10 Jahre iTunes: Wie Apple die Musikindustrie abgemurkst hat

Eine Dekade nach dem Start des Internet-Musikshop von Apple dominieren vor allem Single-Downloads – was die Branche gewissermaßen ein halbes Jahrhundert zurück katapultiert hat.

Beinahe heimlich, still und leise hat am vergangenen Wochenende ein wichtiges Jubiläum stattgefunden: Genau zehn Jahre ist es her, dass Apple seinen Internet-Musikshop iTunes Music Store eröffnet hat. Freilich passen die leisen Tönen nicht zu den fast revolutionären Veränderungen, die jener Kreation insbesondere für die Musikbranche nach sich gezogen hat.

Steve Jobs hat bei den Verhandlungen mit den Plattenbossen seinerzeit durchgedrückt, dass er komplette Alben für 10 Dollar und einzelne Musiktitel gar für 99 Cent verkaufen durfte. Vor allem der Single-Download hat die Musikindustrie weitgehend abgemurkst, wie Zahlen der US-Musikverbandes RIAA zeigen.

Auf dem Höhepunkt der CD-Ära im Jahr 2000 wurden in den USA fast eine Milliarde Silberlinge verkauft. 2007 haben die Einzel-Downloads über iTunes die CD-Verkäufe mit 819 zu 500 Millionen Stück erstmals übertrumpft. Im vergangenen Jahr wurden übers Netz 1,4 Milliarden Digital-Singles verkauft – sieben Mal mehr als CDs, wie „CNN Money“ anschlaulich aufbereitet hat:

Quelle: CNN Money

Soweit, so gut, sollte man meinen – offenbar hat die digitale Transformation der Musikbranche doch geklappt. Schließlich nehmen die Kunden die Angebote für legale Download-Angebote offenbar gerne an.

Bezogen auf die Umsätze zeigt sich jedoch, wie stark iTunes die gesamte Musikindustrie verändert hat – ja sie sogar weitgehend abgemurkst hat. Zwischen 2003 und 2012 fielen die US-Musikumsätze laut RIAA von knapp 12 Milliarden Dollar auf rund sieben Milliarden; inflationsbereinigt haben sie sich gar mehr als halbiert.

Laut „CNN Money“ ist es vor allem die einfache Verfügbarkeit von Single-Downloads, die jene Branchenveränderung angestoßen hat. So befindet sich die Musikindustrie jetzt wieder auf dem Status der 50er und 60er Jahre, als die Vinyl-Single das dominierende Medium war.

 Quelle: CNN Money

Eine Dekade iTunes haben die Musikindustrie also auf den Stand von vor 50 Jahren zurück katapultiert – für den Verbraucher ist der Preisverfall und die Wahlmöglichkeit zwischen Musik offline oder online dagegen ein Gewinn.

Eine vergleichbare Veränderung dürfte Apple in den nächsten zehn Jahren übrigens nicht noch einmal gelingen: Schon heute kämpft der Digital-Vorreiter gegen Musik-Streaming-Dienste á la Spotify, Netflix & Co.

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Alle Kommentare [11]

  1. Ich finde gut, dass es möglich wurde einzelne Tracks von Alben zu kaufen.
    Ab da mussten die Plattenlabels/Künstler die ganze CD mit Top-Tracks voll packen und konnten diese nicht mehr mit B-Tracks füllen. Nach dem Motto, wenn einer Song A haben will, muss er sich eh die aktuelle Platte kaufen. Wenn Song B auch ein Hit ist, hauen wir den zusammen mit Füllwerk als neue CD raus 😉
    Wenn heute eine neue CD raus kommt, bei der nur ein/zwei Tracks was taugen, zahle ich auch nur €2 statt wie früher 10 – 15 🙂

  2. Andere Interpretation: Der Umsatz ging ja schon vor den digitalen Downloads massiv zurück. Vielleicht wurden Musikliebhaber in den 90ern einfach zu stark von der Musikindustrie gemolken. Zudem geschah der Wandel auch nur sehr zaghaft. Und wer sich exclusiv mit einem Anbieter einlässt, kann nur schlechter verhandeln.

    Was hätte Apple ohne Einigung in Sachen Preisen mit der Musikindustrie gemacht? Komisch, wieso haben die Plattenbosse denn ihr wertvolles Gut in den Verhandlungen mit Jobs so „verramscht“? 

  3. @Dirk Spannaus: Gebe zu – ist was zugespitzt. Aber ich schreibe in der Analyse ja auch, dass es für die Verbraucher gut ist, weil sie eben nicht mehr „gezwungen“ werden, komplettes Album zu kaufen. Und wie man in dem Umsatz-Chart ja auch gut sieht, hat sich die Branche durch die CD-Verkäufe in den 90ern dumm und dusselig verdient…

  4. Gibt es eigentlich auch brauchbare Zahlen zu iTunes-Konkurrenten wie Amazon MP3 oder Google Play Store?

  5. Der Hauptunterschied im Vergleich zu den 50er Jahren ist doch, dass der Fokus auf Singles heute von den Nutzern gestzt wird und nicht durch das Angebot bestimmt wird.

    Zusätzlich sind duch iTunes die Hürden für Musiker ohne Label etc. gesunken ihre Musik an Frau und Mann zu bringen. Ich bin mit der RIAA nicht vertraut. Wird man dort automatisch gezählt? Tauchen unabhängige Künstler in der Statistik auf (zugegeben, die werden den Kohl auch nicht wieder fett machen)?

  6. Tut mir ja leid das zu sagen aber ihr Text spiegelt kaum die Realität wieder.
    Die CD-Markt ging wegen den Massen an illegalen Downloads zugrunde, iTunes rettete somit die Musik-Branche.
    Zudem werden auf diese Weise Tonnen an Material für die CDs eingespart.

  7. Die Entwicklung schreitet voran und das ist auch gut so. Trotzdem kaufe ich nach wie vor hin und wieder eine CD. irgendwie ist das etwas Festes, so wie ein gutes Buch.

    Vielleicht bin ich mit 30 Jährchen aber auch einfach schon zu alt für diese neuen Trends. 😉

  8. Kann man auch anders sehen. Fakt ist, dass die CDs massiv überteuert waren: Und leider auch oft so, dass nicht alle Titel im Album richtig gut waren. Insofern hat man einen Bedarf erkannt und diesen gedeckt. Das andere jetzt weniger verdienen, ist eben so….

  9. Ich selbst vertreibe Musik in Onlineshops.
    Auch, wenn dadurch unterm Strich vielleicht weniger übrig bleibt, finde ich es total fair, wenn ein Interessent selbst entscheiden kann, welche Tracks er laden und zahlen möchte und welche nicht.
    Zumindest ich hätte keine Freude daran, wenn ich Kunden ungewollte „Spam-Tracks“ aufs Auge drücken würde, nur damit ich mehr Kohle absahnen kann.