Ackermanns sonniges Gemüt

Es ist schon erstaunlich, wie treffsicher manche immer wieder den dicksten Fettnapf finden, der so herumsteht. Da diskutiert die Nation – emotionsgeladen wie selten –
a) die Frauenquote ziwschen 20 bis 40 Prozent in Zeitschritten gestaffelt,

b) eine Frauenquote a la Maison nach dem Rezept „wir machen 957 Jahre so weiter, dann haben wir´s“ oder

c) die Beibehaltung der Über-90-Prozent-Männerquote (natürlich nur mangels Kindergärten oder so ähnlich),
doch der Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann beweist ein sonniges Gemüt.

Vielleicht ist es auch Schweizer Humor? Gesagt hat er jedenfalls mitten in die Hitze des Gefechts hinein: Frauen in Unternehmensvorständen machten die Gremien „farbiger“ und „schöner auch“.

Vorständinnen sollen nur Mickergehälter bekommen? So wenig, dass sie davon nicht mal eine Kinderbetreuung finanzieren können?


Wie bitte? Von dieser Seite hatte es in diesen Tagen noch niemand betrachtet. Jedenfalls nicht laut. Hinter vorgehaltener Hand erzählten mir selbst gestandene wie renommierte Unternehmensberater, „dass man eigentlich nur noch für die Frauenquote für Führungspositionen sein kann“. Öffentlich würde er es kaum sagen. Die andere, umgekehrte Variante: Selbst junge Männer und mit Herkunft aus den neuen Ländern finden plötzlich, dass die Frauenquote nicht kommen dürfe. Denn es hapere ja nun mal an der Kinderbetreuung, so als gebe es keine Väter, Großeltern, Kinderhorte oder was auch immer. Denn Managerinnen in Top-Etagen sollten doch soviel verdienen, dass sie eine adäquate Kinderbetreuung davon locker finanzieren könnten. Sonst sollten sie mal einen Gehaltsvergleich mit den männlichen Kollegen im Vorstand oder Aufsichtsrat anstellen, die ganze Familien davon ernähren und trotzdem nicht gerade an der Armutsgrenze herumkrebsen.

Doch zurück zu Deutsche-Bank-Chef Ackermann, der in seinen Hallen zwar leiderleider keine Dame vorweisen kann – aber sie doch so gerne hätte. Aber nicht um sie stolz der Öffentlichkeit zwecks Imagesteigerung vorzeigen zu können oder um die Zahlen seines Geldhauses noch weiter aufzupolieren – das versprechen ja entsprechende wissenschaftliche Studien – , sondern um selbst einen netten Anblick zu haben.

An Stelle seiner Sekretärin/nen, Assitentinnen oder welchen weiblichen Wesen auch immer um ihn herum wäre ich nun aber etwas beleidigt. Hat er doch bislang offenbar keinen solchen erfreulichen Anblick. Aber ok, diese Äußerung hat auch „für Kopfschütteln innerhalb (und außerhalb) der Bank gesorgt, fand das „Handelsblatt“ heraus.

 

Thema verfehlt mit launigen Thesen

Mein Deutschlehrer hätte daneben geschrieben „Thema verfehlt“. Gehen die launigen Thesen doch am Kern des Problem offensichtlich meilenweit vorbei. Es geht jetzt gerade mal nicht um die persönliche Erbauung vom großen Deutsche-Bank-Chef, sondern um das Beenden der Benachteiligung der Hälfte der Bevölkerung wegen des Geschlechts. Vier minus, setzen.

Nun ist Ackermann aber gar kein Schüler mehr, sondern ganz offenbar der Bewohner eines Elfenbeinturms. Bodenhaftung kann man ihm kaum mehr nachsagen, was ja von ihm auch irgendwie nicht zu erwarten ist bei dem Job. Dass er es böse gemeint hat, aber auch nicht. Schließlich hat er nicht nur eine Frau, sondern auch eine Tochter – und mindestens die soll doch ihren Mann stehen und sich ernähren können. Das wird er doch sicher wollen. Und das möglichst gut.

Sein Ex-Mitarbeiter und Chefökonom Norbert Walter – Vater von zwei Töchtern – auch erst nach seiner Zeit in der Bank entdeckt und proklamiert, dass die Unternehmen mehr Frauen bräuchten. Schade auch, er hat seine Chancen in seiner aktiven Zeit wohl vertan. http://www.wiwo.de/blogs/management/2010/01/08/nobert-walters-neues-engagement-fur-frauen-im-job-und-familien/

Doch Ackermanns versonnenes Geständnis brachte nun die Frauen aus Politik und Wirtschaft – unabhängig von seiner freundlichen Grundaussage – auf die Palme: „Wer es farbiger und schöner mag, soll auf eine Blumenwiese gehen oder ins Museum“, regte Bundesverbraucherschutzministerin Ilse Aigner von der CSU an.

Die Europa-Abgeordnete Silvana Koch-Mehrin (FDP) dagegen wartete mit Deco-Tipps für die Banker-Glaspaläste auf: „Wenn Herr Ackermann mehr Farbe im Vorstand will, soll er sich Bilder an die Wand hängen.“ Und dass Frauen in Führungspositionen sich nicht als Dekorationsobjekt verstehen.

 

Wollte Ackermann für eine Karnevalssitzung üben?

Nur woher sollte der arme Mann das wissen? Wo er doch gar keine Vorstandskollegin hat.

Oder sollte diese launige Äußerung in Wirklichkeit schon ein lustiger Beitrag zum Karneval sein? Hat er nur geübt für eine Rede beim Aachener Karneval? Oder für einen Auftritt in der legendären Kölner Stunksitzung? Das wirds wohl gewesen sein.

Nur gut, dass Ackermann seine Vorfreude auf Farbe in seiner Führungsetage nur hierzulande zum Ausdruck gebracht hat – und nicht in einem Land, das es mit der Gleichstellung auch von anderen Minderheiten oder Benachteiligten sehr ernst nimmt und so gar keinen Spaß versteht.

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Alle Kommentare [2]

  1. Tja, Humor ist wenn man trotzdem lacht oder?

    Irgendwie ist die ganze Sache für mich ein Dilemma: an Quoten glaube ich nicht, da sich in der Wirtschaft Leistung durchsetzen sollte. An die Durchsetzung der Leistung glaube ich nicht, da ich die Entscheider in der Wirtschaft kenne.

    Was tun? Abwarten bis die Macho-Generation in den Führungsgremien pensioniert wird?

    Einen Tipp habe ich: Frauen mit Potential sollten sich junge, aufgeschlossene, mittelständische Unternehmen suchen. Da weht meist schon ein anderer Wind. Für etwas weniger Geld mehr Chancen und mehr Gestaltungsspielraum!