Manager weichkochen durch Versetzen – Gastbeitrag Arbeitsrechtler Christoph Abeln

Langjährigen Führungskräften kündigen ist teuer. Unternehmen taktieren daher oft lieber und sprechen Versetzungen aus – um sie so weichzukochen und loszuwerden. Dabei: Tatsächlich sind nur die wenigsten Versetzungen rechtswirksam, sagt Arbeitsrechtler und Buchautor Christoph Abeln („Handbuch für Führungskräfte“).

Christoph Abeln, Arbeitsrechtler aus Berlin

Christoph Abeln, Arbeitsrechtler aus Berlin

 

 

Wie Führungskräfte sich gegen solche Versetzungen wehren können:

1. Personalgespräch nur mit eigenen Zeugen
Gehen Sie nie ohne eine Begleitperson zu einem Personalgespräch. Grund: Häufig muss vor Gericht mündlich Vereinbartes nachgewiesen werden – mit einem Zeugen geht das deutlich einfacher. Wenn Sie keine eigene Vertrauensperson haben, nehmen Sie einen Betriebsrat oder vom Sprecherausschuss der leitenden Angestellten mit.

Wenn vorab nicht sicher ist, was das Thema des Mitarbeitergespräches sein wird, fragen Sie vorab nach, wer voraussichtlich teilnimmt und um was es gehen wird.

 

2. Im Gespräch nichts zusichern
Wichtig ist, dass Führungskräfte in so einem Personalgespräch Informationen ausschließlich mit dem Hinweis annehmen, dass man den Vorschlag prüfen werde. Knickt man zu sehr ein, kann man seine Rechte zu verlieren und sich später nicht mehr gegen die Versetzung wehren. Unter keinen Umständen sollte man direkt vor Ort eine Vertragsänderung unterschreiben. Lassen Sie diese auf jeden Fall von einem Rechtsexperten untersuchen. Häufig droht sonst, dass bei solchen Gelegenheiten eine Verkürzung der Kündigungsfrist oder ein nachteiliger variable Vergütungssatz in den neuen Vertrag aufgenommen werden soll. Oft biegen Sie mit einer Versetzung auf eine geringwertigere Position auch eine Karriere-Sackgasse ein.

 

3. Gedächtnisprotokoll erstellen
Immer wieder versuchen Arbeitgeber ihren Führungskräften in solchen Gesprächen Fallen zu stellen. Ein Beispiel: Ein Mandant wurde gefragt, wo er sich selber künftig sehe. Dabei sagte er nebenbei, dass er sich einen Wechsel von Berlin nach Hannover grundsätzlich vorstellen könne. Ein Satz, auf den sich der Arbeitgeber später vor Gericht berief. Tipp: Das Gespräch kurz zusammenfassen und an alle Gesprächsteilnehmer per E-Mail senden. Gibt es darauf keine Reaktion, gilt diese Fassung in einem möglichen späteren Prozess als akzeptiert.

 

4. Gespräch mit dem Anwalt vorbereiten
Versetzungen gehören – im Vergleich zu Kündigungen – zur deutlich schwierigeren Rechtsmaterie, so dass ein kompetenter Arbeitsrechtler von großer Bedeutung ist. Er prüft zunächst, ob eine mögliche Versetzungsklausel im Arbeitsvertrag die geplante Versetzung wirklich deckt oder ob das Unternehmen eine Änderungskündigung schicken muss. Stellen Sie noch vor dem Gespräch mit dem Anwalt einen Vergleich zwischen der alten und der neuen Position an.

 

5. Drei-Wochen-Frist beachten
Wer nicht gleich offensiv die Konfrontation mit seinem Arbeitgeber will, kann seine Änderungskündigung auch unter Vorbehalt annehmen. Die Folge: Die Annahme ist unwirksam, wenn das Gericht die Änderung der Arbeitsbedingungen als sozialwidrig beurteilt. Wichtig ist, dass der Arbeitnehmer diesen Vorbehalt seinem Arbeitgeber innerhalb der Kündigungsfrist, spätestens jedoch innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung erklärt. Die gleiche Frist läuft, wenn sich der Arbeitnehmer entscheidet, eine Kündigungsschutzklage einzureichen.

 

6. Formalitäten als Helfer für Manager
Hat das Unternehmen die nötigen Formalien eingehalten? Es kann beispielsweise nur von seinem Direktionsrecht Gebrauch machen und den Mitarbeiter ohne Vertragsänderung versetzen, wenn der Arbeitsvertrag in Sachen Ort und Art der Tätigkeit unspezifisch abgefasst ist. Andernfalls muss es eine Änderungskündigung aussprechen. Oft passieren Arbeitgebern dabei böse Fehler – und dann muss die Führungkraft die Änderungskündigung nicht akzeptieren. Die Folge: Der Manager wird weiter beschäftigt wie gehabt – zu bisherigen Konditionen. Oder er bekommt eine Abfindung, wenn sie beide einvernehmlich über sein Ausscheiden einigen.
Und auch bei Änderungskündigungen können Unternehmen Fehler passieren: Sie muss schritlich erfolgen, von den richtigen Personen im Unternehmen unterschrieben sein und  unter Wahrung der Kündigungsfristen oder – allerdings nur selten – mit sofortiger Wirkung ausgesprochen werden. Auch die geänderten Arbeitsbedingungen müssen schriftlich aufgezeichnet werden. Dabei ist es möglich das Angebot so konkret wie möglich zu formulieren. Die Annahme durch den Arbeitnehmer muss dagegen mit einem bloßen „Ja“ ohne weitere Erläuterungen erfolgen können.

 

7. Sozialauswahl beachten

Wenn ein Arbeitnehmer das Änderungsangebot nicht annehmen will, ist entscheidend, ob seine Kündigung wirksam und nicht sozialwidrig war. Das Unternehmen darf nur Änderungen anbieten, die der Manager billigerweise hinnehmen muss. Außerdem muss die Verhältnismäßigkeit gewahrt werden. Dafür muss die Firma alles Zumutbare unternommen haben, um die Anpassungen auf das unbedingt Erforderliche zu beschränken.

 

8. Degradierungsschutz nutzen
Unternehmen dürfen ihren Angestellten keine Aufgabe mit geringeren Anforderungen zuweisen, die obendrein noch schlechter bezahlt ist. Selbst dann nicht, wenn der Arbeitgeber der Führungskraft weiter den bisherigen, höheren Lohn zahlt. Tatsächlich ist in der Realität eine Degradierung häufig nur schwer erkennbar. Denn: Unternehmen umschreiben neue Aufgaben häufig mit blumigen Worten, die zunächst einen positiven Eindruck vermitteln.

 

 

"Handbuch für Führungskräfte"

„Handbuch für Führungskräfte“ von Christoph Abeln, 39,95 Euro, 226 Seiten

 https://www.springer.com/springer+gabler/management/unternehmensf%C3%BChrung/book/978-3-658-04028-4

 

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