlechte Manager sind es schlicht alles Kosten. Für kluge Manager ist es die Anzahlung auf Erträge in der Zukunft.

http://www.ppi.de/ppi-ag/unternehmen/personen-und-fakten/

 

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