Wenn die EU zu „Buy Green – buy social“ zwingt. Interview mit Ute Jasper

 

Frau Jasper, Unternehmen, die von der ganzen Frauenquotendiskussion bisher nicht betroffen sind, weil weder Dax-Konzern noch Großunternehmen sind, müssen sich plötzlich auch dafür interessieren. Zumindest wenn sie in Ländern Aufträge bekommen, die schon jetzt gesetzlich vorgeschriebene Frauenquote haben wie Spanien oder Frankreich. Eine entsprechende Warnung kam vor wenigen Tagen vom Auswärtigen Amt. Was hat es damit genau auf sich?

Ute Jasper, Heuking Kühn

Jasper:  Das Auswärtige Amt befürchtet Handelsbeschränkungen, wenn Deutschlands Unternehmen nicht die Frauenquoten einführen. In Spanien gibt es eine gesetzliche Frauenquoten für weibliche Führungskräfte von 40 Prozent. Sie gilt für Unternehmen ab 250 Mitarbeitern. Bei öffentlichen Aufträgen werden die Firmen bevorzugt, die diese Quote erfüllen. Wollen sich also deutsche Unternehmen in Spanien um einen Auftrag der öffentlichen Hand bewerben, sind ihre Chancen deutlich besser, wenn auch sie die Frauenquote in ihrer Chefetage erfüllen. Wegen der Einzelheiten haben wir eine Anfrage an die Außenhandelskammer gesandt.

Sind viele deutsche Unternehmen davon nun betroffen?

Jasper:   Ja, und die Zahl steigt. Denn nicht nur Spanien, auch andere Länder wie die Niederlande führen Frauenquoten und andere soziale Standards ein. Die Europäische Kommission bereitet derzeit sogar zwingende Regeln vor. Der Trend lautet „Buy Green – Buy Social“

Und im Inland droht den Unternehmen, die für die öffentliche Hand arbeiten oder sie beliefern – vom Bauunternehmen bis zum Schulbuchverlag – jetzt ab Mai ebenfalls Ungemach?

Jasper:  Völlig richtig. Allerdings kann man darüber streiten, ob das „Ungemach“ ist. Das Tariftreuegesetz setzt in Nordrhein-Westfalen ebenfalls neue Standards.

Was hat es mit dem Tariftreuegesetz auf sich?

Jasper:  Energieeffizienz, Frauenförderung und Mindestlöhne werden zur Pflicht. Darin liegen aber nicht nur Nachteile. Die deutschen Unternehmen werden sich nicht nur in NRW, sondern weltweit ohnehin darauf einstellen müssen, dass Preis und Qualität der Waren nicht mehr allein entscheidend dafür ist, wer den Auftrag erhält.

Woher kommt der Trend?

Jasper:  Trendsetter sind die öffentliche Hand und – wie so oft – amerikanische Unternehmen. Sie legen neue Werte fest, für die keine globalen Regeln durchsetzbar sind.

Nennen Sie bitte Beispiele.

Jasper:  Wenn sich Umweltschutz oder das Verbot von Kinderarbeit nicht global regeln lassen, ersetzt die Einkaufsmacht den Gesetzgeber. Amerikanische Unternehmen und die öffentliche Hand in Europa kaufen künftig nur noch Produkte, die dem Dreiklang „People-Planet-Profit“ entsprechen.

Gilt das auch für Dienstleistungen? Worauf müssen sich die Unternehmen einstellen?

Jasper:  Ja, immer mehr. Amerikanische Anwaltssozietäten weisen ihren Kunden beispielsweise schon nach, dass sie Diversity ernst nehmen und Mitarbeiter aus allen gesellschaftlichen Gruppen beschäftigen. Nur dann werden sie mandatiert. Auch in Deutschland werden die Berater künftig Frauenförderprogramme nachweisen müssen.

 Nur Frauenförderprogramme oder auch echte Diversity-Massnahmen, die zum Beispiel die Türken abbilden müsste – so wie in den USA Farbige und Indianer?

Jasper: Die Vorschriften zur Gleichbehandlung werden alle Bereiche betreffen. Frauen, Ausländer, Behinderte undsoweiter.

 

 

Ute Jasper ist Expertin für Vergaberecht bei der Sozietät Heuking Kühn Lüer Wojtek und leitet das 20köpfige Vergaberechtsteam. Ihre Profession sind Bund, Länder und Kommunen, sie befasst sich mit Aufträgen der öffentlichen Hand, seien es Banknoten, Fußballstadien oder Eisenbahnen.

 

 

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