Wie man Kaffeepausen bei Seminaren und Kongressen am besten nutzt (Gastbeitrag)

Der Artikel von Nils Hille ist im Unternehmermagazin Creditreform 6/2014 erschienen und  wurde den Lesern des Management-Blogs freigegeben. www.creditreform-magazin.de

Have a break, have a contact

Fiese Plörre oder beste Bohnen? Trockenes Teilchen oder köstlicher Konditortraum? Es ist völlig egal, wie Kaffee und Kuchen in der Pause bei einer Veranstaltung schmecken. Völlig egal? Ja, denn die freie Zeit zwischen Vorträgen, Diskussionen oder Seminareinheiten ist viel zu wertvoll, als dass es sich über die schlechte Verpflegung ernsthaft aufzuregen lohnt. Wer geschickt ist, nutzt vielmehr die wenigen Minuten, die ihm bleiben: Er macht die Kaffeepause zur Kontaktbörse.

Kaffeebecher

 

Und Verwendung für das (schlechte) Catering finden Kommunikationsfreunde dann auch noch: Es dient als geschickter Anknüpfungspunkt, um ins Gespräch zu kommen – das funktioniert sogar mit Fremden wie von selbst.

 

Bloß nicht beim Small-Talk Politik ansprechen

„Reden Sie zu Beginn einfach über etwas, was Ihrem Gegenüber auch gerade schmeckt, was er gesehen und erlebt hat. Sie können auch ein Thema oder eine Aussage aus dem gerade gehörten Vortrag aufgreifen“, rät Frank Seeger von Study & Train aus Stuttgart. Also einfach locker über Gott und die Welt reden? „Bloß nicht! Vermeiden Sie Themen wie Religion oder Weltpolitik als Einstieg ins Gespräch. Dazu gibt es ganz unterschiedliche Meinungen und somit ist Ihr Tritt ins Fettnäpfchen fast programmiert“, sagt der Kommunikationstrainer. Besser ist es, wenn leichte Themen dominieren, zu denen beide Gesprächspartner einen Bezug haben, wie eben die Verpflegung bei der Veranstaltung.

 

Man muss sich nur trauen wollen

„Die Kaffeepause bietet eine viel komfortablere Ausgangssituation als die sogenannte kalte Kontaktaufnahme per Anruf oder E-Mail, bei der Sie sich vorher nicht persönlich bekannt machen konnten. Sie müssen sich nur trauen“, sagt auch Dieter L. Schmich, Coach und Autor des Ratgebers „Sicherheit und Karriere durch Networking“ (siehe „netzwert“). Um sich an Unbekannte heranzuwagen, empfiehlt er eine konsequente Vorbereitung: Zunächst muss der „Kontaktknüpfer“ den Willen mitbringen, überhaupt neue Leute kennenzulernen. „Treffen Sie für sich die klare Entscheidung, in jeder Pause einer anstehenden Veranstaltung ein bis zwei neue Leute, die sie noch gar nicht kennen, anzusprechen“, empfiehlt Schmich.

 

Die berufliche Botschaft

Damit die Unsicherheit vor den Gesprächen mit Fremden schwindet, sollte jeder seine „berufliche Botschaft“, wie Schmich das nennt, auf den Punkt formulieren können: „Wenn Sie gefragt werden, was Sie denn im Arbeitsleben so machen, sollten Sie das flüssig und knackig kommunizieren können.“ Nach Schmichs Erfahrungen können dies acht von zehn Menschen nicht. Sie holen stattdessen weit aus, verzetteln sich und hinterlassen damit keinen guten Eindruck oder einen überforderten Gesprächspartner. Ein zufriedenes Gegenüber bekommt derjenige, der vorher ein wenig Rechercheleistung erbracht hat: „Wenn Sie eine bestimmte Person bei einer Veranstaltung kennenlernen wollen, bereiten Sie sich auch inhaltlich auf sie vor“, rät Seeger. Zu Menschen fast jeder Branche finden sich mittlerweile im Internet Zitate, Fachbeiträge oder Informationen zu beruflichen Stationen, die einen ersten Überblick und wiederum Anknüpfungspunkte für ein Gespräch liefern.

 

Ziel: Fünf Visitenkarten

Durch ein konkretes Ergebnis lässt sich die Erfolgsquote bei der Kontaktaufnahme weiter steigern: So sollte sich der Kommunikationswillige ein sportliches, aber realistisches Ziel für jede Veranstaltung setzen, wie zum Beispiel im Laufe aller Pausen eines Kongresses fünf bis sechs Visitenkarten durch kurze Unterhaltungen einzusammeln. Alternativ reichen auch die Vor- und Zunamen verbunden mit der Nachfrage, ob die Gesprächspartner bei Business-Netzwerken wie Xing oder Linked-In mit einem Profil vertreten sind.

 

In der Ruhe liegt die Kraft Selbstverständlich kann eine Kontaktaufnahme auch gleich zu einem Angebot für eine Dienstleistung oder den Verkauf von Produkten führen. Das ist aber eher selten der Fall. Hier hilft es, sich Folgendes bewusst zu machen: Meist muss ein Kontakt erst einmal wachsen und erblühen, bis sich schließlich die Früchte ernten lassen (siehe „Richtig netzwerken in drei Schritten“). Wer das verinnerlicht hat, geht deutlich entspannter auf Unbekannte zu. „Erkennen Sie, ob Sie beim Herantreten erwünscht sind oder nicht. Wenn nicht, dann ziehen Sie einfach weiter und nehmen Sie es auf keinen Fall persönlich. Sie wissen nie, in welcher Situation sich die andere Person gerade befindet“, sagt Seeger.

 

Stehtische sind unkomplizierter

Anfänger sollten sich lieber an Menschen an Stehtischen heranwagen. Hier geht es unverbindlicher zu als bei Sitzgruppen oder Tischen, an denen gemeinsam länger gespeist wird. „Und Sie können schneller weiterziehen, wenn die Kontakte für Sie uninteressant sind“, sagt Schmich. Ansonsten heißt es: Dreistigkeit siegt. Wer ewig auf den perfekten Moment wartet, wird meist von einem anderen, unangenehmen Moment überrascht: dem Gong, der das Ende der Pause signalisiert. 30 Sekunden sollten ausreichen, wenn es zur Kontaktaufnahme kommt, um nach dem Herantreten sich dem Gegenüber vorzustellen und ihm inhaltlich eine Brücke zu bauen, auf die er sich gerne begeben mag.

 

Bloß nicht mit Problemen anfangen

„Bleiben Sie dabei immer freundlich sowie interessiert. Bringen Sie keine Probleme hervor, sondern zeigen Sie, dass Sie Ihr Leben und Ihren Job im Griff haben“, rät Seeger. Von Anfang an sollte eine Botschaft im Mittelpunkt stehen, so Schmich: „Zeigen Sie dem Gesprächspartner, wieso er vom neuen Kontakt profitiert.“ Kontakte geknüpft und Kärtchen getauscht? Damit ist es noch nicht getan. Zurück im Büro folgt die Aufbereitung. An den Folgetagen sollte sich der Netzwerker bei den neu gewonnenen Kontakten melden. So kann er den positiven ersten Eindruck festigen, bleibt im Gespräch und vereinbart vielleicht sogar einen Gesprächstermin. Schmich: „Schreiben Sie eine persönliche Mail, kontaktieren Sie über ein Netzwerk oder rufen Sie kurz an. Nutzen Sie also Ihren bevorzugten Kommunikationskanal. Nur so bleiben Sie auch dran – und ein bisschen Spaß sollen Sie beim Netzwerken ja auch haben.“

 

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