Wie die SAP-Chefs ihre Mitarbeiter per interner E-Mail auf Kostendisziplin einschwören

Trotz auf den ersten Blick starker Quartalszahlen halten die beiden SAP-Vorstandschefs den Druck auf die Walldorfer hoch, damit die Ausgaben nicht weiter steigen.

Gestern Mittag hat SAP vorläufige Zahlen fürs zweite Quartal des Geschäftsjahres 2012 vorgelegt, die laut eigenen Angaben „deutlich über den Markterwartungen“ liegen. Die Kurzversion: Umsatz 3,9 Milliarden Euro (+18%), Betriebsergebnis 0,9 Milliarden Euro (+7%), Software-Erlöse 1,1 Milliarden Euro (+26%).

Auf den ersten Blick starke Zahlen, wie etwa auch die Nachrichtenagentur Reuters fand, die ihre Analyse betitelt: „SAP lässt Krise links liegen und verbucht Rekordumsatz“

SAP-Co-Chefs Jim Hagemann Snabe (l.), Bill McDermott

Angesichts des brummenden Geschäft sind es aber vor allem die beiden SAP-Vorstandschefs Jim Hagemann Snabe und Bill McDermott, die frohlocken können. Vor allem die neuen Geschäftsfelder rund um Cloud Computing und der Hana-Datenbank scheinen gut zu laufen. „Die Dynamik bei Cloud-Lösungen hielt an, getrieben durch Synergien zwischen SuccessFactors und SAP“, schreiben die beiden in einer internen E-Mail an ihre Mitarbeiter, die der WirtschaftsWoche vorliegt. „Auch unsere führende Position bei mobilen Geschäftsanwendungen in Unternehmen haben wir weiter gestärkt. Wir erzielten mit SAP Hana und im Datenbankgeschäft herausragende Ergebnisse mit bedeutenden Vertragsabschlüssen in allen Regionen.“ Konkrete Zahlen nennen die Co-CEOs aber nicht.

Wo viel Licht ist, fällt freilich auch Schatten. So fällt auf, dass der Betriebsgewinn weniger stark gewachsen ist als der Umsatz – was umgekehrt bedeutet, dass die Ausgaben überproportional gestiegen sind. Das monieren auch Snabe und McDermott: „Obwohl unser Umsatz stark gewachsen ist, ging unsere operative Marge im Vergleich zum Vorjahresquartal zurück. Die wesentlichen Gründe dafür sind eine höhere Einstellungsrate, eine generelle Zunahme der Ausgaben als auch Effekte durch die Akquise von SuccessFactors und Abfindungszahlungen.“

Weitere Steigerung der Ausgaben vermeiden

Für die SAP-Mitarbeiter in Walldorf und den vielen anderen Standorten rund um die Welt bedeutet dies: Trotz des brummenden Geschäfts müssen sie den Gürtel auch künftig eng geschlossen halten. Das fordern auch die SAP-Bosse ausdrücklich: „Für die kommenden Monate in diesem Jahr heißt das, dass wir die Effektivität auf unserem derzeitigen Kostenniveau optimieren und eine weitere Steigerung der Ausgaben vermeiden müssen.“

Halte das bisherige Ausgabenniveau an, könnten die Bonuszahlungen „beeinflusst werden“, geben die beiden unumwunden zu -auf gut Deutsch: Wenn’s so weitergeht, sind die Boni in Gefahr. Sie hätten bereits das Top-Management instruiert, „um sicherzustellen, dass unsere Vorhaben auch umgesetzt werden. Doch wir brauchen dafür auch die Unterstützung von Euch allen“, betteln Snabe und McDermott ihre Untergebenen förmlich um Kostendisziplin an.

Den vollständigen Wortlaut der E-Mail gibt’s als Tumblr-Kopie hier.

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Alle Kommentare [2]

  1. ich bin ja gespannt, wann endlich mal jemand ausrechnet, wie sehr sich solche Spardiktate auf die Motivation und damit die Produktivität der Mitarbeiter auswirkt.
    Ich habe gerade ein Unternehmen verlassen, das, trotz horrender Gewinne, massiv auf der Kostenbremse steht. Der Erfolg ist, daß die Mitarbeiter einen signifikanten Teil ihrer Arbeitszeit damit zubringen, sich Wege auszudenken, wie sie trotz Reiseeinschränkungen und nicht verfügbarem Material ihre Arbeit tun können. Wenn dann noch z.B. die Bezuschussung für den DSL Anschluss am Heimarbeitsplatz gestrichen wird, gleichzeitig aber mehr Mitarbeiter in’s Home Office gedrängt werden, um Büromieten zu sparen sinkt das Verständnis für die Sparmaßnahmen in’s Unermessliche. Auch unbeliebt war die Tatsache, daß die Gehälter plötzlich nicht mehr zum 24. des Vormonats sondern pünktlich zum Ultimo überwiesen wurden. So schafft sich das Unternehmen eine Woche Kredit auf den Gehaltskonten der Mitarbeiter.
    Das Diktat der Controller sieht nur „harte“ Zahlen, daß aber gerade die Unternehmen, die an der Speerspitze der IT stehen wollen darauf angewiesen sind, daß ihre Mitarbeiter vor Motivation nur so strotzen, das lässt sich nicht direkt in harten Zahlen abbilden. Wer den Faktor übersieht, der spart sich zu Tode. Ein gutes Beispiel aus einer anderen Branche ist Opel in den 90ern, ich denke, diese Zukunft steht manchem IT Giganten noch bevor.

  2. Also Liebe Leute,
    Diese Sparparolen Nerven ab. Geben ist seliger denn nehmen. Und bonizahlungen in Zweifel zuziehen halte ich für Descartes. Egal ob’s stimmt oder nicht. Ist wie dem Esel die moehre wegzunehmen. Und dieser Esel heißt Vertrieb….