Wenn der Bund die Spielregel ignoriert – Gastkommentar von Heiko Höfler von Kanzlei Orrick

 

Ausgerechnet der Bund schert sich nicht um – neues – Recht und Gesetz, sondern macht auf „Business as usual“  Er handhabt seine  Auftragsvergaben im Verteidigungsbereich weiter ohne die vorgeschriebene europaweite Ausschreibung.


Staatliche Aufträge von Verteidigung und Sicherheit müssen seit Ende August 2011 – also immerhin schon seit knapp sechs Monaten – europaweit ausgeschrieben werden. Trotzdem führt insbesondere der Bund – als größter öffentlicher Auftraggeber in der Europäischen Union – dennoch seine Geschäfte von diesen Regelungen weitestgehend unbeeindruckt fort. Es gibt Investitionen im dreistelligen Millionenbereich, die nach wie vor nicht europaweit ausgeschrieben werden.

 

Zu den Dienstleistern, mit denen die Zusammenarbeit ohne Ausschreibung weiter fortgeführt wird, gehört zum Beispiel die BwFuhrparkService GmbH, ein Mobilitätsdienstleister (www.bwfuhrpark.de). Die privatrechtlich organisierte Gesellschaft wurde 2002 als Gemeinschaftsunternehmen gegründet. Gesellschafter sind der Bund – vertreten durch das Bundesministerium der Verteidigung (75,1%) und die Deutsche Bahn (24,9%). Als Auftragnehmer des Bundes betreibt die BwFuhrparkService GmbH den gesamten nichtmilitärischen Fahrzeugbestand der Bundeswehr. Zu den Kunden der BwFuhrpark GmbH gehören neben der Bundeswehr weitere Behörden, ausländische Streitkräfte und internationale Streitkräfte und Privatkunden.

 

Die Verträge mit der BwFuhrparkService GmbH bestehen seit 2002. Da das neue Gesetz Vergaberecht für Aufträge mit Verteidigungs- und Sicherheitsrelevanz eine maximale Laufzeit von sieben Jahren vorsieht, dürfen diese Verträge nicht mehr verlängert werden, sondern müssen zwingend europaweit ausgeschrieben werden. Dies wird seitens des Bundes jedoch offenbar ignoriert. Das Ganze passiert zum Nachteil der Steuerzahler, die weiterhin für Leistungen auf der Basis von Preisen bezahlen müssen, die nicht im Wettbewerb gebildet wurden.

 

Ein weiteres Beispiel ist die HIL Heeresinstandsetzungslogistik GmbH, ein Dienstleister der Bundeswehr (www.hilgmbh.de/de/index_de.html). Aufgabe der HIL GmbH ist die gesamtverantwortliche Übernahme bisheriger Bundeswehr-Aufgaben in der Wartung von Verteidigungsgeräten mit den Kernelementen Planung, Steuerung und Durchführung von Materialerhaltungsaufgaben.  Zu den Gesellschaftern gehören namhafte Unternehmen wie Rheinmetall Defence und Krauss-Maffei-Wegmann. Die Verträge zwischen dem Bund und der HIL bestehen seit 2005 und müssten somit 2012 neu ausgeschrieben werden. Doch auch hier scheint seitens des Staates kein Interesse an einer europaweiten Ausschreibung zu bestehen. 

Die aktuelle Haushaltsvorlage des BMVg sieht eine Vertragsverlängerung ohne Ausschreibung vor. Wert: weit über 25 Millionen Euro.

 

Heiko Höfler ist Partner der Rechtsanwaltskanzlei Orrick Hölters & Elsing in Frankfurt/Main und hat beratend an zahlreichen Großprojekten in der Sicherheits- und Verteidigungswirtschaft mitgewirkt. Zudem ist er Honorarprofessor an der Bauhaus-Universität Weimar und lehrt zu verschiedenen rechtlichen Fragestellungen öffentlich privater Partnerschaften sowie zum Vergaberecht.  

 

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Alle Kommentare [2]

  1. Endlich ein Anwalt, der ausspricht, was viele von uns tagtaeglich erleben müssen. Die Barrieren zB. für Mittelständische Unternehmen sind eher höher als niedriger geworden bei der Vergabe von Aufträgen. Ein Hohn!