ADAC: Wer manipuliert, liefert seinem Arbeitgeber jedenfalls einen Kündigungsgrund – Gastbeitrag von Willkie-Farr-Partner Rolf

Vieles hat der ADAC uns ja immer noch nicht verraten. Etwa die Motive von seinem Ex-Kommunikationschef Peter Ramstetter, als er das Ranking der Automarken mal so eben frei nach Schnauze durcheinanander wirbelte. Ohne sich um das wirkliche Abstimmungsergebnis der Leser der „ADAC Motorwelt“ zu scheren.

Oder welche arbeitsrechtlichen Maßnahmen er konkret gegenüber Ramstetter ergriffen hat. Beides würde man doch gerne mal wissen – endlich.

Zwar wurden teuere Deloitte-Experten beordert, um alles aufzuklären – aber diese Basics sind den Profis vielleicht viel zu profan.

Aber da es irgendwie die Wurzel allen Übels ist, würde man es doch endlich mal gerne erfahren: War der PR-Mann betrunken und übermütig? Hat er vielleicht doch irgendwo die Hand dafür aufgehalten und Bakschisch bekommen? Wenn ja, von wem und wie viel?

 

Christian Rolf, Arbeitsrechtler und Partner bei Willkie Farr & Gallagher hat die Lage exklusiv für den Management-Blog in seinem Gastbeitrag ausgelotet mit dem Ergebnis: Wer manipuliert, liefert seinem Arbeitgeber einen Kündigungsgrund. 

Christian Rolf, Arbeitsrechtler und Partner bei Willkie Farr & Gallagher

Christian Rolf, Arbeitsrechtler und Partner bei Willkie Farr & Gallagher

Statt mit einer repräsentativ ermittelten Auszeichnung, schmückten sich Fahrzeughersteller mit der willkürlichen Auswahl eines (oder mehrerer?)  ADAC-Mitarbeiter.

Für den ADAC ist das eine wirklich peinliche Nummer, ebenso wie für die zu Unrecht geehrten Autohersteller.

Viel Zeit hat der ADAC jetzt nicht: binnen 14 Tagen ab Kenntnis vom Kündigungsgrund – also mit Vorliegen der Deloitte-Ergebnisse – muss er Ramstetter fristlos kündigen. Wenn der Arbeitgeber denn eine Interessensabwägung vorgenommen hat und die zu Ungunsten des betroffenen Mitarbeiters ausfällt.

 

Ein Kündigungsgrund liegt durchaus vor:

 

1. Strafbar muss sich ein Manipulierer gar nicht machen (Bundesarbeitsgericht Aktenzeichen 2 AZR 973/94 und Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Aktenzeichen 2 Sa 705/10). Läge eine Straftat vor, wäre dies eine schwere Verfehlung und mithin ein Kündigungsgrund für den ADAC.

 

2. Bei jedweden Manipulationen im Job sind die Arbeitsgerichte hammerhart: Sie sind ein Kündigungsgrund, denn das Arbeitsverhältnis setzt Vertrauen in den Mitarbeiter voraus und das ist bei einer Manipulation deutlich erschüttert.

 

Dann ist auch keine Abmahnung mehr nötig, weil der Mitarbeiter nicht damit rechnen konnte, dass sein Arbeitsvertrag bestehen bleibt, wenn die Manipulation auffliegt.

 

Das gilt umso mehr, wenn das manipulierte Arbeitsergebnis der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird wie hier, als die frisierte Umfrage millionenfach gedruckt und entsprechende Preise verliehen wurden (Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Aktenzeichen 8 Sa 762/09 im Fall von umettiketierten Gammelfleisch).

 

Ein manipuliertes Arbeitsergebnis ist quasi der Modellfall eines fristlosen Kündigungsgrunds.

Jedoch: Todsichere Kündigungsgründe gibt es nicht. Bei jeder fristlosen Kündigung muss der Arbeitgeber die Interessen des Unternehmens gegen die Interessen des Mitarbeiters abwägen. Genau der Punkt macht eine fristlose Kündigung in gewisser Weise unwägbar.

Konkret: Gegen den Täter – Ramstetter als Manipulierer – spricht, dass der Verein nicht nur einen erheblichen Reputationsschaden erleidet, sondern darüber hinaus auch finanzielle Nachteile hat, wenn massenhaft Mitglieder austreten, also 15.000. Immerhin liefern Internet-Foren schon vorformulierte Kündigungen. Das spricht deutlich gegen den Mitarbeiter.

 

Keine geeignete Entschuldigung wäre es, wenn Ramstetter dies vorbrächte: Er habe im Interesse des ADAC gehandelt, weil die geschönte Zahl der Antwortgeber dem Verein mehr Marktmacht zuschreibt.

 

Welches Motiv hatte der Manipulierer?

 

Zwar muss ein Arbeitsgericht gegebenenfalls auch das Motiv des Manipulierers berücksichtigen, aber entscheidend bleibt, dass ein als repräsentativ ausgegebenes Umfrageergebnis manipuliert ist. Noch schwerer wirkt es, wenn die Manipulation von persönlichen Motiven getragen wäre – das müsste noch aufgeklärt werden von Deloitte & Co. 

 

Mal angenommen, die ADAC-Spitze hätte Ramstetters Ranking-Manipulationen gekannt und nicht verhindert – wofür Deloitte aber noch keine Anhaltspunkte geliefert hat: Dann wäre die Kündigung von Ramstetter als Bauernopfer unverhältnismäßig und unwirksam.

 

Hat die Company durch mangelnde Compliance arbeitsrechtliche Verstöße erst möglich gemacht? 

 

Dafür spricht auch möglicherweise ein Trend der Arbeitsgerichte bei Compliance-Fällen. Etwa wie das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt/Main vom September 2013 (Aktenzeichen  9 Ca 1551/12): In die Interessenabwägung der fristlosen Kündigung soll nämlich auch einfließen, ob der Arbeitgeber die Manipulation – also den arbeitsvertraglichen Verstoß – erst ermöglicht hat durch ein unzulängliches Compliance-System.

 

Fehlende Kontrolle könnte gegen den Arbeitgeber sprechen

 

 

Kommt etwa heraus, dass die Stimmenauszählung für das Ranking nicht ausreichend kontrolliert wurde und einer Manipulation damit Tür und Tor geöffnet waren, kann dies bei einer Kündigung gegen den Verein sprechen. Ob das allerdings ausreicht, um die Schwere der Manipulation aufzuwiegen, bezweifle ich. Ich gehe davon aus, dass ein Arbeitsgericht hier hart bleibt – und gegen das Unternehmen entscheidet.

 

Weiter geht´s mit dem Verhalten des Vereins ab dem Moment, in dem er Kenntnis von der Manipulation hatte:

Bietet der ADAC Ramstetter an, das Arbeitsverhältnis im Rahmen der normalen Kündigungsfrist zu beenden, schadet das womöglich ihm als Arbeitgeber: Denn nach Ansicht einiger Arbeitsgerichte gibt der Arbeitgeber damit zu erkennen, dass er doch bis zum Ablauf der normalen Kündigungsfrist hätte warten können und das Festhalten am Arbeitsvertrag zumindest bis dahin zumutbar war.

 

…ordentlich kündigen geht immer noch 

 

Nichtsdestotrotz: Versäumt es der ADAC, seinen Kommunikationschef Ramstetter fristlos zu feuern, kann er dennoch ordentlich kündigen – unter Einhaltung der Kündigungsfrist. 

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