Wenn einzelne Täter die ganze Company in den Abgrund reißen – im Korruptionsregister

Unternehmen, in denen Korruption, Betrug, Untreue oder Kartellvergehen geschehen, sollen künftig in einem  bundesweiten Korruptionsregister gesammelt werden. Anwältin Ute Jasper, Partnerin und Expertin für Auftragsvergaben der Kanzlei Heuking Kühn Lüer Wojtek erklärt, was Unternehmen künftig riskieren.

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Ute Jasper, Vergabrecht-Expertin und Partnerin bei Heuking Kühn Lüer Wojtek

Ute Jasper, Vergabrecht-Expertin und Partnerin bei Heuking Kühn Lüer Wojtek

 
Frau Jasper, in betrügerischen oder korrupten Firmen sollen künftig nicht nur die Täter bestraft, sondern die Unternehmen selbst in einem bundesweiten Register gelistet werden. Was wird da genau gelistet?
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Jasper: Die Justizminister der Länder haben dieses Korruptionsregister vorgeschlagen. Erstmals soll in ganz Deutschland eingeführt werden, was es bisher nur in manchen Bundesländern und dort sehr uneinheitlich gibt. Im neuen Bundesregister werden die Unternehmen, in denen zum Beispiel Bestechungen – und zwar beide, Bestochene wie Bestechende -, Betrug oder Kartellvergehen wie Preisabsprachen vorgekommen sind, nach einheitlichen Regeln wie auf einer schwarzen Liste erfasst.
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Welche bekannten Unternehmensfälle aus der Vergangenheit würden sich künftig im Korruptionsregister wiederfinden?
Jasper: Die genaue Liste der Straftaten und die Schwelle – also ob die Anklage für den Eintrag reicht oder ob erst ein Urteil da sein muss – liegen noch nicht vor. Aber alle Kartell- und Korruptionsfälle werden sicher erfasst. Damit könnten große Unternehmen wie ThyssenKrupp nach dem Schienenkartell oder Infineon, Philips und Samsung wegen Preisabsprachen bei Chips künftig durchaus in einem bundesweiten Korruptionsregister stehen.
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Was bedeutet das für die betroffenen Unternehmen?
Jasper: Wirtschaftsstraftaten einzelner Mitarbeiter werden nun zur Last für deren Unternehmen. Die individuelle Strafe für den Geschäftsführer oder Angestellten bedeutet quasi eine Sippenhaft für das Unternehmen, – schlimmstenfalls bis zur Insolvenz. Denn Orgsanisationen die öffentlichen Hand – Bund, Länder und Kommunen – können dieses Register einsehen. Für alle öffentlichen Auftraggeber ergibt sich daraus ein Verdacht, dass ein gelistetes Unternehmen nicht zuverlässig genug ist, um einen Auftrag auszuführen. Es wird dann besonders kritisch geprüft und kann als Bewerber für Aufträge ausgeschlossen werden.
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In welchen Branchen wird es dann eng?
Jasper: Die Unternehmen der öffentlichen Hand vergeben in Deutschland jährlich Aufträge für 360 Milliarden Euro und sind in Branchen wie Tiefbau, Nahverkehr oder Rüstung fast die einzigen Auftraggeber.
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Können auch andere Unternehmen das Korruptionsregister nutzen, um sich Klarheit über ihre möglichen Lieferanten zu verschaffen?
 
Jasper: Ja, auch private Unternehmen können das Korruptionsregister voraussichtlich einsehen, sobald sie selbst Zuschüsse, Subventionen oder Fördermittel erhalten. Und das trifft auf fast alle größeren und mittleren Unternehmen zu. Weil genau diese Firmen auch Compliance-Abteilungen mit strengen Beschaffungsregeln haben, werden sie ein Korruptionsregister bestimmt auch nutzen, um schwarze Schafe von ihren Lieferantenlisten zu streichen.
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Gibt es solche Vorschriften schon in Deutschland?
Jasper: Mehrere Bundesländer, wie beispielsweise Nordrhein-Westfalen, haben Korruptionsregister oder sogenannte Schwarze Listen, in denen sie Unternehmen nach Straftaten listen.
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Wird ein Unternehmen, das in diesem neuen Korruptionsregister landet, automatisch für Aufträge der öffentlichen Hand gesperrt?
Jasper: Eine Totalsperre ist damit nicht verbunden. Das Korruptionsregister dient als verwaltungsinterner Informationspool. Der öffentliche Auftraggeber muss in jedem Einzelfall prüfen, ob der Bieter zuverlässig ist.
Die Privatwirtschaft, die das Korruptionsregister meist ebenfalls einsehen kann, hat allerdings keine solche Pflicht, dies erst einmal zu prüfen. Sie können Geschäftspartner direkt und auch ohne Einzelprüfung ablehnen, wenn sie ihnen deshalb nicht korrekt genug erscheinen.
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Können sich Unternehmen gegen die Eintragung wehren?
Jasper: Das ist nicht leicht, weil die Eintragung formal kein Verwaltungsakt ist, den man per Gericht bekämpfen könnte. Rechtschutz ist aber – wie immer in Deutschland – möglich.
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Und wie lange bleibt ein Unternehmen im Korruptionsregister eingetragen?
Jasper: Für das geplante, bundesweite Gesetz steht das noch nicht fest. In den Bundesländern sind die Fristen unterschiedlich: sie liegen zwischen sechs Monaten und zehn Jahren.
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Wie kann sich Unternehmen aus dem Register wieder heraus kommen?
Jasper: Vorgesehen ist eine Selbstreinigung. Sie setzt voraus, dass das betroffene Unternehmen die Staatsanwaltschaft bei der Aufklärung unterstützt und sich von den strafbaren Personen trennt. Schadenskompensation, Compliance-Regeln oder Whistleblower-Hotlines helfen ebenfalls. Und zwar nicht nur beim Löschen aus der Liste, sondern auch bei der späteren Überprüfung, ob ein Unternehmen inzwischen wieder zulässig ist.

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