von Claudia Tödtmann und Hans-Peter Canibol
Unternehmen kostet die Einhaltung von Regeln und Gesetzen eine Menge Geld, ein Verstoß gegen die gesetzlichen Vorschriften kann richtig teuer werden. Wo sie die besten Compliance-Anwälte finden.
Die Sicherheitsvorkehrungen seien völlig unzureichend, die Feuerlöscher leer gewesen, und es habe auch keine Notruftelefone gegeben, warf das Gericht den Führungskräften aus Deutschland vor. Und das, obwohl laut Staatsanwaltschaft Brandversicherung und Aufsichtsbehörden die Unternehmensleitung früh auf den Missstand aufmerksam gemacht hatten. Die Manager hätten in den Brandschutz investieren müssen, so die Richter. Dies sei aber aus Kostengründen unterblieben, weil das Werk ohnehin geschlossen werden sollte.
Die Turiner Richter fällten mit dem Urteil den härtesten Spruch Italiens aller Zeiten in puncto Arbeitsschutz. ThyssenKrupp reichte gegen ihn vor zwei Monaten Berufung ein – Ende offen. „Informationen über den Zeitplan der zweiten Instanz liegen derzeit nicht vor“, heißt es bei ThyssenKrupp. Und weil das Urteil nicht rechtskräftig sei, gehe Harald Espenhahn nach wie vor seinen Managementaufgaben beim Stahlkonzern nach.
Compliance ist ganz oben auf der Unternehmensagenda
ThyssenKrupp ist ein klassischer Fall von Compliance (Einhaltung von Regeln und Gesetzen), auch wenn er nicht von Bestechung und Korruption, Datenschutz- oder Kartellrechtsverstößen handelt.
Fälle wie die jahrelange Schmiergeldpraxis bei Siemens, die Datenschutzskandale bei der Deutschen Telekom und der Deutschen Bahn, aber auch die Rotlicht-Affäre von Volkswagen haben die Manager landauf, landab aufgeschreckt. Das Thema Compliance ist inzwischen weit oben auf der Unternehmensagenda angesiedelt.
Sogar Ausschlüsse von Aufträgen drohen – plus Millionenstrafen
Manche Unternehmen haben eigene Compliance-Ressorts eingerichtet, wie etwa Daimler mit der Ex-Bundesverfassungsrichterin Christine Hohmann-Dennhardt an der Spitze. Drohen den Unternehmen doch nicht nur direkt hohe Millionenverluste, wenn Strafen gegen sie verhängt und sie beispielsweise nach Embargo-Verstößen zur Strafe von Aufträgen ausgeschlossen werden. Im Schadensfall müssen Unternehmen auch teure Anwälte in großen Teams monatelang im Unternehmen beschäftigen, um für die Staatsanwaltschaft die Sachlage aufzuklären.
Schließlich stehen auch die Karrieren der Manager und ihr Privatvermögen auf dem Spiel; im schlimmsten Fall droht dazu noch Gefängnis. „Arbeitsschutzrecht gehört zum Compliance-System, und Manager müssen sich um so etwas Langweiliges kümmern. Wer die Illusion hat, es vernachlässigen zu können, dem hält diese atemberaubende Verurteilung des deutschen Managers in Turin den Spiegel vor“, sagt Thomas Klindt, Partner der Kanzlei Noerr in München.
Die Stundenhonorare der Compliance-Anwälte schwanken für Partner zwischen 320 und 400 Euro – je nach Disziplin, Kartellrechtler sind teurer als Arbeitsrechtler. Eine anwaltliche Beratung bei Produktrückrufen kostet zwischen 400 bis 450 Euro. Besonders renommierte Compliance-Experten verlangen sogar 600 Euro pro Stunde. Zu tun gibt es für die Spezialisten genug: „70 Prozent der Unternehmen haben noch gar keine Compliance installiert, die sicherstellt, dass im Unternehmen keine Gesetze und Regeln verletzt werden“, schätzt Achim Glade von der Kanzlei Glade Michel Wirtz.
Streichposten Fortbildung? Das kann teuer werden
Jurist Klindt erwartet noch Probleme, zum Beispiel für die Autoindustrie. So hätten dort Konstruktionsleiter und ihre Teams jahrelang gesetzliche Vorschriften zu CE-Kennzeichnungen und vorgeschriebene Dokumentationen nicht umgesetzt. Der Grund: Die Vorschriften seien ihnen unbekannt gewesen, weil ihre Unternehmen an Fortbildungen sparten. Am Ende könnten hohe Kosten wegen Rückrufen oder Klagen von Produktgeschädigten stehen.
Gutachten sind gefragt
Kanzleien schreiben auch im Vorfeld von Schadensersatzprozessen gerne Gutachten. So etwa Gleiss Lutz für die Deutsche Bahn, deren Tochtergesellschaft Berliner S-Bahn ausgerechnet bei den gesetzlich vorgeschriebenen Wartungsarbeiten gespart hatte. Millionenschäden waren die Folge.
In Erwartung wachsender Geschäfte rüsten die Kanzleien bei den Compliance-Anwälten aktuell auf. „Wir haben an jedem unserer sechs Standorte entsprechende Gruppen aufgebaut“, so Wendelin Acker, Partner bei Hogan Lovells. Durchsucht dann zum Beispiel das Bundeskartellamt bei einem Mandanten die Büros und womöglich auch Privatwohnungen, können umgehend bis zu acht Anwälte zu Hilfe eilen. Wichtig ist die regionale Nähe laut Acker, weil selbst gestandene Top-Manager in solchen Momenten versuchen, gegenüber den Beamten alles herunterzuspielen, in der Hoffnung, dass ihnen dann eine Anklage erspart bleibt. Oft aber redeten sie sich dabei um Kopf und Kragen. „Tauchen wir Anwälte auf, können wir zumindest auf Aussageverweigerungsrechte achten, sogenannte Zufallsfunde verhindern und auf die Grenzen des Durchsuchungsbefehls pochen“, so Acker.
Wichtig sei so ein Eileinsatz der Juristen aber auch, um den Geschäftsbetrieb aufrechtzuerhalten. Fehlen dem Unternehmen nach Beschlagnahmeaktionen wichtige Unterlagen, wie etwa Vertragsvereinbarungen, könnten sie möglicherweise nicht mehr weiterarbeiten. Aufgabe der Anwälte ist es dann, sicherzustellen, dass nur so viele Unterlagen wie nötig die Firma verlassen und diese vorher fotokopiert werden.
Handy-App für Durchsuchungen von Unternehmen
Die Kanzlei Noerr hat zum Beispiel für Durchsuchungen der Kartellwächter eine eigene Handy-App entwickelt. Manager können so mit einem Klick Hilfe herbeirufen, wenn es mal wieder brennt – und dringend ein Anwalt benötigt wird, der sich in Compliance-Fragen auskennt.
Top-Kanzleien für Compliance
- Top-Kanzleien: Anwälte für die perfekte Scheidung
- WiWo-Top-Kanzleien: Die besten Anwälte für Kartellrecht
- WiWo-Top-Kanzleien: Die besten Anwälte für Markenrecht
Kanzlei CMS im eigenen Blog über Beschleunigungszahlen an ausländische Amtsträger: http://www.cmshs-bloggt.de/archives/12349
Es ist erstaunlich, dass einer der renommiertesten, erfahrensten und besten Compliance Anwälte nicht in der Liste auftaucht: Dr. Carsten Thiel von Herff, http://www.compliance-wirtschaft.de
Dann hat ihn entweder noch vor den beiden Jury-Runden keiner benannt oder er ist in in einer der beiden Jury-Runden herausgefallen.