Geschenk zum 60.Geburtstag? Noch nicht die Rosenschere!

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Arbeitsrechtler Boris Dzida von der Top-Kanzlei Freshfields in Hamburg hat für den Management-Blog erklärt, was das EuGH-Urteil für deutsche Arbeitnehmer und Arbeitgeber bedeutet:

# Der EuGH kippt erneut eine langjährige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Bislang war allgemein anerkannt, dass für Piloten eine tarifvertragliche Altersgrenze von 60 Jahren zulässig ist. In einer Entscheidung aus dem Jahr 1998 hatte das Bundesarbeitsgericht für Piloten sogar eine Altersgrenze von 55 Jahren anerkannt.

# Die Entscheidung bedeutet jedoch keineswegs, dass Altersgrenzen beispielsweise für Piloten, Busfahrer oder Fluglotsen künftig nicht mehr zulässig sind. Der EuGH hebt ausdrücklich hervor, dass Altersgrenzen gerechtfertigt sind, wenn besondere körperliche Fähigkeiten vorliegen müssen, um die Sicherheit der Allgemeinheit zu gewährleisten.

# Der EuGH hat sich letztlich daran gestoßen, dass der deutsche Gesetzgeber Piloten bis zum 65. Lebensjahr fliegen lässt, wogegen der Tarifvertrag Piloten schon mit 60 in Rente schickt. Dies ist nach Ansicht des EuGH unverhältnismäßig und zum Schutz von Leib und Leben der Passagiere nicht erforderlich. Die deutschen Arbeitsgerichte hatten dies bislang anders bewertet und dem Schutz der Allgemeinheit den Vorrang gegeben.

# Die Entscheidung des EuGH hat jedoch nicht nur Bedeutung für das Cockpitpersonal von Fluglinien. Auch in einigen anderen Branchen haben die Tarifvertragsparteien Altersgrenzen vereinbart, die unter der gesetzlichen Regel-Altersgrenze liegen: Ein Beispiel sind die Fluglotsen. Die Tarifvertragsparteien werden bei ihnen prüfen müssen, ob deren Altersgrenzen – jetzt nach dem EuGH-Urteil – noch gültig sind. Immer dann, wenn für eine Branche aus Sicherheitsgründen eine gesetzliche Altergrenze gilt, aber die tarifvertraglich vereinbarte Altersgrenze niedriger ist, muss es gute Gründe geben, um die niedrigere Altersgrenze zu halten. Andernfalls muss der Tarifvertrag geändert werden.

# In den meisten Branchen stehen in den Tarifverträge dagegen Altersgrenzen, die identisch sind mit der Regel-Altersgrenze. Weil es keinerlei Sicherheitsgründe gibt, weshalb Arbeitnehmer vorzeitig in Rente geschickt werden sollten. In den Branchen sind diese Altersgrenzen nach wie vor wirksam.

# Allerdings kommt es vor, dass Unternehmen in Arbeitsverträgen eine niedrigere Altersgrenze für die Arbeitnehmer festschreiben.

Eine typische Regel: Das Arbeitsverhältnis endet, wenn der Arbeitnehmer eine vorgezogene Altersrente beantragen kann. Hier schützt das Gesetz die Arbeitnehmer: Eine solche Regel führt nur dann zum früheren Ende des Arbeitsverhältnisses, wenn sie erst drei Jahre vor der möglichen Inanspruchnahme vorgezogener Altersrente vereinbart oder dann jedenfalls erneut bestätigt wird. Auf diese Weise schützt der Gesetzgeber Arbeitnehmer davor, dass sie in jungen Jahren ein niedrigeres Rentenalter vereinbaren – im fortgeschrittenen Alter es sich aber anders überlegen und dann aber doch lieber bis zum regulären Renteneintritt weiter arbeiten wollen.

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