Ein Teller Spaghetti mit Achim Glade: Über Manager, die die Fassung verlieren

Achim Glade, Gesellschaftsrechtler und Gründer von Glade Michel Wirtz

Achim Glade von der Kanzlei Glade Michel Wirtz

Ohne Umschweife kommen wir im „Beluga“, einem relativ neuen Italiener in der neuen Altstadt in Düsseldorf, wo Achim Glade einen Teller Nudeln mit Muscheln bestellt hat,  zum Thema:  Vorstände, die zu Achim Glade kommen, um anwaltlichen Beistand zu suchen, werden immer häufiger ziemlich blass. Weil sie etwas hören, was sie nicht erwartet hatten. Nämlich dass sie von ihrem eigenen Unternehmen für Schäden in Anspruch genommen werden können, die ihr Privatvermögen dramatisch übersteigen. Wegen Geldbußen vom Bundeskartellamt oder der EU zum Beispiel. „Sie verstehen es nicht“, beschreibt der Düsseldorfer Glade. Erst nach ungefähr 30 Minuten. Und dann fragen sie: „Und wie geht es jetzt weiter?“

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Überall gibt´s Leute, die Grenzen überschreiten

Ein Großteil von ihnen muss am Ende dann doch nicht haften. Weil sie selbst gar nicht – als sogenannter Kartellant – beteiligt waren an den verbotenen Absprachen über Preise, Konditionen oder Regionsaufteilungen zwischen Mitbewerbern und zu Lasten ihrer Kunden. Aber dann ist da noch das sogenannte Organisationsverschulden. Dafür muss ein Top-Manager nicht einmal etwas geahnt haben von den rechtswidrigen Absprachen, den Kartellen – und muss trotzdem dafür grade stehen. Eben weil er es versäumt hat, die Unternehmen so zu organisieren, dass solche Taten gar nicht erst passieren. Durch Schulungen, Erklären von Verboten und dem Deutlich-Machen, dass Toleranz gegenüber Gesetzesverstößen nicht infrage kommt. Etwa wenn sich der Vertriebschef mit seinem Counterpart beim Konkurrenzunternehmen immer so schön verständigt hat – um seiner Karriere und der schönen Prämien willen. Oder weil man die falschen Leute mit der falschen Vorbildung auf Führungspositionen setzt. „Und weil in jedem großen Unternehmen immer eine Quote von Leuten sitzt, die Grenzen überschreiten“, weiß der vierfache Familienvater Glade aus Erfahrung.

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Manager gewinnen ihre Fassung immer erstaunlich schnell zurück

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Dann unterstellt das Kartellamt den Top-Managern Mitverantwortung für die hohen Schäden, Aufsichtsrat und Presse fordern seinen Rücktritt. „Und ich bin immer wieder beeindruckt, wie schnell diese Entscheider nach den Schreckminuten wieder `back to normal´sind und wieder ihre Fassung haben“, erzählt der Gesellschaftsrechtler. Das seien die, die wirklich ein reines Gewissen haben, aber aufpassen müssen – vor Ränkespielen, Intrigen und Mobbing der Stühle-Säger, die scharf sind auf deren Posten. Und vor allem davor, Bauernopfer zu werden. Die Betroffenen werden nervlich blockiert, wenn es zu den Schadenersatzforderungen kommt, aber sie arbeiten weiter.

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Aufsichtsräte, die von sich selbst ablenken

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Auch die Aufsichtsräte-Haftung spricht sich herum, so Glade.  Dies hat auch für den Vorstand Konsequenzen. Denn: „Wer als Aufsichtsrat gegen seinen Vorstand vorgeht, lenkt von sich selbst ab.“

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Und Glade wäre nicht Glade, der stets gut informiert, auch jetzt wieder ein frisches Bundesgerichtshof-Urteil (II ZR 90/11) aus dem Ärmel zieht. Beim Teller Nudeln mit Meeresfrüchten (fast jeder Urlaub führt ihn an die See) im – erst kürzlich eröffneten – Beluga in der Neuen Altstadt rast er mit Tempo durch den Fall. Da hätten Hypotheken-Banker Zins-SWAP-Geschäfte in dreistelliger Millionenhöhe gemacht, die sie laut BGH nicht hätten machen dürfen. Weil Spekulieren nicht zum Kerngeschäft einer Hypothkenbank gehört. Allenfalls zur Zinssicherung hätte es geschehen dürfen.

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Manager können Saldierung verlangen

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Doch hin wie her, ob erlaubt oder verboten – was im konkreten Fall das Untergericht nochmal angehen muss – so stellen sich clevere Manager und ihre Anwälte doch die Frage: Wenn die Firma schon Gewinne gemacht hat mit meinem Organisationsverschulden oder meinen Kartellvergehen, so müssen mir die Gewinne daraus doch selbst zugute kommen, irgendwie? Und nicht nur der Firma. Sprich: Kann er eine Saldierung verlangen?  Ja, lautet die Antwort der Bundesrichter.

„Das ist ein neues Argument zugunsten der Manager“, analysiert Glade. Jedenfalls wenn´s um ein und denselben Deal und densselben Fehler gehe.

In der Zwischenzeit hat Glade seine Nudeln verputzt, war zufrieden und nimmt noch einen Espresso – um dann schnell zurück zum Schreibtisch zu eilen. Zu Fuß, denn der steht nicht weit, nah am Graf-Adolf-Platz auf der Kasernenstrasse. Wo bergeweise Arbeit auf ihn wartet. So viel, dass sogar seine Sommerferien gefährdet sind.

 

Spaghetti mit Meeresfrüchten im "Beluga"

Spaghetti mit Meeresfrüchten im „Beluga“

WiWo-Top-Kanzleien Compliance: https://blog.wiwo.de/management/2012/05/14/wiwo-serie-top-kanzleien-die-besten-anwalte-fur-compliance-fragen/

https://blog.wiwo.de/management/2012/02/03/mehr-macht-fur-den-aufsichtsrat-die-neuen-plane-der-corporate-governance-kommission/

 

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