Das Internet ist so wichtig wie die eigene Wohnung oder das Auto – Gastbeitrag von Moritz Hüsch von Heymann & Partner

Schadensersatz wenn´s Internet ausfällt:  Auswirkungen für Kunden und Provider

 

Moritz Hüsch von Heymann & Partner

Viel Geld wird´s kaum geben, wieviel genau steht auch noch nicht fest, aber immerhin: Der Bundesgerichtshof (BGH) hat jetzt entschieden, dass Internetprovider Schadensersatz zahlen müssen, wenn ein Internetanschluss ausfällt (Aktenzeichen III ZR 98/12). Das Besondere an der Entscheidung ist, dass der Provider ohne weiteren Nachweis allein für die fehlende Nutzungsmöglichkeit des Internets zahlen muss. Der BGH hat das Internet damit als besonders wichtig für die Lebensführung eingestuft – und ihm so die gleiche Stellung wie einem Auto oder der Wohnung eingeräumt.

Wieviel Geld ein Geschädigter für den Nutzungsausfall verlangen kann, muss noch das Berufungsgericht entscheiden, an das das Verfahren zurückverwiesen wurde. Große Beträge sind allerdings nicht zur erwarten, im Endeffekt nicht mal der komplette Betrag für eine Ersatzbeschaffung – da Gewinnmargen und dergleichen herausgerechnet werden.

Für Kunden ist das Urteil erfreulich, da es für sie nun deutlich einfacher wird, beim Ausfall einer Verbindung Geld zu verlangen. Es reicht künftig wohl der Nachweis, dass das Internet nicht funktioniert hat – mehr ist dann erst einmal nicht zu erledigen. Dadurch wird es auch möglich sein, ohne großen Aufwand, Geld vom Provider zu verlangen. In der Regel sollte nun ein Schreiben an den Provider mit den Eckdaten des Ausfalls und Bezugnahme auf das Urteil reichen. Bis zur Entscheidung des Berufungsgerichts wird man den pro Tag anzusetzenden Betrag schätzen müssen, als Anhaltspunkt kann dafür der monatlich für das Internet fällig werdende Betrag genommen werden. Leer dürfte man ausgehen, wenn für den Zeitraum des Ausfalls ein anderer Internetanschluss zur Verfügung steht (bspw. über eine separate Leitung). Unverändert bleibt der Nutzer aber verpflichtet, sonstige Schäden (also jenseits des reinen Nutzungsausfalls) nachzuweisen. Dies ist in der Regel schwieriger, da die Anforderungen an weitere Schäden, bspw. durch den Internetausfall verursachte Mehraufwände, recht hoch sind.

Für Internetprovider ist das Risiko durch dieses neue Urteil bei Einzelstörungen kaum der Rede wert, da die Beträge, die sie an einzelne Kunden zahlend müssen, gering sein werden.

 

Teure Massenstörungen

Anders sieht das aber bei Massenstörungen aus, von denen nicht nur einzelne Anschlüsse, sondern ganze Anschlussgebiete betroffen sind. Wenn eine Störung eine ganze Region betrifft, kann der Schadensersatz durchaus stattliche Summen erreichen. Internetprovider können dann entweder direkt gegenüber ihren Kunden oder indirekt gegenüber Resellern zum Schadensersatz verpflichtet sein. Im letzteren Fall – also bei den Resellern – verkauft der Provider seine Internetverbindungen an ein anderes Unternehmen, dass es dann an Endkunden weiterverkauft. Je nach Vertrag kann der Provider gegenüber seinen Resellern auch zum Ersatz so genannter indirekter Schäden verpflichtet sein. Im Falle einer Massenstörung können dann auch Ansprüche der Endkunden wegen Nutzungsausfalls an den Provider durchgereicht werden. Um diese Risiken zu minimieren, sollten Provider vor allem ihre Resellerverträge daraufhin überprüfen, ob die Haftungsbeschränkungen darin wirksam sind: Erfahrungsgemäß ist das bei zahlreichen standardisierten Verträgen nicht der Fall. Immer wieder sieht man zum Beispiel pauschale Haftungsausschlüsse für indirekte Schäden oder Haftungshöchstsummen. Beides ist bei standardisierten Klauseln unzulässig und führt zur Unwirksamkeit – in aller Regel – der gesamten Haftungsbeschränkung.
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Hinzu kommt, dass es Jahr für Jahr neue höchstrichterliche Urteile zu standardisierten Vertragsklauseln („allgemeine Geschäftsbedingungen“) gibt, die ebenfalls umzusetzen sind. So kommt es regelmäßig vor, dass auch ursprünglich zulässige Haftungsbeschränkungen durch ein neues Urteil unzulässig werden. Die Folge in ist all diesen Fällen ist, dass dann anstelle der unwirksamen Haftungsbeschränkung das gesetzliche Haftungsregime gilt, das zugunsten des Geschädigten deutlich weitergehender ist. Eine regelmäßiger Check der aktuellen Anforderungen und eine dadurch resultierende Anpassung der Standardverträge verringernt diese Risiken deutlich. Darüber hinaus sollten Internetprovider in Kundenverträgen ihren Verantwortungsbereich transparent und möglichst eindeutig definieren. So sollten zum Beispiel Fälle so genannter „höherer Gewalt“ ausdrücklich geregelt werden, in denen eine Haftung dann ausgeschlossen ist. Aber auch bei solchen Formulierungen ist Fingerspitzengefühl gefragt, weil sie bei unklaren oder zu weitgehenden Einschränkungen keine Wirkung entfalten und so zum Risiko für den Provider werden können.

Hüsch

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